Königlicher Hoffnungsträger

Zinédine Zidane
Zinédine Zidane (c) APA/AFP/GERARD JULIEN
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Zinédine Zidane gibt sein Debüt als Trainer von Real Madrid. Die Erwartungen von Fans und Vorstand sind groß, der kometenhafte Aufstieg des Franzosen sorgt aber auch für Skepsis.

Madrid. Real Madrid hat einen neuen Zuschauermagneten. So gut wie ausverkauft ist das Santiago-Bernabéu-Stadion für die heutige Partie (20.30 Uhr) gegen Deportivo La Coruña, immerhin Tabellensiebenter der Primera División. Der Grund dafür heißt Zinédine Zidane. Der Franzose ist seit Montag als Cheftrainer in Amt und Würden, er folgte dem erfolglosen wie ungeliebten Rafael Benítez nach. Mit dem Heimspiel beginnt nun Zidanes Mission; die Erwartungen der Fans, aber auch von Klubpräsident Florentino Pérez sind groß.

Zidane soll die aktuell nur drittplatzierten „Königlichen“ wieder auf den Thron führen und das Offensivspektakel zurück ins Bernabéu-Stadion bringen – die Madridistas wollen schließlich nicht nur Siege, sondern Shows geboten bekommen. Die spanische Presse berichtet inzwischen wieder über lachende Gesichter beim Training statt wie unter Benítez über interne Machtkämpfe. Die Skepsis, ob Zidane der Aufgabe gewachsen ist, ist jedoch groß. Der 44-Jährige kann nur ein Jahr als Assistent unter Carlo Ancelotti sowie eineinhalb Jahre als Cheftrainer der zweiten Mannschaften vorweisen. Nicht nur für viele Fans zu wenig, auch Branchenkenner wie Ottmar Hitzfeld stehen dem kometenhaften Aufstieg kritisch gegenüber. „Er ist ein Trainer ohne jegliche Erfahrung. Er lebt ausschließlich von seinem großen Namen als Spieler. Zidane hat als Trainer noch nichts bewiesen, und jetzt muss er mit den größten Stars der Welt umgehen.“

Schon früh war Zidane von Vereinsseite als künftiger Real-Trainer auserkoren, „Zizou“ zählt seit seinen aktiven Tagen in Madrid zu den absoluten Publikumslieblingen, unvergessen sein Seitfallzieher im Champions-League-Finale 2002 gegen Leverkusen. Der Welt- und Europameister soll gewissermaßen die Antwort auf Pep Guardiola werden, der beim Erzrivalen FC Barcelona höchst erfolgreich den Sprung vom Spieler zum Trainer gemeistert hat.

Nach dem unrühmlichen Ende seiner aktiven Karriere (Kopfstoß im WM-Finale 2006 gegen Italien) bemühte sich der Vorstand intensiv um seinen einstigen Spielmacher, 2010 kehrte er schließlich als Spezialberater von José Mourinho zum Klub zurück und schlug in weiterer Folge den Trainerweg ein. Der Fehlgriff mit Benítez (13. Trainer in 13 Jahren), der trotz eigener Real-Vergangenheit mit seinem defensivem Spielstil weder bei Fans noch Spielern ankam, zwang Präsident Pérez dazu, seine vermeintliche Trumpfkarte vorzeitig auszuspielen.

Bei seiner Antrittsrede vor Journalisten aus der ganzen Welt versicherte Zidane, die Dimension der Aufgabe nicht zu unterschätzen. Er sei sich im Klaren, dass ein Trainer „Ergebnisse erreichen“ müsse. Mit „schönem und offensivem Fußball“ wolle er „alles gewinnen“. Sooft Zidane auf dem Spielfeld einst gezaubert hat, als Trainer setzt er auf harte Arbeit – nicht weniger als 14-mal erwähnte er das Wort in seiner 20-minütigen Ansprache.

Auch zur größten Baustelle der Mannschaft deklarierte sich Zidane: Er werde weiter auf den „BBC“-Sturm mit Gareth Bale, Karim Benzema und Cristiano Ronaldo setzen. Das Trio hält zwar wie das „MSN“-Pendant aus Barcelona (Lionel Messi, Luis Suárez und Neymar) bei 35 Treffern, sein uneingeschränkter Offensivgeist aber entblößte gegen stärkere Gegner häufig die Defensive. „Angreifen, aber die Balance halten. Wenn wir den Ball nicht haben, müssen alle nach hinten arbeiten“, forderte Zidane, der im Mittelfeld Isco gegenüber James Rodríguez den Vorzug geben dürfte. Den bei Benítez in Ungnade gefallenen spanischen Teamspieler hatte er schon zu seinen Zeiten als Co-Trainer in höchsten Tönen gelobt: „Technisch erinnert er mich an mich.“ Stimmung und Intensität im Training lassen Zidane optimistisch in die Zukunft blicken. „Wenn ich sehe, welche Qualität diese Mannschaft hat, bin ich überzeugt, dass alles gut wird.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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