England-Legionäre: Zwischen Sensation und Ersatzbank

SOCCER - PL, Leicester vs Everton
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In der Premier League sein Geld zu verdienen, bedeutet keine Garantie für einen Stammplatz im österreichischen Nationalteam.

Mit 24 Spielern startet Teamchef Marcel Koller in die Vorbereitung für die EM in Frankreich. Die deutschen Klubs stellen mit 15 Profis das größte Kontingent, gefolgt von England mit vier ÖFB-Legionären. Zwei Teamspieler haben sich in der Premier League sogar ein Duell um den Meistertitel geliefert. ÖFB-Kapitän Christian Fuchs hat mit Leicester City bekanntlich für die wohl größte Sensation des englischen Fußballs gesorgt. Die Überraschung wäre aber auch beachtlich gewesen, hätten Kevin Wimmer und Tottenham das Titelrennen für sich entschieden. Holen die Spurs am letzten Spieltag gegen Absteiger Newcastle einen Punkt, sind sie zumindest Vizemeister.

Aber welchen Anteil hat Fuchs am Coup von Leicester City? In 37 Ligapartien stand er 29-mal in der Startelf, wurde zweimal eingewechselt, auch gegen Chelsea wird er mitmachen. Tor gelang ihm bisher keines, vor allem mit Flanken sorgte der Linksverteidiger für Gefahr in den Strafräumen. Fuchs gehört also zu den Stützen von Meistermacher Claudio Ranieri.

Spätestens mit der Anekdote von seiner Geburtstagsfeier, der Italiener Ranieri kam am falschen Tag, ist der 30-Jährige auch über Leicester hinaus populär. Abzuwarten bleibt, wie sich das Team in der Champions League schlagen wird, auch die Großklubs in der Premier League werden sich neu aufstellen. Fuchs hat bis 2018 einen Vertrag, dann will er zu seiner Familie in die USA übersiedeln, eine Karriere als Kicker in der National Football League ist nicht ausgeschlossen.

Ein Auf und Ab war die erste England-Saison für Kevin Wimmer (Interview links). Bis zur Verletzung von Tottenham-Abwehrchef Verthongen musste er mit der Ersatzbank und Partien im FA-Cup vorliebnehmen, dann kam er zu zehn Ligaeinsätzen hintereinander. Nur einmal haben die Spurs in diesen zwei Monaten verloren, die wenigsten Gegentreffer der Liga sind auch Wimmers Verdienst.

In gleicher Weise muss Wimmer im Nationalteam um den Platz im Abwehrzentrum kämpfen, unter anderem mit Sebastian Prödl. Der 28-Jährige hat ebenfalls seine erste Saison auf der Insel hinter sich. Bei Watford herrscht ein (nicht unumstrittenes) Rotationsprinzip, gut die Hälfte aller Ligaspiele hat Prödl beim Tabellen-13. absolviert. Bis 2020 hat er einen Vertrag.


Rekordmann Arnautović. Von den England-Legionären ist bei Koller neben Kapitän Fuchs nur Marko Arnautović gesetzt. Der Wiener stürmt seine dritte Saison für Stoke City. Und es ist die stärkste seiner Karriere: 33 Einsätze, elf Tore, sechs Assists, Arnautović ist Zwölfter der Torschützenliste. Vor dem 27-Jährigen hat noch kein Stoke-Profi in einer Premier-League-Saison mehr als zehn Tore geschossen, die Klubkollegen wählten ihn zum Spieler der Saison. Sechs Partien ist der Tabellenzehnte sieglos, beim Saisonfinale gegen West Ham sind wieder Arnautović-Tore gefragt. Ob der ÖFB-Star in den Midlands bleibt, ist unklar. Sein Vertrag läuft 2017 aus, eine Verlängerung soll vorerst an den Gehaltsforderungen (kolportierte 100.000 Pfund pro Woche) gescheitert sein.

Gemeinsam ist den vier Österreichern, dass sie allesamt von Deutschland auf die Insel gezogen sind. Sie kennen also auch die Liga, in der der Großteil des Nationalteams sein Geld verdient. Prödl hat den Unterschied so erklärt: Die Premier League sei „schneller, aggressiver und körperbetonter“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2016)

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