Champions League: Der Kampf um Europas Fußballkrone

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Champions League(c) REUTERS (Stefan Wermuth)
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Das Endspiel zwischen Real und Atlético ist ein Duell der Gegensätze. Real-Coach Zinedine Zidane will sein Meisterstück ablegen, sein Gegenüber Diego Simeone die Revanche.

Mailand. Auf den ersten Blick sind die Rollen im Champions-League-Showdown klar verteilt: Hier das königliche Real Madrid, das von La Undecima, dem elften Titel in der europäischen Königsklasse, träumt, dort der Madrider Arbeiterverein Atlético, der zum ersten Mal in der Champions League triumphieren würde; die Verfechter der Offensive auf der einen, das grundsolide Abwehrbollwerk auf der anderen Seite. Es ist das Duell zwischen dem von Cristiano Ronaldo angeführt Starensemble und einem unbeugsamen Kollektiv von Fußballarbeitern.

Doch mit großen Namen weiß Atlético umzugehen. Vor dem Endspiel im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion (20.45 Uhr, live ORF eins, ZDF, SRF zwei) warfen die Rojiblancos dank ihrer Defensive und einzelner Konter schon die Titelfavoriten Barcelona und FC Bayern aus dem Bewerb. Auch die Bilanz gegen den Stadtrivalen ist beachtlich. Von den jüngsten zehn Duellen konnte Real, die vermeintliche Nummer eins in der spanischen Hauptstadt, nur ein einziges gewinnen. Der letzte Sieg in der spanischen Liga gegen Atlético liegt mehr als drei Jahre zurück. Auch Real-Coach Zinedine Zidane weiß: „Wenn der Schiedsrichter anpfeift, stehen die Chancen 50:50.“

Ronaldos unrühmliche Show

Aber es nicht nur das brisante „Derbi madrileno“, das diesmal in Mailand ausgetragen wird, es ist auch die Neuauflage des Endspiels von 2014. Damals stand Ronaldo trotz unterdurchschnittlicher Leistung im Mittelpunkt. Sergio Ramos und Gareth Bale hatten die Partie für Real gedreht, Ronaldo besorgte per Elfmeter in der Verlängerung den 4:1-Endstand. Der Portugiese riss sich das Trikot vom Leib und posierte, als habe er im Alleingang die Champions League gewonnen.

In dieser Saison ist Ronaldo aber unbestritten der Erfolgsgarant von Real. Aktuell hält er bei 51 Treffern – 35 in der Liga, 16 in der Königsklasse. Gemeinsam mit Bale und Karim Benzema kommt der „BBC“-Angriff auf 98 Treffer und könnte heute die 100-Tore-Marke erreichen. Aber: In den beiden Meisterschaftsduellen gegen den Ligadritten Atlético (1:1, 0:1) blieb Ronaldo wirkungslos.

Ein weiterer Erfolgsgarant beim Weißen Ballett ist der Coach. Knapp fünf Monate ist es her, dass Zidane ohne Trainererfahrung im Spitzenfußball von der Real-Reserve in der dritten Liga zum Chefcoach befördert wurde. Viel Skepsis ist ihm entgegengeschlagen. Der Weltmeister von 1998 sei eine „Legende ohne Erfahrung“, so der Tenor in den Medien. Seitdem hat der Franzose das Team zu 21 Siegen in 26 Spielen, auf Rang zwei der Liga und ins Finale der Champions League geführt. Mit 53 Punkten aus seinen ersten 20 Ligaspielen hat er so viele Zähler wie kein anderer Real-Trainer zuvor geholt. Die jüngsten zwölf Partien wurden allesamt gewonnen. Auch mit seinem offensiven Fußball hat Zidane Fans und Kritiker überzeugt. Im Durchschnitt erzielt Real unter ihm 2,73 Tore pro Spiel.

„Noch langer Weg vor mir“

Doch Zidane steht unter Druck. Geht Real im Finale als Verlierer vom Feld, bleiben die Königlichen in dieser Spielzeit titellos. Um dies zu verhindern, will der Klub eine stattliche Siegesprämie von 600.000 Euro pro Akteur zahlen. Zidane gibt sich dennoch gelassen. „Es gibt immer Druck bei Real Madrid. Das ist ein Teil des Jobs und es gefällt mir“, sagt der Franzose, der Real als Profi 2002 mit einem Volley-Traumtor im Endspiel gegen Bayer Leverkusen zum Champions-League-Sieg schoss. Er könnte nun der siebente Ex-Profi werden, der als Spieler und Trainer die Königsklasse gewann. Er sagt: „Ich habe noch einen langen Weg vor mir, um ein bedeutender Trainer zu werden.“

Für sein Gegenüber Diego Simeone bietet sich Gelegenheit zur Revanche für das Endspiel 2014. Während Real heuer auf dem Weg ins Finale gegen Wolfsburg und das enttäuschende Manchester City nicht glänzen musste, hat der Motivationskünstler mit seiner Truppe Barcelona und Bayern besiegt. Und wer den spanischen sowie den deutschen Meister verabschiedet, hat auch den Titel verdient, heißt es im Atlético-Lager. Real-Star Ronaldo gibt sich dennoch siegessicher („Wir werden gewinnen“), er hofft auf eine „magische Nacht“. Atlético weiß nur zu gut, wie eine solche zu verhindern ist. (joe)

(Real Madrid ist der wertvollste Fußballverein der Welt, mehr dazu auf Seite 16)

Mögliche Aufstellungen

Real Madrid: Navas; Carvajal, Pepe, Ramos, Marcelo; Modric, Kroos, Casemiro; Bale, Benzema, C. Ronaldo.

Atlético: Oblak; Juanfran, Savic, Godin, Filipe Luis; Saul, Gabi, Augusto, Koke; Griezmann, F. Torres.

AUF EINEN BLICK

Das Finale der Champions League in Mailand (20.45 Uhr, live ORF eins, ZDF, SRF zwei) ist zugleich das Derby zwischen den spanischen Haupstadtklubs Real Madrid und Atlético Madrid. Dabei prallen zwei unterschiedliche Philosophien aufeinander. Real-Trainer Zinedine Zidane ist Verfechter des offensiven Stils, Atlético besiegte dank überragender Defensive auf dem Weg ins Finale Barcelona und den FC Bayern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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