Die bewährte Show des Superstars - und die wahren Helden von Mailand

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Real Madrid gewann das Endspiel, Cristiano Ronaldo nutzte die allerletzte Möglichkeit, im Mittelpunkt zu stehen. Atlético bewahrte Haltung.

Madrid. „Ich habe gewusst, dass ich den entscheidenden Elfmeter machen werde“, meinte Cristiano Ronaldo. Zuvor hatte der Superstar sogar seine Sympathisanten auf eine harte Probe gestellt. Real Madrid gewann das Champions-League-Endspiel in Mailand gegen Stadtrivale Atlético 5:3 nach Elfmeterschießen. Ronaldo verwertete den letzten Penalty, riss sich das Trikot vom Leib und ließ sich feiern. Ein gockelhafter Auftritt, denn er musste wissen, dass es nicht sein Spiel gewesen war.

Wie schon 2014 im Endspiel gegen Atlético, als Ronaldo mit der Entscheidung nichts zu tun, in der Nachspielzeit aber per Elfmeter den 4:1-Endstand besorgt hatte, bot Ronaldo auch in Mailand eine schwache Leistung. Über 120 Minuten trat er bis auf einen Schuss, den Atlético-Keeper Oblak parierte, nicht in Erscheinung. Auch von seinen Freistößen ging keine Gefahr aus. In den Tagen zuvor hatte Ronaldo mit Oberschenkelbeschwerden zu kämpfen. Er ging wohl angeschlagen in die Partie, auch wenn er versichert hatte, topfit zu sein. Eigentlich war der Topstar ein Wechselkandidat.

Zidane schreibt Geschichte

Doch das Vertrauen von Zinédine Zidane zahlte sich aus. Ronaldo versenkte den letzten Elfmeter, setzte den krönenden Schlusspunkt. Müde gelaufen hatte er sich ja nicht, auch wenn Zidane nichts über den Portugiesen kommen ließ. „Er hat hart gekämpft“, erklärte der Coach. Der 43-Jährige ist nun der erste Franzose, der als Trainer die Champions League gewann, außerdem der Siebente Ex-Profi, der sowohl als Spieler (2002) als auch als Trainer den Titel in der Königsklasse holte.

Mit 16 Toren wurde Ronaldo überlegen Schützenkönig des diesjährigen Bewerbs. Der 31-Jährige hat die Champions League nun drei Mal gewonnen und dabei stets im Endspiel getroffen. 2008 feierte er mit Manchester United, 2014 zum ersten Mal mit Real – ein Triumph, der ihm in der anschließenden Weltmeisterschaft in Brasilien aber kein Glück brachte. Portugal scheiterte in der Gruppenphase, Österreich darf vor dem Aufeinandertreffen mit den Portugiesen bei der Europameisterschaft in Frankreich (18. Juni in Paris) also hoffen.

Bescheidener als Ronaldo gab sich Real-Kapitän Sergio Ramos, der wie schon vor zwei Jahren auch beim elften Champions-League-Triumph der Königlichen zum Man of the Match gewählt wurde. „Das ist eine Belohnung für die harte Arbeit und das Leid, denn es war eine sehr schwierige Saison für mich“, erklärte Ramos.

Für den 30-jährigen Routinier war es nach einem durchwachsenen Jahr eine besondere Genugtuung. In der ersten Saisonhälfte verletzte er sich zweimal an der linken Schulter, fand lang nicht zu seiner Topform. „Ich habe sehr viel gelitten. Die Saison jetzt auf diese Weise zu beenden ist ein Privileg.“ Nach seinem umstrittenen Treffer zum 1:0 aus einer Abseitsstellung blieb Ramos fehlerfrei, auch als vorletzter Elfmeterschütze erfüllte er seine Pflicht.

Simeones Schmerz

„Niemand erinnert sich an die Verlierer“, wusste ein niedergeschlagener Atlético-Trainer, Diego Simeone. Die Rojiblancos sind der erste Klub, der seine ersten drei Endspiele (1974, 2014, 2016) in Champions League bzw. Meistercup verloren hat. „Das ist ganz klar ein Versagen“, erklärte Simeone. Vor zwei Jahren fehlten wenige Sekunden in der Nachspielzeit, in Mailand ein paar Zentimeter, als Juanfran seinen Elfmeter an den Pfosten setzte.

Aber Atlético bewahrte Haltung. Die Mannschaft hat sich in die Partie zurückgekämpft und mit dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Carrasco bewiesen, dass sie auch gegen Kaliber wie Real das Spiel machen kann. Simeone gab weder dem Abseitstor von Ramos noch der Elfmeter-Lotterie die Schuld an der denkbar knappen Niederlage. Vielmehr erklärte er: „Was wirklich schmerzt, ist, unsere Fans hier zu sehen. Ich bin verantwortlich für diese Mannschaft und konnte den Fans nicht das geben, was sie sich erwartet haben.“ (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2016)

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