Die Gretchenfrage: Wer schießt das ÖFB-Tor?

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FBL-EURO-2016-AUT-TRAINING(c) APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Marc Janko ist nicht gänzlich fit und ohne Spielrhythmus, Martin Harnik mangelt es an Selbstvertrauen. Die Alternativen sind rar gesät, Rubin Okotie und Lukas Hinterseer drängen sich nicht auf.

Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu erahnen, was Teamchef Marcel Koller in den vergangenen Tagen trainieren ließ. Rasch vorgetragene Kombinationen, Flankenläufe, Standardsituationen, den Pass in die Tiefe. Alles mit einem Endzweck: dem Toreschießen. Österreich hat bei dieser EM in 180 Minuten noch nicht getroffen. Einem Torerfolg wirklich nah war man nur beim Stangenschuss von David Alaba gegen Ungarn. Im Duell mit Portugal herrschte offensiv weitestgehend Flaute.

Doch wer soll die Tore schießen in einer Mannschaft, die ganz offensichtlich verunsichert ist, aber heute Abend gegen Island unbedingt treffen muss? Über Paradestürmer Marc Janko wird dieser Tage nicht viel gesprochen, dabei hatte er Österreich erst nach Frankreich geschossen. Sieben Tore waren dem Angreifer in der Qualifikation geglückt, darunter so wichtige und schöne wie beim 1:0 in Russland. Doch Janko ist von seiner Topform weit entfernt. Eine im April erlittene Oberschenkelverletzung setzte ihn wochenlang außer Gefecht, es begann ein Wettlauf mit der Zeit.

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Doch dem 32-Jährigen fehlt es ganz offensichtlich an Matchpraxis und Selbstvertrauen, das letzte Tor gelang dem Basel-Legionär am 26. März beim 2:1-Testspielsieg gegen Albanien in Wien. In Frankreich angekommen, machten Nackenprobleme die Situation noch komplizierter.

Gegen Ungarn lief das Spiel an Janko völlig vorbei, gegen Portugal saß der Mittelstürmer 90 Minuten auf der Bank. Möglich, dass seine körperliche Präsenz im Kräftemessen mit physisch starken Isländern heute wieder eher gefragt ist.

Dass Österreichs Spiel arg leidet, wenn Toptorjäger Janko (54 Spiele, 26 Tore) nicht trifft, ist keine neue Erkenntnis. Die Alternativen im Angriff sind rar gesät. Rubin Okotie (17 Spiele, zwei Tore) wäre eine solche, er hatte seine großen Auftritte im Herbst 2014 in den Qualifikationsspielen gegen Montenegro und Russland. Auch Lukas Hinterseer kann die Position an vorderster Front ausfüllen. Der Ingolstadt-Legionär wartet nach zehn Spielen allerdings noch auf seinen ersten Treffer im ÖFB-Team.

Hinter Janko zweitbester Torschütze ist Martin Harnik (58 Spiele, 14 Tore). Er traf wie Janko zuletzt im Spiel gegen Albanien vor drei Monaten. Auch Marko Arnautović oder Marcel Sabitzer haben gewiss das Können, der schwächelnde David Alaba ohnehin. Nach 90 Minuten gegen Island ist es freilich ganz egal, wer trifft. Hauptsache, Ivica Vastić bleibt nach dem heutigen Abend nicht der einzige Österreicher, der je bei einer Euro ein Tor erzielt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)

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