Vergoldete Karrieren in Fernost

Germany v Italy - EURO 2016 - Quarter Final
Germany v Italy - EURO 2016 - Quarter Final(c) REUTERS (Darren Staples)
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Chinas Ligen rüsten weiter auf. Den finanziellen Verlockungen können selbst Stars im besten Fußballeralter nicht mehr widerstehen.

Wien. Shandong Luneng hat doch noch seinen EM-Stürmer bekommen. Eigentlich hätte Martin Harnik zum Klub aus der Sechs-Millionen-Einwohner-Stadt Jinan, 400 Kilometer südlich von Peking, wechseln sollen. Die Chinesen hatten es eilig, Harnik wollte Bedenkzeit, am Ende platzte der Transfer. Nun hat sich der Klub aber mit niemand Geringerem als Graziano Pellè geeinigt. Der italienische Nationalspieler hat bei der EM zwei Tore erzielt, mit Southampton wäre er Fixstarter im Europacup. Wieso wechselt er also von der Premier League zu einem Verein, der als 14. der Chinese Super League nur einen Platz vor den Abstiegsrängen liegt?

Die Antwort ist klar: Italiens EM-Entdeckung soll in den nächsten zweieinhalb Jahren 40 Millionen Euro verdienen, er wird damit zu einem der Topverdiener im Weltfußball aufsteigen. Pellè wird heute 31 Jahre alt, er ist auf dem Höhepunkt seiner Leistung, die Karriere nur gemütlich ausklingen zu lassen, wäre also verfrüht. Es ist der Lockruf des Geldes, der inzwischen auch die Stars ins fußballerische Niemandsland zieht.

Nur kurze Gastspiele?

Geht es nach Präsident Xi Jinping soll China zur Fußballweltmacht aufsteigen, die Konzerne investieren daher im großen Stil. Gerade Pellè-Klub Shandong Luneng, er gehört der Luneng Group, war auf Einkaufstour. Seit gut einem Monat betreut der Deutsche Felix Magath die Mannschaft, vor Pellè (15 Millionen Euro Ablöse) ist bereits der Senegalese Papiss Demba Cisse, 31, von Newcastle United verpflichtet worden.

Den Höhepunkt des jüngsten Transferwahnsinns hat aber Shanghai SIPG geliefert: Für die asiatische Rekordablöse von 56 Millionen Euro hat sich der Eigentümer Shanghai International Port Group den 48-fachen brasilianischen Nationalspieler Hulk von Zenit St. Petersburg geleistet. Trainer ist seit eineinhalb Jahren der frühere englische Teamchef Sven-Göran Eriksson. Der Schwede ist China-Experte, er betreute auch schon Guangzhou R&F.

Weitere Transfer-Highlights: Jiangsu Suning, Besitzer ist die gleichnamige Elektronikmarktkette, hat sich die brasilianischen Stars Ramires (29, Chelsea) und Alex Teixeira (26, Schachtar Donezk) 28 bzw. 50 Millionen Euro kosten lassen. Teixeiras soll nun zehn Millionen Euro im Jahr verdienen. Neuester Coup von Suning wäre Hal Robson-Kanu, 27. Dem walisischen EM-Semifinalisten liegt offenbar ein Angebot mit über 100.000 Euro Wochenverdienst vor.

Mit viel Geld wurden 2012 auch Nicolas Anelka und Didier Drogba nach China gelockt. Nach wenigen Monaten reisten sie wieder ab. Auch Jackson Martinez, 29, will weg. 42 Millionen hat der Kolumbianer gekostet, er kam im Winter von Atlético Madrid zu Guangzhou Evergrande. Am chinesischen Tabellenführer ist unter anderem die IT-Gruppe Alibaba beteiligt, Luiz Felipe Scolari, ehemaliger Teamchef von Portugal und Brasilien, ist der Coach. Doch Martinez, dreifacher Torschützenkönig in Portugal, will zurück nach Europa. Angebot liegt keines vor. Gerade angetreten hat sein Fernost-Abenteuer Rubin Okotie. Der ÖFB-Teamstürmer wechselte von 1860 München zu Beijing Enterprises, einem chinesischen Zweitligisten, wohlgemerkt. Okotie, 29, gibt zu, dass „klar auch der finanzielle Aspekt eine Rolle gespielt“ habe. Und dass der Wechsel nicht unbedingt eine sportliche Verbesserung sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2016)

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