Dortmund und die Anziehungskraft des Ostens

Football Soccer - Borussia Dortmund training - International Champions Cup China
Football Soccer - Borussia Dortmund training - International Champions Cup China(c) REUTERS (THOMAS PETER)
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30 Millionen Chinesen interessieren sich für Borussia Dortmund. Der Klub hat das Potenzial erkannt, er wittert ein lukratives Geschäft mit Trikots und Fernsehrechten.

Shanghai. Fußball ist Sport, Spiel und Geschäft. Es geht um Tore und Vorlagen, um Einkäufe und Erträge. Die großen Fische im Fußballteich kommen aus England, Deutschland, Spanien und Italien. Jedoch ist es der asiatische Markt, der momentan die wohl größte Strahlkraft ausübt und mit einem schier unerschöpflichen Potenzial lockt. Die Signale aus dem Osten hat auch Borussia Dortmund erkannt. Noch bis Freitag weilt der deutsche Vizemeister in China, davor hatte man sich in den Kitzbüheler Alpen einquartiert – ein gewaltiger Kontrast.

Doch Kirchberg ist nicht China, im bevölkerungsreichsten Land der Welt schlummern freilich weitaus mehr Reserven als in der Tiroler 5000-Seelen-Gemeinde. Etwa 30 Millionen Chinesen interessieren sich laut jüngsten Umfragen für den BVB, damit ist schon vieles gesagt. „Das heißt nicht, dass sie Fans sind, aber sie kennen uns“, bemerkt Bene Scholz, der bei der Borussia für die Internationalisierung des Vereins zuständig ist. Der neuntägige Trip durch China, der die Dortmunder auch noch nach Shenzhen führt, soll den Bekanntheitsgrad weiter steigern. Dieser steht in direkter Relation zu Einkünften. Denn wer in China bekannt und beliebt ist, dessen Trikots sind heiß begehrt. Dabei ist es kein Fehler, mit Shinji Kagawa einen japanischen Nationalhelden in den eigenen Reihen zu haben.

Chinas staatliche Offensive

Allerdings, und das dürfte Dortmund nur zu weiteren Ausflügen gen Osten animieren, haben deutsche Klubs in China Aufholbedarf. Die großen Zugpferde sind die Topklubs der englischen Premier League, das zeigte sich auch beim Testspiel der Dortmunder gegen Manchester United in Shanghai, als der Großteil der chinesischen Fans Trikots der „Red Devils“ trug. Die Mannschaft rund um Trainerstar José Mourinho wurde frenetisch empfangen, die Begeisterung für den BVB war da schon deutlich geringer. Gut, dass Dortmund das Spiel mit 4:1 gewinnen konnte. „Das war ein Zeichen“, meinte Marketingchef Carsten Cramer. Tatsächlich schwärmten die chinesischen Medien von der schwarz-gelben Offensivkraft.

Dortmund drängt zu einer Zeit auf den chinesischen Markt, in der sich das Land dem Fußball verschrieben, besser gesagt Staatspräsident Xi Jinping selbiges angeordnet hat. Der 63-Jährige philosophiert vom zukünftigen Gewinn der Weltmeisterschaft, die Basis dafür soll an den Schulen gelegt werden. Fußball wird deshalb zum Pflichtfach, bis 2025 sollen 50.000 Fußballakademien im Land entstehen. Natürlich schielt China nach Europa, wo bereits vorhandene Strukturen funktionieren und die besten Fußballer der Welt spielen.

Dortmunds Erschließung neuer Märkte fernab der Heimat stößt nicht überall auf Zuneigung. Die Grenzen zwischen Fan-nahem Ruhrpott-Kult und streng monetär ausgerichtetem Weltklub verschwimmen. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, alles nur Richtung Asien oder Fernost auszurichten“, sagt Cramer. Zudem passt es irgendwie nicht ins Bild, wenn in Zeiten immenser Belastung mit Bundesliga, Champions League und Euro noch Zeit und Kraft für eine Reise nach China übrig bleibt . . .

Ein Bayern-Büro in Shanghai

Trotz aller Kritik, die Zukunft liegt im Osten. Auch der FC Bayern kann dem asiatischen Markt viel abgewinnen. Momentan auf US-Reise, haben die Münchner bereits angekündigt, einen Teil ihrer Saisonvorbereitung im Sommer 2017 wie schon im Vorjahr in Asien absolvieren zu wollen. „Ich gehe davon aus, dass wir wieder nach Asien reisen werden, nach China und vielleicht auch noch in ein anderes asiatisches Land“, sagte Jörg Wacker, Vorstand für Strategie und Internationalisierung, der „Süddeutschen Zeitung“.

In das Konzept passt dabei, dass der Verein im September in Shanghai ein eigenes Büro mit sechs Mitarbeitern eröffnen wird. Bereits seit 2014 betreiben die Bayern eine Niederlassung in New York.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2016)

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