Red Bull Salzburg kämpft gegen Dinamo Zagreb und die Schatten der Vergangenheit.
Salzburg. Die Champions League ist das Nonplusultra im europäischen Klubfußball. Die unverwechselbare Hymne sorgt für Gänsehaut bei Spielern und Fans, das Kräftemessen der Besten elektrisiert die Massen. 32 Mannschaften ist es jede Saison gestattet, die große Bühne zu betreten, Vereine kleinerer Fußballnationen schreiben damit regelmäßig Geschichte. Sie träumen von Toren, ausverkauften Heimspielen und unvergesslichen Auftritten in Madrid oder Manchester.
Auch Red Bull Salzburg hat solche Träume. Nicht erst seit gestern, nein, das Ziel Königsklasse wurde praktisch mit dem Einstieg des Getränkeherstellers im Jahr 2005 verfolgt. Wer wie Red Bull global agiert und funktioniert, dem ist Österreich relativ schnell zu klein und zu wenig. Die Champions League bietet dann doch eine weitaus attraktivere Plattform als die Bundesliga. Achtmal hat der Klub bislang sein Glück versucht – und wurde ebenso oft unglücklich. Unvergessen bleibt das Scheitern 2012, als sich die Salzburger Millionärself gegen luxemburgische Halbprofis und Amateure aus Düdelingen blamierte. Auch die Erinnerungen an die beiden letzten Anläufe gegen Malmö – in den Rückspielen in Schweden setzte es herbe 0:3-Niederlagen – sind schmerzhaft.
Eine mentale Zerreißprobe
Am Mittwoch (20.45 Uhr, live in ORF eins) stellt sich Österreichs Meister abermals der Herausforderung, Gegner im Play-off ist Dinamo Zagreb. Das Hinspiel verlief durchaus verheißungsvoll, es endete 1:1, nachdem Valentino Lazaro die Gäste zunächst in Führung geschossen hatte. 17.000 Karten waren für das Rückspiel in der Red-Bull-Arena bis Dienstagmittag verkauft, das Interesse mag mit der Sehnsucht nach dem erstmaligen Erreichen der Champions-League-Gruppenphase also nicht ganz Schritt halten. Salzburg hat sich in der Qualifikation zur Königsklasse immer wieder neu erfunden. Unter Giovanni Trapattoni und Huub Stevens regierte der defensive Grundgedanke, Roger Schmidt und Adi Hütter waren Verfechter des Pressings und der offensiven Ausrichtung. Sie alle scheiterten.
Nun schickt sich mit Óscar García ein Spanier an, dem Salzburger Leiden ein Ende zu bereiten. García, 43, hat die Mannschaft zu Jahresbeginn übernommen und seitdem versucht, ihr „eine Siegermentalität“ einzuimpfen. Diese wird es gegen Zagreb genauso brauchen wie das Geschick, für 90 oder mehr Minuten Vergangenes auszublenden. Denn: Wer etwas, in diesem Fall die Champions League, mit so vielen Negativerlebnissen verbindet, der geht mental vorbelastet in ein solches Spiel. Andres Ulmer verteidigt seit 2009 für Salzburg, er scheiterte bereits sechs Mal. Vor dem Rückspiel spricht er von „Freude und Respekt, von einem „großen Spiel“. Ulmer wählt seine Worte mit Bedacht, zu oft wähnte sich der Klub schon in der Champions League. Er sagt: „Es hat halt immer das gewisse Etwas gefehlt. Mal schauen, ob wir es diesmal haben.“
Salzburgs Team hatte in den vergangenen Jahren gewiss schon größere Qualität. Spieler wie Kevin Kampl, Sadio Mané oder auch Naby Keita sind Geschichte, umso bemerkenswerter wäre es, ausgerechnet diesmal die letzte und höchste Hürde zu meistern. Vielleicht aber ist ausgerechnet die etwas gedämpfte Erwartungshaltung Salzburgs Trumpf, ein möglicher Ausfall von Stürmer Jonatan Soriano (muskuläre Probleme) würde diesen Eindruck nur weiter verstärken. García bleibt ruhig: „Meine elf Spieler werden alles geben, um zu gewinnen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2016)