ÖFB-Team: Ein Schritt zurück nach vorn

SOCCER - FIFA World Cup 2018 quali, GEO vs AUT
SOCCER - FIFA World Cup 2018 quali, GEO vs AUT(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Abstieg mit Stuttgart, bei der Euro enttäuschend: Aber statt nach China zu fliehen, sieht Martin Harnik in Deutschlands zweiter Liga die Chance auf einen Neubeginn.

Wien. Martin Harnik war eines der Gesichter der verpatzten Europameisterschaft. In der Vergangenheit oft Leistungsträger und Schütze wichtiger Tore im Trikot des Nationalteams, enttäuschte der Angreifer in Frankreich vollends. „Ich hatte ein sehr schlechtes Spiel gegen Ungarn, ein passables gegen Portugal und keines gegen Island“, fasst der 29-Jährige seine persönliche EM trocken zusammen.

Dabei hatte Harnik, dessen sehr ordentlich dotierter Vertrag bei Bundesliga-Absteiger Stuttgart im Sommer auslief, mit einer ihm Türen öffnenden Euro spekuliert. Insgeheim liebäugelte der gebürtige Hamburger mit einem letzten großen Wechsel zu einem Topklub. Der Plan ging nicht auf. „Möglich, dass so manches Angebot auch wegen der EM ausgeblieben ist.“

Magath und die Millionen

Ein Offert war dann aber doch interessant. Nicht sportlich, rein finanziell. Shandong Luneng lockte, der Verein der Chinese Super League entlohnt mitunter Trainer Felix Magath fürstlich. Harnik sollte mit Geld sprichwörtlich erschlagen werden, „ich hatte ein unglaubliches Angebot“. Er flog nach China, um sich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten zu machen, weshalb der Transfer seitens der Asiaten schon als fix vermeldet wurde. Harnik entschied sich nach reiflicher Überlegung letztlich aber gegen einen Transfer. „Ich hatte eine Verantwortung gegenüber meiner Familie. Und ich wusste, dass ich einiges zurücklassen müsste, wahrscheinlich auch das Nationalteam.“

Harnik hatte laut eigener Aussage auch Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz in der Bundesliga zu ergattern, das Rennen machte allerdings in Hannover, neben Ex-Klub Stuttgart, ein weiterer Absteiger. Zumindest für eine Saison sind Duelle mit den Bayern, Dortmund oder Mönchengladbach nur aufregende Geschichte, die Gegenwart heißt Heidenheim, Würzburg und Sandhausen.

Anders als Rubin Okotie, der dem Ruf des Geldes sogar in die zweite chinesische Liga zu Beijing Enterprises gefolgt ist, ist Harnik also immer noch Teil des Nationalteams. Er schätzt diesen Umstand, an ein mögliches Ende der Teamkarriere nach der Euro hat der Routinier keine Sekunde verschwendet. „Eine Fußballer-Laufbahn ist zu kurz, um irgendetwas freiwillig zu beenden“, sagt Harnik. „Ich bin unglaublich froh, immer noch die Möglichkeit zu haben, für Österreich zu spielen.“

In der am Montag mit dem Auswärtsspiel gegen Georgien (18 Uhr, live in ORF eins) beginnenden WM-Qualifikation sieht sich Harnik auch neuer Konkurrenz im ÖFB-Team ausgesetzt. Der Rapidler Louis Schaub etwa könnte seine Position künftig besetzen, auch der offensiv universell einsetzbare Michael Gregoritsch ist eine Alternative. „Fußball“, weiß Harnik, „ist ein Tagesgeschäft.“ Das mag nach einer Floskel par excellence klingen, doch sie trifft vollends zu. „Es zählt nur, was du heute zeigst. Nicht, was du gestern gezeigt hast.“ Dem entfachten Konkurrenzkampf wird sich Harnik stellen müssen, und „natürlich schaut man auch, was die neuen Spieler können“.

Ein letzter Blick zurück

Dennoch versucht er, das große Ganze zu sehen, die anstehenden Aufgaben des Nationalteams, für deren Bewältigung ein starkes Kollektiv vonnöten ist. Die EM und die Gründe des Scheiterns wurden bei der Zusammenkunft des Teams am Montag aufgearbeitet, „es gab sehr viele Faktoren“. Selbstverständlich müsse man aus diesem Turnier mit all seinen hohen Erwartungen und bitterbösen Enttäuschungen die richtigen Schlüsse ziehen und lernen, Harnik wagt einen letzten Blick zurück. „Als Island im Achtelfinale dann auch noch England geschlagen hat, habe ich mitgelitten. Wir waren doch nicht schlechter als die Isländer . . .“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)

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