Deutsche Klubs dürfen Randalierer zur Kasse bitten

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Wenn ein Verein nach Ausschreitungen im Stadion zu einer Geldstrafe verurteilt wird, kann er sich künftig am Übeltäter schadlos halten. Der Bundesgerichtshof hat einer entsprechenden Klage des 1. FC Köln stattgegeben.

Berlin/Köln. Im Februar 2014 spielte der 1. FC Köln, damals noch Zweitligist, gegen den SC Paderborn. In der zweiten Spielhälfte warf ein betrunkener Zuschauer auf der Nordtribüne des Kölner Stadions einen Böller vom Ober- in den Unterrang. Sieben Personen wurden verletzt. Der Verein wollte die Geldstrafe, die er beim Fußballbund (DFB) dafür ausgefasst hatte, nicht hinnehmen. Also verklagte er den Böllerwerfer auf 30.000 Euro Schadensersatz.

Vom Bundesgerichtshof bekam der 1. FC Köln nun recht: Wenn nach Ausschreitungen im Stadion eine Geldstrafe gegen den Klub verhängt wird, darf er sich am Übeltäter schadlos halten. Für den Zuschauer bedeutet das: Der Kauf eines Tickets ist mit der Pflicht verbunden, das Spiel nicht zu stören. Andernfalls kann es teuer werden.

Rechtlich eindeutig war bisher nur, dass ein Stadiongast, der etwas tut, das andere Zuschauer verletzt, also zum Beispiel einen Böller wirft, den Verletzten Schadensersatz zahlen muss (und sich strafbar macht). Die Frage, ob auch die Verbandsstrafe zum ersatzfähigen Schaden gehört, war jedoch umstritten.

Das Landgericht Köln hat der Klage des 1. FC Köln zunächst stattgegeben. Vom Oberlandesgericht wurde das Urteil allerdings aufgehoben. Begründung: Der Fan habe zwar die Sorgfaltspflichten für Stadionbesucher verletzt. Aber das könne den Verein nicht vor Strafen bewahren. Der Bundesgerichtshof, an den sich der 1. FC Köln schließlich gewandt hatte, gab der ersten Instanz recht und berief sich dabei auf die Ordnungsregeln für Zuschauer, die demselben Zweck wie Verbandsstrafen dienten: Sie sollten einen ungestörten Spielablauf ermöglichen und das übrige Publikum vor Gefährdungen schützen.

Damit haben die Karlsruher Richter die Tür für Regressforderungen gegen randalierende Fans geöffnet, nicht nur in Köln. Bei den Strafen für Zuschauervergehen war in der vergangenen Saison der VfL Wolfsburg deutscher Spitzenreiter mit 102.000 Euro, vor Eintracht Frankfurt mit 95.000 und dem Hamburger SV mit 74.000 Euro.

Vermummungsproblem bleibt

Der DFB nannte das Urteil einen „beachtlichen Erfolg“. Es sei eine wichtige Grundlage für mehr Sicherheit in den Stadien. Potenziellen Tätern werde die gravierende Konsequenz ihres Handelns für das eigene Portemonnaie deutlich vor Augen geführt. Beim 1. FC Köln sieht man das ähnlich: „Das ist ein wichtiges Signal für die Sicherheit unserer Zuschauer“, sagte der Vorstandsbeauftragte für Fankultur und Sicherheit, Thomas Schönig. „Denn Störer müssen diese Regressforderungen als Folge ihres Fehlverhaltens künftig einkalkulieren.“

Aber nicht alle sind sich da sicher. Schon jetzt gibt es Fangruppen, die sich vermummen, wenn sie im Stadion Feuerwerkskörper zünden. „Ich bin skeptisch“, sagte etwa der Jurist Matthias Düllberg gegenüber „Zeit Online“: „Das Problem der mangelnden Identifizierung bleibt. Ich glaube nicht, dass ab sofort mehr Fans Hinweise auf mögliche Täter geben werden.“ In den geschlossenen Fangruppen werde man eher noch vorsichtiger sein, wenn es um die eigenen Leute gehe, da neben einem möglichen Stadionverbot nun auch die wirtschaftliche Existenz bedroht sei.

Der Böllerwerfer von Köln hatte Pech: Er wurde ausfindig gemacht. Und jetzt droht ihm eine Regressforderung über 30.000 Euro.

AUF EINEN BLICK

Deutsche Fußballklubs dürfen Geldstrafen, die aufgrund von Zuschauerausschreitungen gegen sie verhängt werden, in Zukunft von den Übeltätern zurückfordern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Diese Schadensersatzpflicht umfasst auch Verbandsstrafen, die der Deutsche Fußballbund (DFB) verhängt. Geklagt hatte der 1. FC Köln, nachdem ein Fan im Stadion einen Böller gezündet hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2016)

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