"2:0 gegen Malta ist keine Blamage"

(c) APA/AFP/JUSTIN TALLIS
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England schaffte zwar den Neustart, überzeugte aber gegen Malta keineswegs. Ob Gareth Southgate nur eine Interimslösung bleibt, ist nun eine Modefrage.

London. Mit blauem Anzug und Krawatte stand Gareth Southgate an der Außenlinie im Londoner Wembley-Stadion und wirkte dabei wie eine Mischung aus Geschäftsmann und Diplomat. Das Auftreten ihrer Teammanager ist von großer Bedeutung im Mutterland des Fußballs. Passt die Arbeitskleidung nicht oder versteckt sich der Trainer sogar unter einem Regenschirm an der Seitenlinie, hat er bei der Yellow Press verloren – unabhängig vom Spielverlauf.

Der Neustart der Three Lions nach dem Skandal um Sam Allardyce mit fingierten Beratern hätte von größerer Bedeutung kaum sein können. Jeder verlangte einen Sieg, eine Demonstration gegen den Fußballzwerg Malta. Es wurde aber nur ein Schaulauf, die Partie wurde mit 2:0 gewonnen, England glänzte keineswegs – aber man habe sich auch nicht blamiert, ätzte „The Sun“. „Die heile Welt auf dem Fußballplatz blieb vorerst erhalten.“

Er hätte sich „schon einen höheren Sieg gewünscht“, erklärte Southgate, den viele Beobachter nicht nur als Interimslösung oder Platzhalter für vier Spiele bis Jahresende, bis Arsène Wenger installiert ist, sehen wollen. „Ich wollte, dass mein Team angreift und sehr schönen Fußball spielt. Da ist noch Luft für Verbesserungen.“ 81.700 Zuschauer waren zu dem ungleichen Duell gekommen und verabschiedeten Team und Coach nach dem eher bescheidenen Auftritt mit freundlichem Beifall.

Die Spieler wollen Southgate

Nicht nur äußerlich wirkte der bisherige U21-Trainer wie ein Gegenentwurf zu Allardyce. Von den keineswegs zimperlichen Medien auf der Insel wurde er als „frech“ und „überheblich“ charakterisiert. Von Überheblichkeit war bei Southgate nichts zu merken, eher bei seinen Spielern. Die schalteten nach der Pausenführung durch Sturridge (29.) und Alli (38.) einen Gang zurück und vergaben danach die besten Chancen. „In der zweiten Halbzeit haben einige an das Dienstag-Spiel in Slowenien gedacht“, stellte sich der Coach schützend vor seine Stars. Was sollte er anderes auch sagen? Ein Sieg in Slowenien würde die Aussichten auf eine längere Dienstzeit beträchtlich erhöhen.

Bei den Spielern kommt seine Vorgehensweise gut an. „Gareth ist ein fantastischer Trainer. Er weiß genau, wie ich denke und fühle“, lobte Torschütze Dele Alli den Anzugträger an der Linie. Und auch Kapitän Wayne Rooney, zuletzt nicht immer unumstritten, aber unter Southgate „der einzige Spielführer“, sagt: „Es ist gut, wie er den Job macht. Er spricht mit uns, gibt die Richtung vor. Mir gefällt es.“

Aber wie orientierungslos weiterhin die englische Fußballseele ist, zeigt allein ein klitzekleines Detail. Nur weil Roberto Mancini – zuletzt von Inter Mailand wegen chronischer Erfolglosigkeit entlassen – auf der VIP-Tribüne saß, galt der Italiener am Sonntag bereits für viele Medien als neuer Teamchef. Ob er Maßanzug trug oder nicht, war keineswegs von Belang. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2016)

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