ÖFB-Analyse: Die Rückkehr der Kinderkrankheiten

WM-QUALIFIKATIONSSPIEL: SERBIEN - �STERREICH
WM-QUALIFIKATIONSSPIEL: SERBIEN - �STERREICH(c) APA/ROBERT JAEGER
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Die 2:3-Niederlage in Serbien offenbarte eklatante Mängel. Teamchef Marcel Koller kritisierte fehlende Meter in der Defensivarbeit und verteidigte einmal mehr seine Sorgenkinder.

Wien. Erst drei Spieltage ist die Qualifikation für die WM 2018 alt, die Ernüchterung im rot-weiß-roten Lager aber bereits groß. Ist nach dem Remis gegen Wales von einer „erwachsen gewordenen“ ÖFB- Mannschaft die Rede gewesen, war davon bei der 2:3-Niederlage in Serbien nicht mehr viel zu sehen. Vielmehr glich der Auftritt einem Rückfall in Kinderkrankheiten, zu altbekannten Mängeln in Sachen offensiver Effizienz gesellte sich eine katastrophale Abwehrleistung. „Erwachsen wird man nicht an einem Tag“, konstatierte Teamchef Marcel Koller nach dem ersten verlorenen Qualifikationsspiel seit fast drei Jahren. 2016 stehen damit weiter nur drei Siege gegen Albanien, Malta und Georgien zu Buche.

Insbesondere vor der Pause haperte es gewaltig mit Abstimmung und Organisation, zwischen Viererkette und restlichem Team klaffte ein Riesenloch, auch das seitliche Verschieben funktionierte nicht. „Wir haben die Kompaktheit, die nötig gewesen wäre, vermissen lassen“, sagte Koller, eindringlicher formulierte es Marko Arnautović: „Wenn man in Serbien in drei Konter läuft, muss man sich schon hinterfragen.“ Die Hausherren nutzten den Raum optimal, der überragende Dušan Tadić durfte zweimal Mitspieler bedienen, ehe er selbst den 3:2-Siegtreffer besorgte.

Die entscheidenden Meter

„Man darf nicht nur die Verteidiger an den Pranger stellen, sondern den ganzen Verbund“, mahnte der Teamchef, der seinem Linksverteidiger-Experiment Kevin Wimmer den Rücken stärkte. „Es war nicht seine Schuld. Tadić war überall.“ Aber: Mit sechs Gegentoren – mehr als in der gesamten vergangenen EM-Qualifikation – gleicht die ÖFB-Defensive einer Großbaustelle.

Für Koller mangelt es dem ganzen Team an der letzten Hingabe in der Defensivarbeit. „Zurück ist es ein Scheißweg, es ist immer schöner, mit dem Ball nach vorn zu gehen und Kunststücke zu zeigen“, meinte der Schweizer. Von Überheblichkeit wollte er jedoch nicht sprechen. „Es geht um Bewusstsein, um richtiges Wahrnehmen und Reagieren in Sekundenbruchteilen.“ In der Vergangenheit habe das Team das bereits verinnerlicht gehabt, dahin gelte es zurückzufinden. „Ich kann es nicht in die Spieler hineinprügeln, dass sie nach hinten gehen. Ich kann sie nur immer wieder darauf hinweisen.“

Alles wollte der Teamchef aber nicht schlechtreden. „Wir hatten gute Möglichkeiten, aber zu wenig Tore“, sagte der 55-Jährige und verwies auf Pech bei zwei vorenthaltenen Elfmetern sowie dem nicht geahndeten Rückpass in der Nachspielzeit. „Die Serben haben ein Tor mehr geschossen, aber ein Unentschieden wäre auch gerecht gewesen.“

Vertrauen in den Stamm

Das Festhalten am Stamm – mit Ausnahme des verletzungsbedingten Torhüterwechsels – trotz Formschwäche bzw. mangelnder Spielpraxis wie etwa bei Aleksandar Dragović, Julian Baumgartlinger oder Zlatko Junuzović verteidigte Koller einmal mehr. „Gegen Wales war es ein gutes Spiel der ganzen Formation“, betonte er. In einem Land wie Österreich dürfe man eben „nicht davon ausgehen, dass immer alle spielen“. Dass mit Alessandro Schöpf eine Alternative in Spiellaune parat stünde, bestreitet Koller nicht: „Er hätte es sich verdient, einmal von Anfang zu spielen. Er ist aber auch einer, der reinkommt und sofort drin ist.“

Trotz der akuten Abwehrproblematik sieht der Teamchef auch David Alaba weiterhin im Mittelfeld gesetzt. „Er hat ein gutes Spiel gemacht, war aktiv, hatte viel Ballbesitz“, meinte der Schweizer. „Auf der linken Seite hätte er weniger Ballkontakte. Von seiner Technik und Wahrnehmung her ist er ein Weltklassespieler – und so viele haben wir davon nicht.“

Für Alaba und Kollegen gilt es, ihre Klasse im vorentscheidenden Heimspiel gegen Irland (12. November) auszuspielen, der Bayern-Legionär ist überzeugt: „Wir dürfen nicht den Kopf in den Sand stecken. Es ist noch alles drin.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2016)

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