Champions League: Die Heimkehr des großen Sohnes

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Pep Guardiola gastiert mit Manchester City in seiner alten Wirkungsstätte in Barcelona. "Es ist immer schön, nach Hause zu kommen." Ein Duell im Zeichen des Ballbesitzes.

Barcelona/Wien. Denkmal wurde ihm noch keines gesetzt, doch die Wertschätzung ist in Barcelona allerorts spürbar. Wenn Pep Guardiola heute (20.45 Uhr, live ORF eins, Sky) mit Manchester City im Camp Nou gastiert, dann ist es für Klub und Fans auch ein Wiedersehen mit einem ihrer größten Söhne. Hier, im katalanischen Fußballtempel, hatte seine Karriere einst als Ballbub begonnen, nach Durchlaufen der berühmten Nachwuchsabteilung La Masia gewann er 16 Titel in 17 Profi-Jahren. Vom Kapitän und Liebling der Fans zur Legende wurde er, als er seine Trainerpremiere bei Barcelona mit 14 Titeln in vier Jahren schmückte. Die große Verbundenheit, auch in der katalanischen Sache, ist beiderseitig. „Es ist nicht einfach nur eine weitere Partie“, betonte auch Guardiola. „Es ist immer schön, nach Hause zu kommen.“

Schon einmal kehrte Guardiola als Gast zurück, in der Saison 2014/15 ging er mit Bayern München im Halbfinalhinspiel an seiner alten Wirkungsstätte mit 0:3 unter und schied trotz des 3:2-Siegs im Rückspiel aus. Das erneute Aufeinandertreffen in dieser Saison bezeichnete er bei der Auslosung als Geschenk, das Spiel der aktuellen Mannschaft unter Luis Enrique gefällt ihm. „Barcelona dominiert seit Jahren seine Spiele, ich liebe es, wie sie spielen. Sie haben ein gutes Team und drei großartige Spieler ganz vorn“, sagte er im Hinblick auf den MSN-Sturm um Lionel Messi, Luis Suarez und Neymar.

Lockrufe – auch an Alaba

Auch heute erwartet Guardiola ein freundlicher Empfang des katalanischen Publikums, Respekt und Würdigung sind nach wie vor groß. Die Wechsel von Stürmer Nolito, den Barcelona ebenfalls auf dem Radar hatte, und Claudio Bravo, Einser-Torhüter der vergangenen Saison, waren jedoch einigen Fans ein Dorn im Auge ebenso wie Gerüchte über Abwerbungsversuche weiterer Spieler. Guardiola soll Medienberichten zufolge sowohl Torjäger Luis Suarez, dessen Berater sein Bruder Pere ist, als auch Mittelfeldstrategen Sergio Busquets, der unter ihm den Durchbruch schaffte, umgarnt haben.

Der 45-Jährige hat ein Faible für Spieler, die seine Vision verinnerlicht haben und auf dem Platz umsetzen können. Nicht umsonst legte Bayern großen Wert darauf, bei seinem Abschied eine Nicht-Abwerbungsvereinbarung getroffen zu haben. Diese könnte allerdings kommenden Sommer enden: Wie die englische Zeitung „Sun“ berichtet, soll David Alaba eines von Citys großen Transferzielen sein. Demnach hätten sich Klubvertreter in den vergangenen Wochen bereits mit dem Management des ÖFB-Teamspielers getroffen, im Raum steht eine Ablöse von rund 45 Millionen Euro. Guardiola schätzt vor allem die Flexibilität des 24-Jährigen, vergangenen Herbst erhob er ihn dafür gar zum „Gott“.

Am nötigen Kleingeld mangelt es City nicht, jenseits der finanzkräftigen Besitzer aus Abu Dhabi verbuchte der Klub in der vergangenen Saison den Rekordumsatz von rund 391,8 Millionen Pfund (433 Millionen Euro). Stolze 213 Millionen Euro wurden im Sommer bereits in das Einkaufsprogramm investiert. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit aber ist nach dem fulminanten Saisonstart inzwischen verpufft. Nach zehn Siegen in Folge haben Celtic (3:3) in der Königsklasse sowie Tottenham (0:2) in der Liga Guardiola und seine Mannschaft wieder geerdet. Am Wochenende reichte es trotz drückender Überlegenheit gegen Everton nur zu einem 1:1, Kevin de Bruyne und Sergio Agüero vergaben dabei jeweils einen Elfmeter – City hat damit in dieser Saison nur vier von acht Strafstößen verwertet, der Argentinier scheiterte zum bereits dritten Mal.

Kampf um den Ball

Spannung verspricht die Partie insbesondere für Taktikinteressierte, treffen doch mit Barcelona und City die Mannschaften mit dem höchsten Ballbesitzdurchschnitt der spanischen (68 Prozent) bzw. englischen Liga (64) aufeinander. „Meine Mannschaften haben immer offensiv gespielt und es wird auch jetzt nicht anders sein“, ließ Guardiola keinen Zweifel an der Marschroute. Schließlich avancierte Barcelona unter seiner Ägide zur gefürchteten Passmaschine, deren Spielanlage als Tiki-Taka fortan die Welt eroberte und auch bei Bayern zum Erfolg führte.

Bei City ist seine Handschrift in Sachen Ballbesitz und -kontrolle unverkennbar, und auch Luis Enrique vertritt bei Barcelona eine ähnliche Auffassung, obgleich mit direkteren und taktisch flexibleren Zügen. Mit dem Gewinn des Triples in seiner Debütsaison trat er in die Spuren von Guardiola und weckte große Erinnerungen. Beide kennen sie sich bestens, als Spieler wurden sie gemeinsam vom Offensivfußball geprägt, als Trainer absolvierten sie sogar ihre ersten praktischen Einheiten während der Ausbildung gemeinsam. Detailverliebt und perfektionistisch waren sie schon damals, nun gilt es den jeweils anderen im direkten Duell zu überraschen.

CHAMPIONS LEAGUE 3. Spieltag

Gruppe A: Paris SG – Basel, Arsenal – Razgrad
Gruppe B:
Kiew – Benfica, Napoli – Besiktas
Gruppe C:
Barcelona – Manchester City (20.45 Uhr, live ORF eins), Celtic – Gladbach
Gruppe D:
Bayern – PSV Eindhoven (20.45 Uhr, live ZDF), Rostow – Atlético

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2016)

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