Wayne Rooney: Flucht von der Insel

Wayne Rooney
Wayne RooneyReuters
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Wayne Rooney, 31, ist bei United und auch im Nationalteam auf der Ersatzbank gelandet. Der Stürmer trifft nicht mehr, steckt im Tief– und sucht Antworten.

Manchester. Wayne Rooney ist der Inbegriff für englischen Fußball: bullig, rote Haare, Sommersprossen, herber Dialekt, schnell, mit ungeheuer scharfem Schuss und einem donnernden Torjubel. Der mittlerweile 31-Jährige galt als Leitfigur, er war der Kapitän. Doch seit Saisonbeginn keine Spur mehr. „Roo“, wie sie ihn stolz riefen im Old Trafford, traf nicht mehr, er verlor seine Leader-Rolle. Die Legende steht auf dem Abstellgleis. Es ist das Schicksal, das viele Stars ereilt. Meist wirft sie eine Verletzung aus der Bahn, ein hartnäckiges Formtief ist nicht mehr zu kaschieren. Für das Karriereende noch zu jung, zu ambitioniert und zu gut. Auch neue Trainer haben Anteil daran, dass selbst die einst Unantastbaren aussortiert werden.

Alte Verdienste zählen nichts

Bei Manchester United zieht seit Sommer José Mourinho die Fäden, und weil der Klub im Tief steckt, sich der Portugiese heillos an Spieler klammert, die treffen, hat Rooney seinen Stammplatz verloren. Zudem, wo sollte „Roo“ spielen? Mourinho fand keine Antwort. Hängende Spitze, Mittelstürmer – es wurde die zweite Reihe der Ersatzbank.

Selbst bei den Three Lions saß der gebürtige Liverpooler zuletzt in der WM-Qualifikation nur auf der Reservebank. Gareth Southgate bewies wie Mourinho kein sonderliches Geschick im Umgang mit formschwachen, auf Rückhalt und Chancen hoffenden Stars. Eine Formkrise nannte der ehemalige Verteidiger nicht als Anlass für die Degradierung. Nein, es habe „rein sportliche Gründe“.

Wer 20 Millionen Euro pro Saison kassiert, muss Leistung bringen. Früher oder später bleiben die Argumente aus, wenn keine Tore fallen, die Vorlagen ins Leere rollen, nichts mehr gelingen will. Da zählen selbst zwölf Dienstjahre bei United oder alte Errungenschaften (537 Spiele, 248 Tore, 140 Assists, Champions League Sieg 2008, fünf Meistertitel, drei FA-Cupsiege) schnell nichts mehr. Selbst die den Engländern heiligen Fußballrekorde blieben zuletzt nur Fußnoten. „Sir“ Bobby Charlton ist Uniteds bester Scorer, mit 249 Treffern...

Es kommen neue Spieler, für gewiss weniger Geld. Sie übernehmen die Rolle der Eingesessenen schneller, als diese es wahrhaben wollen – ein Szenario, das auch im normalen Berufsleben fern der Stadien nicht unüblich ist. Nur wenn es Superstars trifft, ist das Aufsehen umso größer, die Diskussion schärfer – und das Wehklagen des Betroffenen umso schmerzhafter. Rooney, der aus einer proletarischen irisch-katholischen Einwandererfamilie stammt und selbst Vater von drei Buben ist, denkt nicht daran zurückzutreten. Weder aus dem Nationalteam noch bei United. „Ich habe allen klargemacht, dass ich auf jeden Fall bis zur WM 2018 in Russland spielen will. Ich ändere jetzt nicht meine Meinung, nur weil es nicht läuft.“

Shanghai, Mailand und L.A.

Auf Klubebene muss er das auch nicht, dieses Detail dürfte den stets um neues Personal bemühten Mourinho durchaus sauer aufstoßen: Im Februar 2014 unterschrieb Rooney einen neuen Vertrag bis 2019. Er soll kolportierte 85 Millionen Pfund wert sein, das sind 300.000Pfund (336.000 €) – pro Woche. Und dieses Salär müssten potenzielle Käufer übernehmen. Vor dem heutigen Heimspiel gegen Burnley (16 Uhr, dazn.com)brodelt beim enttäuschenden Tabellensiebenten (vier Siege, drei Niederlagen) die Gerüchteküche. „Roonaldo“ soll heftig umworben werden, von chinesischen Klubs, die auf staatliches Geheiß, dank finanzstarker Investoren mit Geld um sich werfen und Stars einkaufen für ihre „Super League“. Legendäre Gagen über 560.000 € pro Woche wurden aus Shanghai ins Spiel gebracht. Neu ist das Interesse von Inter Mailand, das sich nach dem Glanz alter Tage sehnt und mit einem Altstar den Neuanfang schaffen will, bezahlt mit Geld der chinesischen Suning-Group. Auch L.A. Galaxy, der Klub von Steven Gerrard, will mit Rooney verhandeln. Geht es nach der „Sun“, ist der Abgang von Uniteds Kultfigur längst fixiert: „Reborn in the ROO-SA.“ (fin)

AUF EINEN BLICK

Wayne Rooney steht bei Manchester United auf dem Abstellgleis. Noch ist die Zukunft des Stürmers nicht entschieden, der 31-Jährige saß zuletzt auch beim Nationalteam auf der Bank.

José Mourinho ist seit Sommer neuer Trainer der Red Devils. Der Portugiese ist keineswegs zimperlich im Umgang mit arrivierten Spielern. Er sortierte bei Real Madrid Torhüter Iker Casillas aus, bei United haben Bastian Schweinsteiger und Henrikh Mkhitaryan keine Chance.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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