Wenn Fußballer plötzlich umfallen: Eine Schwalbe spaltet Deutschland

(c) GEPA pictures/ Sven Sonntag
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Timo Werner rettete Leipzig den 2:1-Sieg gegen Schalke mit schauspielerischem Geschick. Der Referee entschuldigte sich, ein skurriler Vorfall.

Leipzig. Es ist eine moralische Frage, die sich in anderen Sportarten einfach nicht stellt: Warum machen Fußballer Schwalben? Ist es zwingend nötig, sich plump, in schlechter bzw. guter Schauspielermanier im Strafraum nach einer Berührung fallen zu lassen? Und, natürlich, wenn dadurch ein Spiel eine Wende erhält, der Klub wichtige Punkte rettet, womöglich dadurch sogar die Tabellenführung wahrt und obendrein auch noch wie im Fall von RB Leipzig ohnehin aufgrund der umstrittenen Eigentümerstruktur ein landesweiter Zankapfel ist, herrscht helle Aufregung. Nach dem 2:1 von Leipzig gegen Schalke ist Fußball-Deutschland einmal mehr gespalten.

Den Sündenfall leistete sich Timo Werner. Nicht nur, dass es eine schwache Darbietung war, seine Erklärung dazu nach Abpfiff mutete skurril an. „Meine Schwalbe sieht blöd aus, das tut mir leid. Es war aber nicht meine Intention“, sagte der Stürmer.

Dass der sonst so penibel um profunde PR-Auftritte bemühte Klub in puncto Interviews und Aussagen mancher Spieler offenbar Nachholbedarf hat, überrascht.

Wenn der Referee pfeift

Dass Werner von Schalke-Keeper Ralf Fährmann gar nicht berührt wurde, habe er doch auch hörbar vor Schiedsrichter Bastian Dankert gesagt. Nur, der Unparteiische widersprach. „Es hat kein Gespräch zwischen mir und Werner stattgefunden“, sagte er – und erhöhte eine Stunde nach dem falschen Elferpfiff die kollektive Verwirrung damit zusätzlich. Der Torhüter sprach es hingegen unerwartet offen aus: „Ich finde das alles zum Kotzen.“

Diese Schwalbe überschattete das nächste Kapitel der immer erstaunlicheren Serie des Spitzenreiters der Fußball-Bundesliga. Der von Ralph Hasenhüttl betreute Klub ist weiter die Nummer 1 in Deutschland, Ilsanker und Sabitzer spielten durch, auf der Seite des Gegners wusste Schöpf (bis 87.) ab und wann zu gefallen. Doch der Referee verstand es nicht, ebenso wenig wie der Schwalben-Star, sich schweigend aus der Affäre zu ziehen. Er stand einen Meter daneben – und entschied falsch. Dass er sich bei TV-Sendern später für seine Fehlentscheidung entschuldigte, zeigt einen Hauch von Größe, beendete aber keineswegs die ganze Diskussion. Im Gegenteil: Das Verlangen nach dem TV-Beweis wird einmal mehr laut im deutschen Fußball. Warum nicht – im DFB-Cup sind ab sofort vierte Einwechselungen erlaubt, so ein Spiel in die Verlängerung geht. Wäre eine Videoanalyse eine Hilfe? Oder würde sie das Ende solcher Debatten, von denen der Fußball auch lebt, begraben?

Schalke: Schwamm drüber

Sicher ist, dass bei dem furiosen Aufsteiger jedenfalls eine Schalker Serie von zuvor zwölf Pflichtspielen ohne Niederlage endete. Und RB Leipzig liegt weiterhin mit drei Punkten Vorsprung auf den FC Bayern in Führung.

Schalke-Coach Markus Weinzierl warf dem kompletten Schiedsrichter-Gespann Versagen vor, wollte sich aber nicht weiter damit beschäftigen. „Wir haben gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft im Endeffekt verloren.“ Die Konzentration gelte dem nächsten Spiel, in der Europa League sei man am Donnerstag in Salzburg (21 Uhr) zu Gast. „Ich glaube nicht, dass dieses Spiel uns jetzt zurückwirft. Wir spielen weiter – und warten auf den Referee.“

Bitte, kein Freilos!

Die Rückkehr von Uli Hoeneß bedeutet eine härtere Gangart hinter den Kulissen. Der Präsident des FC Bayern lässt aufhorchen: Er ist gegen eine Reform des DFB-Cups, die ein Freilos für Spitzenvereine in der ersten Runde vorsehen würde.

„Das muss der Spielplan hergeben, dass in der ersten Runde des DFB-Pokals die Amateure die Möglichkeit haben, auf die großen Stars der Bundesliga zu treffen“, zitiert ihn die Deutsche Presse Agentur (DPA). Es sei schlecht für den Bewerb, würde man solche Maßnahmen treffen. Kleine Klubs brauchten solche Spiele, und auch der Fußball. Sonst gäbe es keine Sensationen mehr und damit keine Diskussionen. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2016)

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