Fußball: Kabinensprache Deutsch

„In der Kabine muss Deutsch gesprochen werden", meint Uli Hoeneß.
„In der Kabine muss Deutsch gesprochen werden", meint Uli Hoeneß.(c) APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Müssen Bayern-Profis Deutsch sprechen, wie Uli Hoeneß verlangt? Sichert das Erfolge, dient es der Integration? Österreichs Vereine bieten Kurse an – in Salzburg spricht man Englisch.

München/Wien. „In der Kabine muss Deutsch gesprochen werden. Das schafft Identität, hilft dem Zusammenhalt. Wir sind der FC Bayern.“ Die Worte, mit denen Uli Hoeneß aufhorchen ließ, sorgten für Diskussionen. Im Europa der Gegenwart gibt es doch so viele Sprachen und Identitäten. Zudem, auf dem Fußballplatz dominiert ohnehin eine eigene, auf sehr wenige Wörter oder Codes reduzierte Kickersprache. „Aus!“, „Weg!“, „Leo!“, „Raus!“, „Ich!“ – man hört diese zumeist von Torhütern gebrüllten Begriffe sogar bis auf die Tribüne.

Mit dem Bosman-Urteil fielen Legionärslimits, Spieler kommen aus der ganzen Welt – mit unterschiedlichen Sprachen, Riten, Religionen. Hoeneß meinte nicht nur den Sprachgebrauch an sich. Dass Angestellte aber die jeweilige Sprache des Landes beherrschen sollten, in dem sie gerade ihr Geld verdienen, ist nicht nur für den Bayern-Chef ein Selbstverständnis. Es ist ein Akt der Höflichkeit, des kulturellen Interesses – es ist ein Zeichen, das den Willen nach Integration dokumentiert.

Während dieser Ansatz laut einer Studie der Deutschen Presse-Agentur (DPA) für die komplette deutsche Bundesliga zutrifft, ist das in Österreich nicht der Fall. Deutschkurse werden zwar bei allen zehn Oberhausklubs angeboten, doch in Salzburg ist „die Amtssprache Englisch“, bestätigt Pressechef Christian Kircher.

Die Muttersprache

Spanier, Israeli, Brasilianer, Peruaner, Koreaner, Japaner – da sei es schlichtweg einfacher, Englisch zu sprechen. Zudem, selbst Trainer Óscar García sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Zwei bis vier Dolmetscher seien folglich im Einsatz, bei Besprechungen wären Flipcharts und Videos die „wahren Kommunikationsmittel“. Standardsituationen erklärt der Kotrainer – ausnahmslos auf Englisch.

Der Klub legt jedoch auf die Ausbildung großen Wert. Das Verpassen einer Einheit ist, ungeachtet aller Reisen, Spiele und PR-Termine, ein teures Unterfangen. Zehn Euro pro Minute wären dann in Salzburg fällig, ab der zehnten Minute erhöht sich die Strafe drastisch. Ähnlich verhält sich die Situation auch in Leipzig. „Dem einen oder anderen werden in seiner Muttersprache Hinweise vermittelt. Weil er sie dann am besten versteht“, sagt Ralph Hasenhüttl. Es ist allerdings nicht immer ein Südamerikaner das Problemkind, schon beim Schotten Oliver Burke sei es schwierig. Da helfe mitunter sogar Englisch nicht – es gebe grobe „Fouls“ beim Akzent . . .

Huch, Djalminha!

Bei Rapid und Austria gilt die gleiche Prämisse: Es wird Deutsch gesprochen. Dass aber nicht jeder Topscorer oder Edeltechniker partout die Sprache lernen will, kann sich auch negativ auswirken. Bei den Violetten sind aus der Ära Djalminha (2002–2003) nicht nur die Berge von Strafzetteln in Erinnerung geblieben, die der Brasilianer täglich an gleicher Stelle in der Innenstadt eingesammelt hat, sondern auch die Kosten seines Dolmetschers.

Trainer Thorsten Fink verlange den einheitlichen Auftritt, die Spieler „müssten sich untereinander verstehen“, erklärt Pressesprecher Christoph Pflug, „es gibt damit keine Gruppenbildung.“ Bis auf Kayode und Kadiri würde jeder Austrianer gut Deutsch sprechen.

In Hütteldorf werden Vorgaben oder Systeme nicht nur auf Deutsch vorgebracht, auch hier kommt öfter die wohl dem Esperanto nahe liegende „Fußballersprache“ zum Einsatz, sagt PR-Veteran Peter Klinglmüller. Koordiniert mit Trainings und Spielen stehen Kurse jedoch verpflichtend auf dem Programm. Und am Beispiel von Robert Berić sei deutlich geworden, „wie überaus sinnvoll“ das sei. Der Slowene kam 2014 aus Graz und war binnen weniger Monate vollkommen integriert.

Letztlich ist die Sprache, ob es Hoeneß akzeptieren will oder nicht, dennoch zweitrangig. Im Fußball zählen Tore und Siege. Ob Verlierer ihr Versagen auf Deutsch, Englisch oder Portugiesisch schildern, ist nicht weiter von Belang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2017)

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