Premier League: Die Jagd auf Manchester City

An der Merseyside warten sie seit 28 Jahren auf den Meistertitel. Auch Liverpool-Coach Jürgen Klopp sagt: „Ein Titel ist jetzt der nächste Schritt für uns.“
An der Merseyside warten sie seit 28 Jahren auf den Meistertitel. Auch Liverpool-Coach Jürgen Klopp sagt: „Ein Titel ist jetzt der nächste Schritt für uns.“ (c) APA/AFP/JEFF KOWALSKY
  • Drucken

Am Freitag startet die englische Premier League in die neue Saison. Während United-Trainer José Mourinho grantelte, gab sich Liverpool-Coach Jürgen Klopp angriffslustig. West Ham hofft mit Marko Arnautović auf einen Neuanfang.

Gäbe es José Mourinho nicht, man müsste ihn erfinden. Während sich die Manager der führenden Premier- League-Klubs vor Saisonbeginn am kommenden Freitag in diplomatischen Leerformeln üben („Wir wollen uns verbessern.“ „Das Team ist der Star“. „Wer am Ende die meisten Punkte hat, wird Meister.“), zieht der Trainer von Manchester United so richtig vom Leder: Das Freundschaftsspiel gegen Liverpool? „Dafür würde ich kein Geld ausgeben.“ Verstärkungen? „Man bekommt nicht immer, was man möchte.“ Der Schiedsrichter? „Sehr gut, nur leider war es kein Baseballspiel.“

Selten hat man Mourinho so mürrisch gesehen. Ob seine Mannschaft dieses Jahr um den Titel mitspielen werde? „Diese Frage beantworte ich nicht“, knurrte der Portugiese. Der letzte Premier-League-Triumph der „Red Devils“ war in der Saison 2012/13, der letzte unter Alex Ferguson. Stattdessen reicht Mourinho den Druck an Erzrivalen Liverpool weiter: „Es geht darum, etwas zu gewinnen. Nach all den Jahren wird man wohl endlich von ihnen erwarten, dass sie einen Titel holen.“ An der Merseyside wartet man seit 28 Jahren auf einen Meistertitel.

Reds als Big Spender. Tatsächlich hat sich kein Klub auf der Jagd auf Meister Manchester City so verstärkt wie Liverpool. Um 170 Millionen Pfund durfte Manager Jürgen Klopp seine Mannschaft mit Alisson, Naby Keïta, Fabinho und Xherdan Shaqiri verstärken. Zugleich wachsen Talente wie Curtis Jones in die Mannschaft. Klopp scheint nicht nur exzellente Transfers gemacht zu haben, er versäumt auch nie, Mourinho zu kontern: „Eines der größten Ziele in meinem Leben ist es, José zum Lächeln zu bringen. Es geschieht nicht allzu oft.“

Wie Mourinho versucht auch Klopp, seine Mannschaft vor allzu großen Erwartungen zu schützen: „Es geht auch darum, wie wir spielen.“ Obwohl United im Vorjahr Zweiter wurde, endete die Saison wegen der unattraktiven Spielweise in (fast) allgemeiner Enttäuschung. Liverpool schaffte nur Platz vier, und wurde dennoch (fast) allseits gepriesen: An guten Tagen kann kein Gegner dem Angriffsfurioso der „Reds“ etwas entgegensetzen. So räumt auch Klopp ein: „Ein Titel ist jetzt der nächste Schritt für uns.“

Dafür wird kein Weg vorbeiführen an Meister Manchester City. Nicht weniger als elf Rekorde wurden in der letzten Saison gebrochen, 100 Punkte geholt, 32 Spiele gewonnen und 106 Tore geschossen. „Es wird unmöglich sein, das zu wiederholen“, übt sich Manager Pep Guardiola im Tiefstapeln. Auf stille Zuversicht im „Etihad Stadium“ lässt allein die Tatsache schließen, dass mit Riyad Mahrez nur ein neuer Spieler verpflichtet wurde – mit 60 Millionen Pfund hatte das algerische Mittelfeld-Ass von Leicester City freilich einen satten Preis. Den Kreis der Titelanwärter zieht Guardiola weit, und er enthält die üblichen Verdächtigen: „Alle Anwärter – United, Liverpool, Arsenal, Tottenham – werden stärker sein.“ Das große Ziel für City muss aber nun die Champions League sein, die Guardiola zuletzt 2011 mit Barcelona gewann.

Mit dem Trio aus Nordengland werden wohl die drei Londoner Clubs Tottenham (Vorjahrsdritter), Chelsea (Fünfter) und Arsenal (Sechster) ein Wörtchen um den Titel mitzureden versuchen. Tottenham droht, den Preis für die Leistungen im Vorjahr zu zahlen: Nicht weniger als zwölf Kaderspieler waren bei der WM in Russland engagiert und gehen entsprechend strapaziert in die neue Saison. Zudem wurde nach der 850 Millionen Pfund teuren Übersiedlung in das neue „Tottenham Hotspur Stadium“ an der legendären White Hart Lane bei den Transfers gespart (siehe Artikel unten).

Arsenals neue Ära. Genau in dieser Situation war vor Jahren Lokalrivale Arsenal, bei dem nach dem Abgang von Langzeitmanager Arsenal Wenger unter Unai Emery Aufbruchsstimmung zu verspüren ist. In der Kontroverse zwischen Mesut Özil und dem Rest von Deutschland rollten die „Gunners“ dem Spieler den roten Teppich aus: „Bei uns ist sein wahres Zuhause“, sagte Geschäftsführer Ivan Gazidis. Manager Emery wählte seine Verstärkungen klug und mit dem 19-jährigen Franzosen Mattéo Guendouzi glaubt man, einen künftigen Weltstar in den eigenen Reihen zu haben.

Dafür hat Arsenal vielleicht die schwerste Auslosung aller Titelaspiranten, schon in der zweiten Runde wartet Ex-Meister Chelsea. Bei den „Blues“ herrscht allerdings der Blues. Erst vor knapp drei Wochen wurde Maurizio Sarri als Nachfolger von Antonio Conte vorgestellt, und bisher war die Hauptaufgabe des ehemaligen Napoli-Managers, die Abwanderung von Führungsspielern wie Thibaut Courtois, Eden Hazard oder Willian zu verhindern. Dazu kommen Wirbel um Klubeigentümer Roman Abramowitsch: Seit er in Reaktion auf die verweigerte Verlängerung seines britischen Visums den Stadionneubau stoppen ließ, wollen Gerüchte über einen Verkauf des Vereins nicht verstummen. Kettenraucher Sarri lässt zwar einen ähnlichen Fußball spielen wie Klopp – nur hat er noch nie einen Titel gewonnen.

Eine ähnliche Philosophie verfolgt Manuel Pellegrini bei West Ham. „Ich will immer offensiv spielen“, versprach der Chilene. Mit dem Meistertrainer ist Euphorie beim Ostlondoner Traditionsverein eingekehrt, Mittelfeldveteran Mark Noble warnte jedoch: „Das letzte Mal, als wir alle Vorbereitungsspiele gewannen, sind wir abgestiegen.“ 70 Millionen Pfund durfte Pellegrini bisher für Verstärkungen ausgeben, davon allein 42 Millionen Pfund für den Brasilianer Felipe Anderson. Marko Arnautović ist nach seinem ersten Jahr absoluter Liebling der „Hammers“-Fans, ließ freilich nichts anbrennen: Mit fünf Toren in vier Testspielen zeigte er den Neuen gleich, wer der Herr im Haus ist. Um seinen Wechsel zu Man United ist es wieder still geworden. Vielleicht ist das auch besser so.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Fußball-International

Tottenham: Der Gegenentwurf aus dem Norden Londons

Auch ohne mit Geld um sich zu werfen, ist Tottenham Hotspur höchst erfolgreich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.