Die Schmach von Haifa: Österreich verliert in Israel

APA/ROBERT JAEGER
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Österreichs Fußballnationalmannschaft schlittert in Israel in ein 2:4-Debakel. Der desaströse und überhebliche Auftritt wirft den ÖFB zurück in die Fußball-Steinzeit.

Zwei Spiele, null Punkte: Österreichs Fehlstart in die Qualifikation für die EM 2020 ist seit Sonntagabend perfekt. Auf die 0:1-Niederlage gegen Polen in Wien vier Tage zuvor folgte ein blamables 2:4 in Israel. Für den von Andreas Herzog trainierten Weltranglisten-92. (Österreich ist die Nummer 23) trafen Eran Zahavi (drei Tore) und Munas Dabbur. Die beiden Treffer von Marko Arnautovic konnten die Schmach von Haifa nicht verhindern.

Österreich hatte wie schon gegen Polen (derzeit Gruppenerster) gut begonnen, aus der ersten Chance resultierte der Führungstreffer. Nach Zuspiel von Peter Zulj auf Arnautovic durch die Beine eines Israelis schob der West-Ham-Legionär aus elf Metern problemlos ein (8.). Die Elf von Franco Foda, der im Vergleich zum Qualifikationsauftakt am Donnerstag mit Andreas Ulmer, Xaver Schlager und Zulj drei neuen Kräften das Vertrauen schenkte, kontrollierte dieses Spiel in den ersten 25 Minuten – was danach passierte, war schier unbegreiflich.

Die Gäste verzichteten vollends darauf, das Tempo hochzuhalten und den Gegner unter Druck zu setzen. Dabei wäre Israel verwundbar gewesen, Österreich aber ließ den Ball bloß uninspiriert durch die eigenen Reihen laufen, ohne gefährlich zu werden. „Wir waren nachlässig, haben in der Offensive zu überheblich gespielt“, analysierte ÖFB–Sportdirektor Peter Schöttel zur Halbzeit.

Zurück in der Fußball-Steinzeit

So kam es, dass Israel in der 34. Minute praktisch aus dem Nichts der Ausgleich gelang. Erstmals an diesem Abend agierte Österreich in der Defensive stümperhaft, nach einer Reihe missglückter Klärungsversuche vollendete Zahavi eine Flanke zum 1:1. Die favorisierte ÖFB-Mannschaft reagierte, erhöhte das Tempo – und Israel bekam umgehend Probleme. Innerhalb kürzester Zeit fanden Arnautovic (39.) und zwei Mal Dragovic (40., 41.). große Möglichkeiten vor. Zwei Mal stand Torhüter Harush im Weg, ein Mal die Latte. Doch es war ein viel zu kurzer Anflug von Qualität.

Noch vor der Pause gingen die Gastgeber durch einen weiteren Zahavi-Treffer in Führung (45.), weil Rot-Weiß-Rot die Abwehrarbeit bei einem Freistoß völlig eingestellt hatte, gleich drei Israelis frei standen.
Nach der Pause hatte Dragovic den Ausgleich auf dem Kopf (49.), Mittelfeldmann Kayal rettete auf der Linie. Es folgten Minuten, die das Nationalteam in die Fußball-Steinzeit manövrierten. Wie Österreichs Mannschaft in ihre Einzelteile zerfiel, war fürchterlich mitanzusehen. China-Legionär Zahavi besorgte das 3:1 (55.), Salzburgs Torjäger Dabbur das 4:1 (66.). Sie wurden schlichtweg nicht attackiert, die Österreicher ergaben sich in ihrer Hilflosigkeit.

Kein Aufbäumen

Ausgerechnet die von Foda oftmals hochgelobte und für besonders wichtig erklärte Defensive versagte komplett, auch in der Vorwärtsbewegung war keinerlei System erkennbar. Es fehlte an Präzision, Aggressivität, an einfach allem. Wer glaubte, das 2:4 in der 75. Minute durch Arnautovic würde eine große Schlussoffensive einläuten, der irrte gewaltig.

Österreich fand danach keine einzige Torchance mehr vor, im zehnten Vergleich mit Israel setzte es die zweite Niederlage nach dem Auswärts-0:5 vor fast 20 Jahren im Juni 1999. „Wir waren nachlässig, dann reicht eine Flanke und eine Standardsituation, um in Rückstand zu geraten. Das ist nicht zu entschuldigen“, erklärte Kapitän Julian Baumgartlinger.

Foda kritisierte das Zweikampfverhalten und die Defensivarbeit. „So schlecht wie wir in der zweiten Halbzeit darfst du nicht verteidigen“, sagte Foda, der die Verantwortung übernahm und Konsequenzen ankündigte. „Wir werden sicher Veränderungen vornehmen müssen. Das hat etwas mit der Mentalität zu tun.“

("Die Presse", Printausgabe 25.03.2019)

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