Wolfsberger Träume von Europa

Nenad Bjelica
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Nenad Bjelica, Trainer von Aufsteiger Wolfsberger AC, spricht mit der „Presse“ über persönliche Ziele, das morgige Spitzenspiel bei der Austria und über Tradition.

Wolfsberg/Wien. Nenad Bjelica ist ein Mann mit Visionen. Wolfsberg, das sagt er in aller Deutlichkeit, aber ohne arrogant klingen zu wollen, sei „nur“ eine Zwischenstation. „Meine Zeit bei einem großen Verein wird kommen“, versichert Bjelica. Er schwärmt von Deutschland, drei Jahre Kaiserslautern als Aktiver haben Eindruck hinterlassen.

Einstweilen aber genießt der 41-Jährige sein hohes Standing beim Wolfsberger AC. Hier kann er sich weiterentwickeln, sich für höhere Aufgaben empfehlen. Kärnten macht den in Osijek geborenen Kroaten glücklich – und er macht Kärnten glücklich. Der Aufsteiger hat mit dem Abstieg nichts zu tun, die als Ziel ausgegebenen 40 Punkte (39) hat man praktisch schon vor dem letzten Saisonviertel eingefahren. „Es hat etwas gedauert, bis wir uns an die Bundesliga gewöhnt hatten“, erinnert sich Bjelica an einen holprigen Start mit vier Niederlagen aus den ersten fünf Spielen, der die Mannschaft aber nicht verunsichern ließ.

Grün-weißer Lieblingsgegner

Bjelicas Mannen lernten schnell, sie arbeiteten akribisch an sich. Dass sie mittlerweile längst in der höchsten Spielklasse angekommen sind, käme einer Untertreibung gleich. Als Tabellenfünfter fehlen nur vier Punkte auf den Dritten, Sturm, gar nur drei auf die im Frühjahr schwächste Mannschaft, Rapid. Fällt im Lavanttal der Name des Rekordmeisters aus Hütteldorf, beginnen die Augen der Spieler und jene von Nenad Bjelica zu leuchten. Der WAC hat alle drei bisherigen Saisonduelle mit Rapid gewonnen.

„Hätte mir das jemand vor der Saison prophezeit, hätte ich ihn für krank erklärt“, schmunzelt Bjelica, der sich im Gespräch mit der „Presse“ nicht in Understatement übt, und offen zugibt: „Ja, wir träumen von der Europa League.“ Deshalb Druck auf sein Team auszuüben, ist ihm allerdings schlichtweg fremd. Schließlich könne ein Aufsteiger nur als Sieger aus dem Kampf um die begehrten Europacup-Startplätze hervorgehen. Verfrüht aufkommende Euphorie würde der neunmalige kroatische Nationalspieler umgehend im Keim ersticken. Er sagt: „Bei uns zählt nur die tägliche Arbeit. Das klingt vielleicht langweilig, aber das ist meine Philosophie.“

„Austria hat kaum Schwächen“

Heute Abend (18.30 Uhr, live in Sky) will Bjelica im Auswärtsspiel gegen die Wiener Austria wie schon so oft in dieser Spielzeit die Früchte der täglichen Arbeit ernten. Ob er im Duell der beiden erfolgreichsten und, neben Salzburg, einzig noch ungeschlagenen Frühjahrsmannschaften zugleich ein Spitzenspiel sieht? „Natürlich“, lächelt Bjelica, „immerhin treffen zwei Mannschaften in Top-Form aufeinander.“ Dass die Austria dennoch als Favorit in dieses Spiel geht, daran zweifelt er nicht. „Es ist ganz schwer, bei dieser Mannschaft Schwächen zu finden“, gesteht er. Mit der Stöger-Elf beschäftigt er sich nicht allzu viel, schließlich könne er nur das Spiel seines Teams direkt beeinflussen.

Mit Aggressivität, Einsatz und Disziplin („Diese drei Eigenschaften zeichnen uns aus“) könne man dem Tabellenführer gewiss Probleme bereiten. Auswärts, das unterstreicht auch die Statistik, tue man sich leichter. „Weil wir in der Spielgestaltung noch Defizite haben, das Kontern unserem System mehr entgegenkommt.“ Bjelica kämpft in Wolfsberg nicht nur um Punkte, sondern auch um Fans. Stolz berichtet er, wie der Zuspruch für den Verein „jeden Tag mehr wird“. In der Aufstiegssaison 2011/2012 pilgerten durchschnittlich 2700 Zuschauer in die Lavanttal-Arena, diese Saison sind es 5200. Traditionsverein wie Rapid oder Austria sei der WAC eben noch keiner. Was aber nicht ausschließt, dass man solche besiegt.

Auf einen Blick

Der Wolfsberger Athletik Club hat 20 Saisonen in der zweithöchsten Spielklasse vorzuweisen. Durch eine Kooperation mit dem SK St. Andrä trat der Verein von 2007 bis 2012 unter Wolfsberger AC/St. Andrä in der Ersten Liga an, spielt nach dem Aufstieg in der Saison 2012/13 in der höchsten Spielklasse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2013)

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