Kühbauer: "Müssen stets am Limit spielen"

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Wolfsberg ist die Überraschung der Bundesliga-Saison. Trainer Dietmar Kühbauer spricht vor dem Duell mit Salzburg über die Gründe für den Erfolgslauf und lauernde Gefahren.

Wolfsberg ist nach der Admira Ihre zweite Trainerstation. War der WAC für Sie ein Aufstieg?

Dietmar Kühbauer: Darum geht es mir nicht, ich möchte einfach mit jedem Klub erfolgreich sein. Als ich in der Vorsaison zum WAC gekommen bin, war der Verein mit zwei Punkten nach sieben Runden in akuter Abstiegsnot. Wir haben es danach relativ schnell geschafft, die heikle Zone zu verlassen, im Frühjahr hatten wir sogar die Chance auf einen Europacup-Platz. Aber in Wahrheit war das fast nicht machbar, nachdem im Winter mit Michael Liendl und Mihret Topcagic die beiden besten Spieler den Verein verlassen haben. Mit Platz sieben und dem Klassenerhalt konnten wir unter diesen Umständen absolut zufrieden sein.

Im Sommer haben Sie keinen Stein auf dem anderen belassen, neun Zugänge standen zwölf Abgänge gegenüber. Welche Überlegungen hatten Sie bei der Kaderplanung?

Wir wollten die Mannschaft im Zuge eines kompletten Umbruchs verjüngen, mussten uns auf diesem Weg auch von Spielern trennen, die den nächsten Schritt einfach nicht mehr gehen konnten. Wir haben ablösefreie, hungrige Leute wie Christopher Wernitznig oder Stephan Palla geholt. Und wie sich bislang zeigt, haben wir die Richtigen geholt.

Haben Sie die Befürchtung, dass Ihnen im Winter erneut einige Spieler abhanden kommen könnten?

Die meisten unserer Spieler haben jetzt Zweijahresverträge, deshalb ist die Gefahr nicht so groß wie in der Vergangenheit, als viele unserer Spieler nur Einjahresverträge hatten. Und wenn ein anderer Klub doch einen unserer Spieler kaufen will, dann muss er schon etwas auf den Tisch legen.

Hatte der Wechsel von Michael Liendl zu Fortuna Düsseldorf für die übrigen Spieler des WAC vielleicht sogar Signalwirkung?

Jeder Spieler sollte den Sprung ins Ausland als Ziel vor Augen haben. Wenn sich Spieler in Wolfsberg oder bei einem anderen österreichischen Klub gut präsentieren, sehe ich keinen Grund, warum derjenige nicht in Deutschland unterkommen sollte. Ich persönlich sehe die zweite deutsche Liga aber nicht hochwertiger an als die heimische Bundesliga.

Wie lange dauert es noch, bis ein Wolfsberger im ÖFB-Team aufläuft?

Die Spieler haben schlichtweg die Aufgabe, guten Fußball zu spielen. Mich würde es für meine Burschen freuen, wenn Marcel Koller auf sie aufmerksam wird.

Wie lautet Ihr Resümee zum Länderspiel?

Die Schweden waren schlagbar, ohne Frage. Als Team sind wir die bessere Mannschaft, aber wir haben es verabsäumt, diese drei Punkte zu holen. Und ich bleibe dabei, dass Österreich die Qualität besitzt, sich für die EM 2016 zu qualifizieren. Nur: Die Spieler müssen Farbe bekennen und zeigen, dass sie es diesmal wirklich schaffen.

Durch den starken Saisonstart konnte sich Ihr Verein bereits beachtliche Vorsprünge auf Konkurrenten wie Rapid (9 Punkte) oder Austria (10 Punkte)erspielen. Glauben Sie, die Wiener Großklubs sind in dieser Saison bis zum Schluss auf Distanz zu halten?

18 Punkte nach sieben Runden – das ist eine schöne Momentaufnahme, diese Punkte kann uns auch keiner mehr nehmen. Aber ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass die momentane Tabellensituation normal ist. Wir wollen uns so lange wie möglich in der Spitze behaupten, aber die Gefahr, im Laufe der Saison einen Einbruch zu erleiden, ist gegeben. Wir haben den kleinsten Kader aller Bundesliga-Teams. Wenn wir drei, vier, fünf Ausfälle kompensieren müssen, wird es brutal schwer für uns. In diesem Punkt haben die großen Klubs gegenüber uns einen klaren Vorteil. Wir müssen immer am Limit spielen. Wenn nur einer die Zügel schleifen lässt, sind wir sehr, sehr leicht schlagbar.

Heute fordert der WAC in Klagenfurt den punktegleichen Tabellenführer aus Salzburg. Wird das eines Ihrer schönsten Spiele als Trainer?

Ich freue mich sehr darauf, alleine aufgrund der Tatsache, dass wir in einem tollen Stadion spielen. Die Voraussetzungen könnten aber kaum unterschiedlicher sein. Wir sind der klare Außenseiter, treffen auf eine Mannschaft, die wirklich ausgezeichneten Fußball spielen kann, ein riesiges Budget hat und völlig zu Recht auf Platz eins steht. Aber abgesehen von all diesen Fakten muss uns Salzburg erst schlagen. Wir müssen uns etwas zutrauen.

Haben Sie als Vorbereitung mit Ihrem Team das Salzburger Spiel in Malmö studiert?

In der Theorie habe ich schon davor gewusst, wie man gegen Salzburg spielen sollte, aber das garantiert noch lange keinen Erfolg. Salzburg hat die Qualität, selbst aus einem verhältnismäßig schwachen Spiel viel herauszuholen, weil sie außerordentlich viel individuelle Klasse besitzen. Wenn nur ein, zwei unserer Spieler nicht voll mitziehen, werden wir sehr große Probleme bekommen.

Waren Sie von der Chancenlosigkeit Salzburgs in Malmö überrascht?

Ich habe immer noch das Heimspiel im Kopf. Salzburg war in diesen 90 Minuten um zwei Klassen besser als Malmö, sie hätten dort schon den Sack zumachen müssen. Im Rückspiel hat sich wieder einmal die These bewahrheitet, dass der Fußball nicht vorhersehbar ist.

Sie machen keinen Hehl daraus, in Zukunft einen Spitzenklub trainieren zu wollen. Sehen Sie sich auf dem richtigen Weg?

Ich habe in meinen jungen Jahren als Trainer bislang schöne Erfolge gefeiert. Ich bin selbstbewusst genug, um behaupten zu dürfen, mir einen Spitzenklub zuzutrauen. Davor habe ich wirklich null Angst, obwohl ich weiß, dass der Druck dort ein ganz anderer ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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