Prohaska und Krankl: "Wir beide sind Steinzeit"

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Hans Krankl und Herbert Prohaska machen sich Sorgen um den Wiener Spitzenfußball.

Wien. Es gibt Trainer, die eine wirklich kurze Blüte erleben, einmal eine falsche Entscheidung treffen – und in der Versenkung verschwinden. Kein Hahn kräht heute noch nach einem Walter Schachner, ein Kurt Jara spielt Golf in Spanien. Dabei waren beide noch vor wenigen Jahren mögliche Kandidaten für den ÖFB-Teamchefposten. Sie waren gefragte Betreuer in Deutschland, jetzt gehen sie spazieren. Auch ein Peter Pacult muss darauf hoffen, dass ihn irgendjemand kontaktiert, bevor sich nach seinen Engagements bei Leipzig oder Dresden niemand mehr an ihn erinnert.

Im Geschäft sind immer noch Herbert Prohaska und Hans Krankl. Nicht als Trainer, das tun sie sich nicht mehr an. Als Kolumnisten, Werbefiguren, TV-Experten. zwei Legenden, die unverwechselbar sind, angreifbar wären sie freilich wie alle anderen auch. Aber Prohaska und Krankl, das ist Kult. Die beiden haben etwas Liebenswertes an sich, als Gesprächspartner sind sie absolut lohnend. Zuletzt haben sie sich für ein „Sportmagazin“-Doppelinterview zur Verfügung gesorgt. Nach dem Motto: „Jahrhundert-Veilchen trifft Evergreen-Goleador zum Wiener Krisengipfel“.

Aus den Wiener Großklubs sind im besten Fall tapfere Mitstreiter in der Europa League geworden. Herbert Prohaska ortet einen schweren Fehler, der bereits vor acht Jahren gemacht wurde. „Die Wahrheit ist: 2006, als feststand, dass wir die Euro 2008 bekommen, hätte sich die Stadt Wien mit Austria und Rapid zusammensetzen sollen und über eine neue, multifunktionelle Arena anstelle des Happel-Stadions reden müssen. Dann hätte man halt St. Hanappi und Favoriten vergessen müssen, aber dafür wesentlich mehr Einnahmen und sicher bessere Mannschaften. Ein neues Stadion hätte auch deshalb Sinn gehabt, weil die Nationalmannschaft dort spielt und wir uns wieder für ein Champions-League- oder Europa-League-Finale bewerben könnten. Und ich wette: Die Sky-Boxen in so einem modernen Stadion hätten Rapid und Austria locker verkauft.“

Feuerstein und Geröllheimer

Hans Krankl stimmt dem Jahrhundert-Austrianer zu. „Stimmt, das Happel-Stadion in der jetzigen Form ist nicht mehr zeitgemäß. Herbert, erinnerst du dich an 1974? Da haben wir gegen Ungarn 1:0 gewonnen – vor 74.000 Zuschauern! Aber heute haben wir 2014. Wir beide sind Steinzeit – Fred Feuerstein und Barney Geröllheimer.“ Prohaska: „Ja, keine Frage, aber ich wär heute gern Spieler. Denn seit dem Bosman-Urteil haben nicht mehr die Vereine die Rechte, sondern die Spieler und Spielerberater. Das hat sich total verändert. Der Fußball ist nach wie vor super, aber das Drumherum ist zum Speiben.“

Den passenden Sportdirektor, den hätte Hans Krankl auch bei der Hand. „Er sitzt gerade neben mir. Es gibt nur einen. Ob er will oder nicht, ist eine andere Frage.“ Prohaska lehnt dankend ab. „Nein, keine Chance! Ich bin viel zu lange weg vom Fußball und hab nicht mehr diese Verbindungen – möchte sie auch gar nicht mehr haben. Ich wäre sicher ein ganz schlechter Sportdirektor.“ Krankl: „Er wäre der Beste, weil er mehr von Fußball versteht als alle Menschen, die bei der Austria beschäftigt sind.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2014)

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