Austria Wien: "Dieser Schuss muss sitzen"

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Austrias Finanzvorstand, Markus Kraetschmer, spricht mit der "Presse am Sonntag" über das millionenschwere Stadionprojekt, violettes Fanpotenzial und die Trainerfrage.

Ist der dieser Tage präsentierte Stadionausbau der Generali-Arena bis 2018 die bislang größte Errungenschaft des Vereins seit Beginn Ihrer Tätigkeit 1997?

Markus Kraetschmer: Was den Projektumfang und die Größenordnung betrifft, ist das jedenfalls ein geschichtsträchtiger Meilenstein. Das Stadionthema war schon lange Zeit ein virulentes, wenn man an Rothneusiedl denkt. Wir müssen an die Zukunft denken, Stillstand bedeutet Rückschritt. Es geht um die Entwicklung der Infrastruktur für den gesamten Klub.

Sie haben Rothneusiedl angesprochen: Ist die Generali-Arena im Jahr 2015 der perfekte Standort für die Wiener Austria?

Zu den jetzigen Rahmenbedingungen, ja. Rothneusiedl war eine tolle Vision, aber nicht realisierbar. Es war für mich auch ein Thema, dass Austria und Rapid wie Bayern und 1860 in München in einem Stadion spielen. Aber dieser Zug ist 2004 nach der Entscheidung im Hinblick auf die EM 2008 abgefahren, als der damalige Rapid-Präsident, Edlinger, klar kommuniziert hat, dass Rapid in Hütteldorf bleiben wird. Austria ist ein Klub, der lange Zeit ein Nomadentum geführt, an mehr als zehn verschiedenen Heimstätten in Wien gespielt hat. Das geht auf Dauer nicht gut, du musst eine Identität entwickeln.

Ist dieses Projekt auch eine Prestigefrage, wenn der Erzrivale aus dem Westen Wiens ein neues Stadion aus dem Boden stampft?

Das Prestige steht für mich nicht im Vordergrund. Es geht vielmehr um die Entwicklung des Klubs, darum, bestmögliche Rahmenbedingungen in allen Bereichen zu schaffen. Wir mussten diesen Schritt setzen, wollten nicht länger abwarten.

Für die Baubewilligung wartet Violett noch auf grünes Licht.

Sie ist komplett eingeleitet, wir hatten uns mit 17 verschiedenen Magistratsabteilungen zu beschäftigen. Wir erwarten die Baubewilligung im Sommer. Mitte Mai 2016 sollen die Arbeiten beginnen.

Das erweiterte Stadion wird 17.500 Fans Platz bieten. Hat die Austria denn das dafür notwendige Fanpotenzial?

Wir haben keine teure, externe Marktforschung betrieben, aber intern viel recherchiert und analysiert. Fakt ist: Egal, an welchem Standort du neue Infrastruktur bietest und ein gewisses Erfolgsniveau erreichst, zeigt sich ein Ansteigen des Besucherzuspruchs um 30 bis 35 Prozent in den ersten drei Saisonen. Und wir wissen, dass wir in Ostösterreich ein Potenzial von 400.000 Austria-Sympathisanten haben. Gegen Atlético Madrid hatten wir in der Champions League 45.000 Fans im Stadion, das zeugt von Interesse. Was uns ebenfalls zuversichtlich stimmt, ist die Verlängerung der U1. All das macht Stadionbesuche bei der Austria in Zukunft attraktiver.

Würde die Austria künftig im Happel-Stadion oder in der Generali-Arena Champions League spielen?

Wir sind in der Generali-Arena schon in der Qualifikation gegen Dinamo Zagreb vor zwei Jahren an unsere Grenzen gestoßen. Nicht, was die Kapazität, aber was die Themen Organisation, Sicherheit und Medienaufkommen betrifft. In der neuen Generali-Arena wären wir dazu theoretisch in der Lage, praktisch würde es ab einer Gruppenphase wohl anders aussehen. Die neue Generali-Arena wäre perfekt für die Europa-League-Gruppenphase. Dann kannst du einen kleinen Hexenkessel erzeugen.

48 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt. Hat diese infrastrukturlastige Investition zur Folge, dass in anderen Bereichen der Sparstift angesetzt wird? Schließlich wollen ein neuer Trainer und neue Spieler bezahlt werden...

Wir haben intern unser Investitionsvolumen für Trainer und Spieler beziffert. Dabei geht es um einen vernünftigen Betrag, der sich auf dem Niveau der laufenden Saison bewegt. Wir sollten in der Lage sein, in einen niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich vorzudringen.

Passt Felix Magath in dieses Budget?

Ich werde einzelne Namen nicht kommentieren. Möglicherweise stellen wir für den Trainer den einen oder anderen Euro mehr zur Verfügung und holen in der Folge lieber einen ablösefreien Spieler anstatt Ablöse zu bezahlen. Der Verein hat sich bei der Suche keine Tabus auferlegt. Wir hatten große Trainer auf unserer Liste, die weggefallen sind, weil sie nicht nach Österreich kommen wollen. Da stößt man an seine Grenzen. Aber bei der Trainerbestellung dreht sich längst nicht alles um Finanzen. Es gilt diverse Fragen zu klären: Welche Erfahrung bringt er mit? Welche Spielphilosophie verfolgt er? Wir haben aus den Engagements von Bjelica, Gager und Baumgartner gelernt, was Themen wie Erfahrung, Teamfähigkeit und Führungskompetenz betrifft. All diese Punkte lassen wir bei der Trainersuche miteinfließen. Die richtigen Spieler sind leichter zu finden als der richtige Coach. Diese Entscheidung ist extrem wichtig, deswegen nimmt sie auch viel Zeit in Anspruch. Etwas drastisch ausgedrückt: Dieser Schuss muss sitzen. Wir müssen in die Erfolgsspur zurück.

Wie radikal wird die Mannschaft im Sommer umgebaut werden?

Fix ist: Heinz Lindner, James Holland, Manuel Ortlechner und Florian Mader werden nächstes Jahr nicht mehr bei uns sein. Hinzu kommen Spieler, die mit einem Wechsel liebäugeln. Der Kader wird sich also unweigerlich stärker verändern als in den Saisonen zuvor. Ich sehe diesen Neustart als Chance.

Ein neuer Trainer weckt neue Hoffnungen, vor allem nach einer enttäuschenden Saison wie dieser. Eine Mannschaft im Umbruch funktioniert bekanntlich aber nicht sofort. Müssen Sie heute schon die Erwartungshaltung für die nächste Saison bremsen?

Wir werden uns auf Enttäuschungen vorbereiten müssen, ja. Niemand darf erwarten, dass wir zu Saisonbeginn eine Siegesserie starten. Dieser Umbruch ist ein Prozess, mit guter, begleitender Kommunikation werden ihn auch die Fans akzeptieren.

ZUR PERSON

Markus Kraetschmer ist seit 1997 im Management der Wiener Austria tätig, seit 2008 agiert er als Finanzvorstand der Violetten.

Mittwochabend präsentierte der Klub seine Infrastrukturpläne. Im Zuge des S.T.A.R.-Projekts wird die Generali-Arena bis Sommer 2018 erneuert und erweitert. Das Stadion soll bei nationalen Pflichtspielen 17.500, bei internationalen 15.000 Zuschauer fassen können. Ab Sommer 2016 spielt die Austria wegen der Umbauarbeiten zwei Saisonen im Ernst-Happel-Stadion.

Das viersäulige S.T.A.R.-Projekt inkludiert neben dem Stadion (S) auch die Trainingsplätze (T), die Akademie (A) sowie ein Regionales Nachwuchszentrum(R) in Wien Favoriten und wird somit zum größten Bauprojekt in der Klubgeschichte. Das finanzielle Gesamtvolumen beträgt 48MillionenEuro, 80bis 85Prozent davon vereinnahmt der Stadionumbau.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2015)

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