Salzburg: Erfolg mit Schönheitsfehlern

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Salzburg krönt sich zwar erneut zum Meister und hat die Chance auf das Double, gravierende Defensivschwächen und internationale Versäumnisse trüben aber die Freude.

Salzburg/Wien. „Den faktischen Titel haben wir geholt, den theoretischen haben wir uns für das letzte Heimspiel aufgehoben“, erklärte Stefan Ilsanker nach dem 0:0 in Graz, das Salzburg wie im Vorjahr zum Meister machte. Bei zwei noch ausständigen Runden und einem Spiel mehr als Verfolger Rapid hat der Titelverteidiger neun Punkte Vorsprung auf die Wiener und die um 31 Tore bessere Tordifferenz. Deshalb nahm Trainer Adi Hütter bereits Mittwochabend Gratulationen zum Gewinn der Meisterschaft entgegen.

Zufrieden zog der Vorarlberger Bilanz, immerhin hat er die „Pflicht“ erfüllt und Salzburg zum sechsten Titel in der Ära Red Bull geführt. „Es war kein einfaches Jahr. Die Erwartungshaltung war sehr, sehr groß. Der Druck war da, das habe ich gespürt“, sagte Hütter, der im Sommer 2014 den nach Leverkusen abgewanderten Roger Schmidt – er verlängerte am Donnerstag seinen Vertrag vorzeitig bis 2019 – ersetzte. „Wenn man jemandem wie ihm nachfolgt, der Meister und Cupsieger geworden ist, dann sind das relativ große Fußstapfen. Ich habe aber immer wieder betont, dass ich nicht in die gleichen Fußstapfen treten will, sondern versuchen möchte, eine eigene Spur zu gehen.“

Hütter gelang dies mit Abstrichen. Zwar führte national, auch aufgrund der schwächelnden Konkurrenz, erneut kein Weg an Salzburg vorbei, international aber lässt sich nur mit gemischten Gefühlen resümieren. Das Aus in der Champions-League-Qualifikation gegen Malmö war nicht nur höchst ärgerlich, sondern auch vermeidbar. Hütter musste sich im Rückspiel von vielen Seiten den Vorwurf gefallen lassen, mit Umstellungen das Spiel vercoacht zu haben. Die Gruppenphase der Europa League überstand man in der Folge souverän, die Grenzen dieser Salzburger Mannschaft zeigte im Sechzehntelfinale Villarreal schonungslos auf.

An Klasse eingebüßt

Den eigenen hohen Ansprüchen hinkt man international also weiter hinterher, wenngleich das Team im Lauf der Saison doch entscheidend geschwächt wurde. Sadio Mané ließ seine Teamkollegen vor dem Spiel in Malmö im Stich und mischt seitdem mit Southampton die Premier League auf. Kevin Kampl erlag nach der Hinrunde dem Ruf Dortmunds, der Brasilianer Alan jenem des vielen Geldes aus China. „Diese Mannschaft hat mit Mane, Kampl und Alan Spieler verloren, die das Spiel gemeinsam mit Jonny Soriano extrem geprägt haben“, erinnerte Hütter in der Stunde des Erfolgs.

Der 45-Jährige wollte nicht vergessen wissen, dass der Meistertitel „nicht der vielfach zitierte Selbstläufer“ sei. „Die Mannschaft arbeitet richtig hart, die Burschen investieren irrsinnig viel in ihren Job als Fußballer. Und das Besondere ist einfach, dass sie diesem Druck standgehalten haben.“

Nicht stand hielt oftmals die Defensive der Salzburger. 41 Gegentore in 34 Ligaspielen macht einen Schnitt von 1,2 Treffern pro Partie. Zu viele für ein Topteam, in Deutschland, England, Italien oder Spanien musste keine Meistermannschaft derart viele hinnehmen. Der scheidende Sportdirektor Ralf Rangnick hatte diesen Umstand schon während der Saison bemängelt. „Wir haben zu viele Gegentore bekommen, so selbstkritisch muss man sein. Wir haben auch in dem einen oder anderen Spiel zu viele individuelle Fehler gemacht“, gestand Hütter, dessen Elf im Sommer gewiss eine Korrektur bevorsteht.

Ilsanker möchte sich im Ausland versuchen, auch bei Marcel Sabitzer stehen die Zeichen – entgegen ersten Annahmen – auf Abschied. André Ramalho folgt Roger Schmidt nach Leverkusen. Und auf der Torhüterposition vertraut Salzburg künftig dem Grödiger Cican Stankovic.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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