Die »Wohlfühloase« entfaltet ihre Wirkung

Marcel Kollerund Marko Arnautović.
Marcel Kollerund Marko Arnautović.(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Mit Marko Arnautović ist ein einstiger egoistischer Rüpel die Konstante in Marcel Kollers Erfolgsteam geworden.

Unbestritten hat Marcel Koller dem österreichischem Fußball-Nationalteam jene Konstanz verliehen, die lange Zeit gefehlt hatte. Dazu hält der Teamchef an seinem Mannschaftsstamm fest, selbst wenn diese Spieler in den Vereinen einmal nicht erste Wahl sind. So hielt er es auch, als die beiden Kapitäne Christian Fuchs und Marc Janko bei ihren Klubs keine Spielzeit bekamen. Das beste Beispiel, wie der Teamchef dieses Vertrauen mit guten Leistungen zurückbezahlt bekam, ist aber Marko Arnautović.

Koller hat stets auf den Linksaußen gesetzt und damit wohl einen maßgeblichen Beitrag geleistet, dass sich der 26-Jährige vom Enfant terrible mit dem allzu lässigen Spielstil zum Teamplayer entwickelt hat. Immer wieder hat der gelernte Käfigkicker aus Floridsdorf mit Ausrutschern abseits des Platzes für Schlagzeilen gesorgt. Auch Koller hat zahlreiche Geschichten über Arnautović gehört, als er in Österreich begonnen hat. „Ich habe von Anfang an nicht verstanden, was über ihn erzählt wurde. Für mich war wichtig, dass ich Kontakt zu ihm suche“, erzählt der Teamchef. Bei einem Besuch in Bremen zeigte Koller dem damaligen Werder-Legionär ein achtminütiges Video mit dessen besten Spielszenen. Kollers Botschaft: „So will ich dich spielen sehen.“ Entscheidend sei dabei gewesen, ihm zu zeigen, was er gut macht, erklärt Koller. „Er ist ein hervorragender Fußballer, und es ist wichtig, dass er das auf dem Platz zeigt. Und wenn er außerhalb vom Platz was macht, was nicht so gut ist, dann muss man darüber sprechen.“

Seither vertraut Koller dem England-Legionär, der es mit 680 Minuten auf die meiste Einsatzzeit aller Feldspieler unter seiner Ägide bringt. Dabei ist seine Torausbeute gering. Im März gegen Liechtenstein hat Arnautović zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren wieder im Teamdress getroffen. Nach sieben Jahren und 45 Partien als Nationalspieler stehen acht Tore (ein Treffer alle 430 Minuten) zu Buche. Doch die Statistik passt zu Arnautovićs Reifeprozess, in den vergangenen Jahren trat er mehr als Vorbereiter und als Defensivarbeiter in Erscheinung. Diese Entwicklung half ihm auch, sich bei Stoke City durchzusetzen, wo er in dieser Saison zum Stammpersonal gehört.

„Er kann noch mehr“, glaubt Koller. „Der Trainer leistet überragende Arbeit“, glaubt Arnautović. „So ein familiäres Gefühl habe ich beim Nationalteam noch nie gespürt.“ Der einstige Rüpel profitiert wie kein Zweiter davon, dass das ÖFB-Team zur „Wohlfühloase“ geworden ist, wie Sturmpartner Martin Harnik es ausdrückt.

Dauerläufer der EM-Quali

720 Minuten: Robert Almer, Christian Fuchs, Florian Klein
716 Minuten: Aleksandar Dragović
679 Minuten: Marko Arnautović
667 Minuten: Zlatko Junuzović
630 Minuten: Julian Baumgartlinger

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2015)

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