ÖFB-Team: Marc Janko, der Meister des Comebacks

Marc Janko gilt als eine der verlässlichsten Stützen im Nationalteam.
Marc Janko gilt als eine der verlässlichsten Stützen im Nationalteam.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Marc Janko kann nicht klagen: In der Nationalmannschaft ist er gesetzt, bei Neo-Klub Basel tritt er in die Fußstapfen einer Klublegende. Doch der Weitgereiste kennt auch andere Zeiten.

Wien. „Ich habe schon alles miterlebt“, sagt Marc Janko, „jetzt erlebe ich eine angenehme Hochzeit.“ Mit der österreichischen Fußballnationalmannschaft hat der 32-jährige Stürmer das Ticket für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich fix in der Tasche, bei seinem neuen Klub FC Basel bringt er es in bislang 13 Einsätzen auf acht Tore. Die Basler sind überlegener Tabellenführer, Janko ist zweitbester Torschütze der Schweizer Super League.

Für seinen aktuellen Höhenflug ist Marcel Koller mitverantwortlich. Der Teamchef hat zu Janko gehalten, auch wenn es auf dessen Fußball-Odyssee bei Enschede, Porto, Trabzonspor und Sydney einmal keine Einsatzzeiten gab. Die Nationalmannschaft und das Vertrauen des Teamchefs waren Jankos große Stützen. Und so wurde sein Fallrückzieher zum 1:0-Sieg im Juni gegen Russland nicht nur zur Vorentscheidung in der EM-Qualifikation Österreichs, sondern auch ein Symbol für Jankos Comeback.

Marcel Koller war es auch, der ihm den FC Basel ans Herz legte, als sich auch die Austria um den Teamstürmer bemüht hat. In der Schweiz heißt es bereits, Janko habe die Nachfolge der Basler Klublegende Marco Streller angetreten. „Im Moment ist sehr viel positiv in meinem Leben, privat wie beruflich“, sagt Janko, seit Juni außerdem Ehemann. „Ich genieße das, ich habe auch anderes erlebt.“ Den Tiefpunkt erreichte er 2013, als er beim türkischen Verein Trabzonspor nicht mehr mit der ersten Mannschaft mittrainieren durfte.

Das Standing als Kabinen-DJ

In Basel fühlt sich Janko nun „rundum wohl“, es läuft „besser als erwartet“. Der Stürmer gehört zum „absoluten Stammpersonal“, lediglich dreimal kam er beim Schweizer Meister nicht zum Einsatz, „da war ich nicht ganz fit oder wurde geschont“. Dass Janko von den Teamkollegen zum Kabinen-DJ gewählt wurde, zeigt, dass er sich in kürzester Zeit auch außerhalb des Platzes „ein Standing“ erarbeitet hat, wie Janko es formuliert. Anpassungsschwierigkeiten sind dem Weitgereisten offenbar fremd. „Ich habe höchst positive Rückmeldungen vom Verein“, bestätigt Janko.

Auch die Schweizer Medien haben Gefallen am Österreicher gefunden, in Interviews darf er Vokabel wie „Gaberln“ und „Gurkerl“ erklären. Vor zwei Wochen hat ausgerechnet ein Landsmann von Janko die Basler Siegesserie beendet. Auch ein Janko-Tor konnte die 3:4-Niederlage bei den Young Boys Bern von Trainer Adi Hütter nicht verhindern. „Sie sind sicher ein Mitfavorit in der Meisterschaft, aber sie haben noch einige Punkte Rückstand.“ Sieben Zähler beträgt der Vorsprung des Titelverteidigers auf die drittplatzierten Berner.

Die Schweiz, in der Fifa-Rangliste zwar auf Rang zwölf und somit einen Platz hinter dem ÖFB-Team, „ist Österreich in der Entwicklung noch einiges voraus“, befindet Janko. Das Allzeithoch in der Weltrangliste sei nur „eine Momentaufnahme“. „Es ist immer noch Luft nach oben, wenn du zufrieden oder selbstgefällig wirst, ist das ein Rückschritt“, warnt Janko.

Um den nächsten Schritt zu schaffen, müsse man noch abgebrühter auftreten – etwa einen 1:0-Vorsprung souverän über die Zeit bringen, ohne wie im Juni in Russland noch in Bedrängnis zu geraten. „Das sind dann Attribute einer Weltklassemannschaft, davon sind wir noch entfernt“, stellt Janko klar.

Die Bühne in Frankreich

In den beiden anstehenden Partien am Freitag in Montenegro und am Montag vor 48.000 Fans im Ernst-Happel-Stadion gegen Liechtenstein gilt es, „hinten zu null zu spielen“ und in der Offensive noch „kaltschnäuziger“ zu sein. „Wir wollen bis zur EM-Gruppenauslosung in Topf zwei bleiben und es in der Weltrangliste vielleicht unter die Top Ten schaffen. Das wäre eine Riesensache und ein Beweis für die Entwicklung dieses Teams.“

Über den weiteren Verlauf seiner eigenen Karriere macht sich Janko derzeit keine Gedanken. Noch acht Monate sind es bis zur EM in Frankreich, „natürlich eine große Bühne für weitere Aufgaben“, weiß Janko.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2015)

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