Austria Salzburg: Endspiel um die violette Zukunft

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Zehn Jahre nach der Gründung kämpft Austria Salzburg mit einem Schuldenberg und um den Verbleib im Profi-Fußball. Fans sind verärgert, Geldgeber werden dringend gesucht.

Als Austria Salzburg das letzte Mal in Wien ein Heimspiel austrug, erklang im Ernst-Happel-Stadion die Hymne der Champions League, und es ging gegen AC Milan um den Aufstieg. Fast elf Jahre später lädt der Klub erneut auf Wiener Boden zum Duell, der Gegner im Nachtragsspiel der Ersten Liga am Dienstag (18.30h, live, Sky) heißt Lask, die weniger glamouröse Bühne FAC-Platz. Die Erleichterung, in Floridsdorf eine Bleibe für die ausstehenden drei Risikospiele gegen die Linzer bzw. Wacker Innsbruck gefunden zu haben, ist bei den Salzburgern groß. „Ein großer Dank an den FAC und alle Verantwortlichen, die Solidarität gezeigt und sehr fair mit uns verhandelt haben“, sagt Gerhard Stöger, Sportlicher Leiter der Austria, der eine Herbergssuche quer durch Österreich hinter sich hat.

Mit der Ausweichstätte in Wien ist aber nur ein violettes Problem gelöst, denn die Austria plagen schwere finanzielle Sorgen. Kaum in den Profi-Fußball zurückgekehrt, droht dem Fußballmärchen zehn Jahre nach dem Zerwürfnis mit Red Bull und der anschließenden Neugründung durch Fans ein jähes Ende. Fast eine Million Euro betragen die Schulden, der Spielbetrieb über den Winter hinaus hängt am seidenen Faden.

Verschlungen hat das Geld zum Großteil der Umbau des Heimstadions in Salzburg-Maxglan, der sich zum Fass ohne Boden entwickelt hat. Eine Million Euro steuerte die Stadt bei, weitere 200.000 Euro spendeten die Fans. Zeitlicher und politischer Druck, Auflagen der Behörden, notwendig gewordene Adaptierungen – die Klubführung tut sich schwer, die Kostenexplosion zu erklären. Trotz Fachleuten wurde aus dem geplanten vierstelligen ein gehobener sechsstelliger Betrag. Fahrlässiges oder gar bösartiges Agieren bestreitet Stöger im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ jedoch: „Es menschelt bei jedem Verein, da passieren Fehler.“

Weitere 120.000 Euro verpufften in Schwanenstadt, die Risikospiele fanden dort aber nicht wie geplant statt. Als „in keinster Weise absehbare Kosten“ kritisierten die Salzburger die letzten Auflagen der Bezirkshauptmannschaft, die Behörde berief sich auf vorab zugesicherte Baumaßnahmen. Die Bundesliga verhängte eine Geldstrafe von 20.000Euro, die Partie gegen Innsbruck Ende August wurde zum Geisterspiel. „Eigentlich sind das die Spiele, bei denen man sich als Verein die Hände reibt. Wir müssen froh sein, wenn am Ende die Null dasteht“, sagt Stöger, der vom Potenzial des Klubs nach wie vor überzeugt ist. „Bei uns herrscht Stimmung, wir haben Zuschauer und könnten noch mehr aktivieren, würde die Infrastruktur passen.“


Missstimmung im Fanlager. Die prekäre Lage ihres Herzensprojekts hat längst auch die violette Anhängerschaft in Aufruhr versetzt. Dutzende Anträge zur Aufklärung der Stadionthematik wurden von Mitgliedern eingebracht, die Undurchsichtigkeit erzeugte Missstimmung. So veröffentlichte der Fandachverband Curva Viola Anfang November einen offenen Brief auf Facebook und erhob schwere Anschuldigungen gegen Stöger und den im Sommer aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Obmann Walter Windischbauer: Vereinsschädigendes Verhalten durch Unterschlagen von Rechnungen und Verträgen sowie bewusste Falschinformation der Mitglieder.

„Das war doppelt bitter, denn wir haben immer signalisiert, dass wir offen für Gespräche sind. Das aber war aus der Anonymität heraus, sehr einseitig und unter der Gürtellinie“, sagt Stöger, der seit 2006 bei der Austria ist. „Ich identifiziere mich zu 100 Prozent mit dem Verein, da trifft einen so etwas bis tief in Knochen.“ Den Vorwurf persönlicher Eitelkeiten („Wir haben kein Schickimicki-Stadion, sondern die Grundvoraussetzung, um in der Liga zu spielen“) dementiert er ebenso wie, dass der 28-Mann-Kader ein wesentlicher Schuldenfaktor sei. Ob der Sprung in den Profi-Fußball zu früh gekommen ist? „Gibt es den perfekten Zeitpunkt dafür? Wir waren nicht unvorbereitet“, betont der 49-Jährige und verweist auf fünf Jahre Regionalliga. Die Wogen glätten soll eine außerordentliche Generalversammlung, gestern stand der Vorstand den Fans Rede und Antwort.

Ungewissheit und Sorgen gehen freilich auch an der Mannschaft nicht spurlos vorbei, wohl mit ein Grund dafür, weshalb es sportlich in dieser Saison nicht läuft. Mit nur vier Siegen liegt die Austria als Tabellenvorletzter auf einem Abstiegsplatz – nach sechs Titelgewinnen in den vergangenen neun Jahren für viele Spieler eine ungewohnte Herausforderung. „Einige Spieler konnten mit der Situation nicht umgehen“, gesteht Stöger, der trotz allem das Positive hervorstreicht: „Das haben wir selbst in der Hand, und noch ist genügend Zeit. Die Mannschaft hat Qualität, aber die gilt es konstant abzurufen.“

Zunächst aber ist die Austria auf fremde Hilfe angewiesen. Fredy Scheucher, seit Juni geschäftsführender Vorstand und für die Finanzen verantwortlich, hat in den vergangenen Wochen intensive Gespräche mit potenziellen Geldgebern geführt, Details will der Deutsche nicht verraten. „Über ungelegte Eier gibt man keine Auskunft.“ Doch der Geschäftsführer von Partner My Phone ist optimistisch, „sehr hoch“ seien die Chancen, auch im Frühjahr violetten Profi-Fußball zu sehen. Für die Austria geht es nun fern des Glanzes der Champions League um die Fortsetzung der Vereinsgeschichte.

Die neue Austria

2005 gründeten Fans nach dem Einstieg von Red Bull bei Austria Salzburg und dem darauffolgenden Streit um Vereinsfarben und -namen den Klub neu. Der Verein ging eine Kooperation mit PSV Salzburg ein, beendete diese jedoch nach einem Jahr und stieg als eigenständiger Klub in der untersten Spielklasse, der zweiten Salzburger Klasse, Nord A, ein.

2010 stieg die Austria nach vier Titelgewinnen in Folge in die Regionalliga auf.

2014 kürten sich die Salzburger zum Meister der Regionalliga West, verpassten in der Relegation gegen den FAC jedoch den Sprung in die Erste Liga.

2015 gewann die Austria erneut die Regionalliga West und schaffte als direkter Aufsteiger die Rückkehr in den Profi-Fußball.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2015)

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