Bundesliga: Von Haltungsnoten und Prognosen

(c) GEPA pictures / Mario Kneisl
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Rapid profitierte von der ÖFB-Pause, Austria verlor jeden Schwung. 6:1 da, 1:1 dort - ein Blick auf verschiedene Fußballbühnen.

Wien. Rapid kann nicht nur in der Europa League mit flottem Spiel überzeugen, sondern nach langer Wartezeit auch wieder in der Fußballbundesliga. Vergessen sind die vier Niederlagen aus fünf Runden, das vollkommen ernüchternde, alarmierende 1:2 in Grödig hat so mancher Anhänger der Grün-Weißen sogar aus seiner Wahrnehmung verdrängt. Diese Form der Vergangenheitsbewältigung wird nun vom Rekordmeister auch wieder aktiv gefördert, mit dem 6:1 in Mattersburg wurde vieles halbwegs wiedergutgemacht.

Vier Spiele vor der Winterpause ist Rapid damit auf vier Punkte an Tabellenführer Austria herangerückt, dieses Kunststück ist freilich auch dem Unvermögen der Violetten zu verdanken, die sich gegen Admira in der 93.Minute den 1:1-Ausgleich eingetreten haben. Den Hütteldorfern ist das freilich nur recht, auch war der Auftritt im Burgenland beste Einstimmung auf den Ausflug in der Europa League, am Donnerstag wartet das Auswärtsspiel gegen Villarreal.

Das Buhlen um Onisiwo

„Die Mannschaft hat sich präsentiert, wie ich mir das vorstelle. Die erste Hälfte war das Beste, was ich als Rapid-Trainer gesehen habe“, sagte Zoran Barisić. Übertriebene Euphorie ist gemeinhin nicht förderlich, sie täuscht über weiterhin vorhandene Schwächen im System hinweg. Doch Kainz, der an diesem Abend mit zwei Treffern und zwei Assists glänzte, habe es sich verdient, gelobt zu werden. „Er ist ein super Kerl, ein Spieler, der sich ständig verbessern will. Er ist auf einem sehr guten Weg, aber seine Entwicklung ist noch lang nicht beendet“, versuchte der Trainer dann doch wieder schnell auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Der Ex-Grazer, 23, gab beim 1:2 des ÖFB-Teams gegen die Schweiz sein Teamdebüt, er ist wohl Rapids einzige Hoffnung bei der Euro 2016. Er sagt, von all den Lorbeeren vollkommen unbeeindruckt: „Es war eine sehr gute Woche für mich.“

Ein weiterer Debütant hat jedenfalls das Interesse von SCR-Sportdirektor Andreas Müller geweckt: Karim Onisiwo, 23, sei für „Rapid sehr interessant“, sagte der Deutsche. „Er ist ein sehr guter Fußballer, dribbelstark und schnell. Er passt auch in unser Schema.“ Nun folgen Gespräche und Verhandlungen mit Mattersburg; dass Müllers Aussage den Preis des Spielers heben dürfte, ist nicht ausgeschlossen.

Die Länderspielpause ist für Rapid offenbar zur rechten Zeit gekommen. Barisić stimmt dem zu, den Schwung gelte es mitzunehmen, bis zur Winterpause wartet ein dichtes Programm. In der Europa League ist das Heimspiel gegen Minsk (10. Dezember) offen. In der Liga geht es gegen Altach (29. November), Admira (2. Dezember, auswärts), Ried (5. Dezember) und Salzburg (13. Dezember auswärts).

Ein Stich ins violette Herz

Aufgewühlt, verärgert, einfach mit allem unzufrieden, Austria-Trainer Thorsten Fink war auch am Sonntag noch nicht mit dem Punkt gegen Admira zufrieden. Die Violetten hätten zwei Zähler verschenkt, „der Last-Minute-Ausgleich ist ein Stich ins Herz gewesen“. Die Tabellenführung ist zwar gewahrt worden, im Gegensatz zu Rapid ist aber das Spielniveau am Verteilerkreis erschreckend gesunken. Fink: „Uns hat der Rhythmus gefehlt.“

Dass mit Srdjan Spiridonovic ausgerechnet ein ehemaliger Austria-Akteur mit einem Weitschuss aus 20Metern den Ausgleich schaffte, fiel erschwerend ins Gewicht. 2013 war der heute 22-Jährige von Nenad Bjelica aussortiert worden, via Italien (Vicenza, Messina) fand er im Sommer 2015 den Weg in die Südstadt. Auch ein weiterer Ex-Austrianer konnte mit dem Remis sehr gut leben. „Wenn sie nächste Woche verlieren, dann blutet wieder mein violettes Herz, aber nicht jetzt“, erklärte Admira-Chefcoach Ernst Baumeister, der zwischen 1976 und 1986 achtfacher Meister mit den Favoritnern wurde, gewohnt trocken. Dass der Ausgleich „natürlich glücklich“ war, musste er nicht betonen. Verdient sei er aber allemal gewesen.

Die Länderspielpause beraubte Austria ihres Schwungs, spielerisch fiel den Gastgebern gegen die wackeren Admiraner wenig bis gar nichts ein. Der schnelle Pass auf Kayode diente als einzige Erfolgsmöglichkeit, doch der Nigerianer wurde wegen Abseitsstellung zweimal – zu Unrecht – zurückgepfiffen. Fink wurde bei diesen Worten lauter, denn vor der ÖFB-Pause hätten manche Experten Austria auf Titelkurs gesehen. Als Violetter habe man es aber nie leicht, jeder Punkt sei hart erkämpft. Für falsche Versprechungen könne man sich nichts kaufen. Thorsten Fink stapfte davon. Auf ihn warte „noch furchtbar viel Arbeit“. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)

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