Rapid-Präsident Krammer: "Ich hoffe auf Meilensteine"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Rapid-Präsident Michael Krammer empfindet bereits Stadion-Vorfreude, ist über Austria dankbar - und träumt vom Meistertitel.

Was hat Sie dazu bewogen, Rapid-Präsident zu werden? Bislang galt dieses Amt in Wien auch als politisches Kalkül.

Michael Krammer: Ich habe gehofft, daran mitwirken zu können, dass man für Rapid Meilensteine setzen kann. Politisches Kalkül war kein Beweggrund.

Aber hatten Sie ein Vorbild als Präsident, kann man Funktionäre ebenso verehren wie Fußballer?

Nachhaltig geprägt hat Rapid Dionys Schönecker, mit der Pfarrwiese und dem Rapidgeist. Aber man muss als Präsident seinen eigenen Weg gehen. Wir sind ein Mitgliederverein, ich vertrete diese Mitglieder nur. Mir geht es in erster Linie um die Werterhaltung.

Sie sind seit November 2013 im Amt, inwieweit konnten Sie Ihre Pläne verwirklichen?

Wir reden erst über die ersten drei Jahre meiner Präsidentschaft, ich habe also noch zehn Monate Zeit. Ich würde sagen, wir stehen bei 80 Prozent.

Geht das etwas konkreter, bitte. Welche Ziele haben Sie, was fehlt Ihnen noch?

Beim Stadionprojekt liegen wir schon drüber, auch was die finanzielle Entwicklung betrifft. Was fehlt, ist ein Titel. Ich wünsche mir bei Rapid einen Titel.

Aber Wünsche für Weihnachten sind längst vorbei . . .

Das macht nichts. Ich habe im August Geburtstag, ich kann mir also etwas wünschen.

Ist auch etwas Realistisches dabei?

Wir sind in der Liga vorn voll dabei und den Cuptitel gibt es auch zu gewinnen. Die Gegner sind doch alle auf Schlagdistanz. Ich bin zuversichtlich. Wir haben noch drei Möglichkeiten, da wir erstmals seit zwanzig Jahren auch im Europacup überwintern konnten.

In welchem Zustand haben Sie den Klub übernommen? Sportlich wie finanziell, es gibt da unterschiedliche Sichtweisen.

Rapid war ein ordentlich geführter Klub, die Finanzgebarung war transparent. Zoran Barišić hatte die Mannschaft gerade erst übernommen. Der Weg, den wir gehen, ist klar. Wir setzen ihn fort, vertrauen auch auf den eigenen Nachwuchs. Wir haben ein Fundament, auf dem man aufbauen kann.

Stichwort Fundament: Sie haben sich als Ziel gesetzt, 10.000 neue Mitglieder zu werben. Gelingt das?

Es ist zu schaffen, wir halten bei einem Plus von weit mehr als fünftausend.

Sie hatten auch angekündigt, Rapid in die Top 50 Europas zu führen. Wie realistisch ist das aus jetziger Sicht?

Wir sind, international gesehen, ein kleiner Verein in einer kleinen Liga. Rapid hatte in der Vergangenheit große Geltung in Europa. Das hätte sich der Verein auch wieder verdient. Wir sprechen von einer großen Herausforderung, die wir gern annehmen. Wir haben auch in dieser Saison bereits ein großes Ziel erreicht, wir haben das Sechzehntelfinale der Europa League erreicht. Was jetzt gegen Valencia noch kommt, das ist Zugabe. Der Druck liegt bei den Spaniern.

Und wenn Rapid den Meistertitel nicht gewinnen sollte, was geschieht dann?

Dann holen wir ihn eben nächstes Jahr. Ich bin ein positiv denkender Mensch.

Viel war zuletzt auch die Rede vom sogenannten Crowdinvesting. Wessen Idee war das, was erhoffen Sie sich davon?

Es ging um alternative Finanzierungschancen. Ein engagierter Mitarbeiter hat das vorgeschlagen. Wir sind eine große Familie, jetzt ist es ein Produkt der Mitglieder. Wir haben uns dafür auch als Ziel gesetzt, die meisten Investoren in Österreich zusammenzubringen. Im Moment halten wir bei über 2,9 Millionen Euro, wir sind fast ausverkauft. Der bisherige Rekord lag bei einer Million Euro. Dass das alles so gut läuft, dass es so viele Interessenten gibt, das überrascht mich schon. Das Gute ist, dass von dem Geld 100 Prozent beim Klub landen. St. Pauli und Schalke haben ähnliche Modelle, mit unserem Projekt sind wir aber europaweit Vorreiter.

Wie weit sind mittlerweile die Bauarbeiten des neuen Stadions gediehen, findet die geplante Eröffnung weiterhin im Juli statt?

Wir liegen exakt im Plan. Das Schwierigste war die Vorbereitungsphase. Es wird Rapids dritte Heimstätte in Hütteldorf nach der Pfarrwiese und dem Hanappistadion.

Rapid rühmt sich als Traditionsverein, ist der Rekordmeister. Welche Mannschaft, welcher Spieler berührt Sie besonders?

Die 68er-Mannschaft, mit Gerald Fuchsbichler oder „Johnny“ Bjerregaard. Aktuell genießt Steffen Hofmann meine größte Wertschätzung.

Aber er wird in naher Zukunft aufhören – was geschieht dann?

Es gibt einige Kandidaten, die ihn ersetzen könnten. Aber auch hier gilt: Solange der Chef da ist, ist er da, das muss Schritt für Schritt kommen. Das wird es auch. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass konsequent gearbeitet wird.

Wird Rapid nach der überraschenden Verpflichtung von Thomas Murg (Ried) noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv? Und wenn, welchen Spieler würden Sie verpflichten. Lionel Messi etwa?

Es gibt keinen dringenden Handlungsbedarf mehr und wir wollen keine Neuzugänge um jeden Preis, seriöse Geschäftsgebarung ist Grundvoraussetzung bei Rapid. Wenn Spieler gehen, dann als Meister und zu Topklubs, das wäre mein Wunsch.

Matej Jelić ist bislang noch viel schuldig geblieben. Oder sehen Sie das anders?

Urteilen wir darüber erst nach Ende der Saison. Als Robert Berić zu uns gekommen ist, haben auch einige gedacht: „Was wollt's mit dem?“

Wo sehen Sie denn aktuell dringenden Handlungsbedarf bei Rapid?

Ein Thema ist sicher die TV-Vermarktung. Auf diese Art und Weise mache ich das nicht mehr mit. Rapid belegt bei den Livespielen die Ränge eins bis vier. Ich sehe uns nicht auf einer Stufe mit vielen anderen Klubs, die TV-Gelder (1,5 Millionen Euro pro Jahr, Anm.) müssen für uns erhöht werden.

Die Rückrunde startet am 6. Februar, bereits eine Woche darauf folgt das Wiener Derby. Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zur Austria, gibt es diese Rivalität?

Gut. Als Fan ist Austria unser ärgster Gegner. Aber als Rapid-Präsident sage ich: Großartig, dass es Austria gibt. Ich wünsche mir, dass wir Meister werden, wenn geht, gern auch ganz knapp vor dem Stadtrivalen.

Steckbrief

Michael Krammer
wurde am 17. August 1960 in Wien geboren.

Vor seiner Tätigkeit in der Mobilfunkbranche war Krammer beim Österreichischen Bundesheer und beim ÖAMTC tätig. Seit 18. November 2013 ist er Präsident des SK Rapid Wien, er folgte Rudolf Edlinger.

Die Bundesliga kehrt am 6. Februar aus der Winterpause zurück, Rapid empfängt dabei im Happel-Stadion WAC (18.30 Uhr).

Nach 20 von 36 Runden belegen die Hütteldorfer mit drei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Salzburg Rang drei in der Tabelle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2016)

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