Die Leiden des Veli Kavlak: "Ich komme zurück, ich bin ein Kämpfer"

FUSSBALL - FIFA WM 2014 Quali, AUT vs IRL
FUSSBALL - FIFA WM 2014 Quali, AUT vs IRLGEPA pictures
  • Drucken

Türkei-Legionär Veli Kavlak kämpft nach einer langwierigen Verletzung um seine Rückkehr bei Besiktas und im Nationalteam. Die Hoffnung auf eine EM-Teilnahme hat er nicht aufgegeben.

Beim Testspiel zwischen Österreich und der Türkei am Dienstag in Wien (20.30 Uhr, live in ORF eins) wird Veli Kavlak mit einer großen Portion Wehmut vor dem Fernsehgerät sitzen. Der Mittelfeldspieler wäre bei der Partie des ÖFB-Teams gegen die Heimat seiner Eltern nur allzu gern dabei, eine langwierige Schulterverletzung und zuletzt mangelnde Spielpraxis führten aber zur Nichteinberufung.

Wegen eines wohl schon 2012 erlittenen Bizepssehnenrisses spielte Kavlak jahrelang mit großen Schmerzen, eher er 2015 einige Monate komplett pausieren musste. Im Dezember gab der Wiener bei Besiktas Istanbul dann sein Pflichtspiel-Comeback, seither stellt ihn Trainer Senöl Günes aber nicht mehr auf. Der Kapitän des Süper-Lig-Tabellenführers brachte es in dieser Saison erst auf einen Kurzeinsatz in der Meisterschaft. „Ich habe keine Schmerzen mehr und versuche im Training immer alles zu geben, alles Weitere bestimmt der Trainer“, sagte Kavlak über seine aktuelle Situation, die er dennoch relativ gelassen hinnimmt. „Ich habe schon viel Schlimmeres erlebt, denn ich war wegen meiner Verletzung schon kurz vor dem Karriereende.“


Wettlauf mit der Zeit. Allerdings schwinden durch die fehlenden Einsatzzeiten die Chancen auf eine EM-Teilnahme. Sein 31. und bisher letztes Länderspiel absolvierte Kavlak am 5. März 2014 in Klagenfurt beim 1:1 gegen Uruguay. Für die März-Partien gegen Albanien und die Türkei steht er auf der Abrufliste. „Natürlich habe ich an Boden verloren, aber das hole ich wieder auf. Ich bin in einer schwierigen Lage, doch ich werde sie meistern, denn ich bin ein Kämpfer“, meinte der 27-Jährige. Einen Euro-Startplatz habe er „auf keinen Fall abgehakt“, betonte Kavlak. „Es ist noch Zeit. Ich werde Gas geben und meinen Teil machen.“

Zumindest vorerst kann sich Kavlak nicht für Frankreich empfehlen. Dafür wird er seinen ÖFB-Kollegen gegen die Türkei vor dem TV-Schirm in Istanbul die Daumen drücken. „Die Chancen stehen 50:50. Wir haben in der Qualifikation bewiesen, welche Qualität wir haben, aber die Türkei auch“, erklärte der Ex-Rapidler, der sein einziges Nationalteamtor am 15. August 2012 in Wien ausgerechnet gegen die Türkei erzielte. Dem WM-Dritten von 2002 traut Kavlak in Frankreich einiges zu. „Die Türken tun sich in der Qualifikation oft schwer, aber wenn sie dann bei einem Turnier dabei sind, schneiden sie meist gut ab.“ Das Euro-Ticket sicherten sich die Türken erst im Finish als bester Gruppendritter, in Frankreich warten in der Vorrunde Spanien, Kroatien und Tschechien. „Das ist eine schwere Gruppe. Doch wenn sie die überstehen, kann es weit gehen“, vermutete Kavlak.

Entscheidend werde für die Türken sein, die Rivalitäten zwischen den Spielern der Istanbuler Großklubs Fenerbahce, Galatasaray und Besiktas in den Griff zu bekommen. „Es gibt nicht viele Nationalmannschaften mit so großer Qualität, aber sie hatten oft Probleme, ein Team zu werden. Doch zuletzt haben sie es geschafft.“ Dies gelang auch dank Teamchef Fatih Terim, der trotz seiner Galatasaray-Vergangenheit über alle Klubgrenzen hinaus großes Ansehen genießt. Kavlak: „Er ist ein Phänomen, ein Motivationskünstler. Mit der Nationalmannschaft hat er so große Erfolge gefeiert, dass er nirgends ausgepfiffen wird. Die Leute lieben ihn.“


Ronaldos schwarzer Abend. Am Dienstag wartet die Türkei, rund zweieinhalb Monate später bei der EM Portugal auf die ÖFB-Elf. Österreichs Gruppengegner ist mit einer Enttäuschung ins EM-Jahr gestartet. Die Portugiesen mussten sich in einem Testspiel zu Hause Bulgarien mit 0:1 (0:1) geschlagen geben. Superstar Cristiano Ronaldo vergab bei der Blamage in Leiria einen Elfmeter (67.). Schon am Vortag hatte mit Island ein weiterer ÖFB-Gegner bei der EM in Frankreich in Dänemark 1:2 verloren.

Portugals Teamchef, Fernando Santos, musste mangels geeigneter Personalreserve ohne echten Mittelstürmer auskommen. Die Offensivstars Ronaldo und Nani, sonst eher auf dem Flügel zu Hause, agierten an vorderster Front glücklos. Am Dienstag haben die Portugiesen die Chance, es besser zumachen. Dann testet Österreichs zweiter EM-Gegner nach Ungarn erneut in Leiria, diesmal gegen den Weltranglistenersten Belgien. Das Spiel hätte ursprünglich in Brüssel ausgetragen werden sollen, wurde nach den dortigen Anschlägen aus Sicherheitsgründen aber nach Portugal verlegt.

Auch die Partie gegen Bulgarien hatte im Gedenken an die Terroropfer und deren Angehörige mit einer Schweigeminute begonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gesetzt: Christian Fuchs ist unter Marcel Koller linker Außenverteidiger, Kapitän und Führungsspieler.
Euro 2016

Analyse: Das Problem kleiner Fußballnationen

Österreichs Nationalmannschaft hat zweieinhalb Monate vor Beginn der Euro einen funktionierenden Stamm, aber kaum adäquaten Ersatz. Allein ist man mit diesem Problem nicht.
Rubin Okotie gegen die Türkei
Euro 2016

ÖFB-Team: "Besser wir machen Fehler jetzt als bei der EM"

Die Teamspieler waren mit der Leistung grundsätzlich zufrieden und nahmen die 1:2-Niederlage gegen die Türkei als Ansporn zur Verbesserung.
Marc Janko mit Jugendlichen
Euro 2016

Team-Torjäger Janko trainiert mit Flüchtlingen

Marc Janko absoliverte eine Einheit mit minderjährigen Flüchtlingen. Als Laureus-Botschafter betonte er die gesellschaftliche Verantwortung.
Euro 2016

ÖFB-Team verliert EM-Test gegen die Türkei 1:2

Österreichs Fußball-Nationalmannschaft hat in der Vorbereitung auf die EURO 2016 einen Dämpfer hinnehmen müssen.
SOCCER - AUT vs TUR, test match
Kommentare

Kein Sündenbock gesucht

Die Niederlage gegen die Türkei darf nicht auf einen Tormann-Fehler reduziert werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.