317. Wiener Derby: Ein Duell der Krisenklubs

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Rapid und Austria treten vor dem direkten Vergleich auf der Stelle. Nur ein Sieg hilft den Wienern bei deren Krisenbewältigung.

Rekordmeister Rapid will ausgerechnet im 317. Wiener Derby gegen den Lokalrivalen Austria den Weg aus der Ergebniskrise finden. Mit fünf sieglosen Spielen in Folge haben die Hütteldorfer den 33. Meistertitel der Vereinsgeschichte so gut wie verspielt, Hauptziel ist daher heute (16.30 Uhr, live in ORF eins und Sky) im Ernst-Happel-Stadion die Absicherung von Rang zwei. Fünf Zähler trennen die beiden Erzrivalen, bei einem vollen Erfolg wäre Rapid der Vizemeistertitel fünf Runden vor Schluss kaum noch zu nehmen. „Wir wollen zeigen, dass wir die beste Mannschaft in Wien sind und den zweiten Platz festigen. Dafür ist ein Sieg nötig“, gab Rapids Sportgeschäftsführer Andreas Müller die Marschroute vor. Den hat ein Heimteam im Prestigeduell diese Saison aber noch nicht geschafft, Rapid siegte zwar auswärts 5:2 und 3:0, kassierte aber im Happel-Oval am 25. Oktober 2015 aufgrund eines späten Friesenbichler-Treffers eine 1:2-Niederlage.

Wie eine Niederlage fühlte sich für die Rapidler auch das jüngste 2:2 beim WAC an. Da hatten die Schützlinge von Coach Zoran Barišić in der Schlussphase noch eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben. „Wir haben das Spiel genau analysiert, die Fehler aufgezeigt“, sagte der 45-Jährige. Neben Schnitzern in der Defensive gilt es vor allem die in jüngster Zeit ungenügende Chancenauswertung zu verbessern. „Die Mannschaft hat Qualität, das hat sie oft gezeigt. Die jüngsten Leistungen stehen in überhaupt keinem Zusammenhang mit den Ergebnissen“, erklärte Barišić. In Altach (0:0) gab es für seine Mannschaft genauso wie gegen Admira Wacker Mödling (0:4), in Ried (0:1), gegen Salzburg (1:1) und eben zuletzt beim WAC keinen Erfolg. „Die Mannschaft hat aber immer alles rausgehauen, war bis auf das Admira-Spiel immer stärker als der Gegner, aber es ist nicht gelungen zu gewinnen.“

Das Bemühen von Statistiken. Für Rapid ist es die längste sieglose Serie seit der Saison 2012/13, damals hat es zwischen 15. Dezember 2012 und 6. April 2013 (20. bis 28. Runde) gleich neun Partien ohne Erfolg (vier Niederlagen, fünf Remis) gegeben. „Wir haben gemeinsam gewonnen und machen jetzt eine schwierige Phase durch, die müssen wir jetzt gemeinsam meistern“, sagt Müller. Trotz der Negativserie sind die Hütteldorfer mit 18 Punkten immer noch die zweitbeste Ligamannschaft im Frühjahr. Die Austria (12) liegt da nur auf Rang sieben. Barišić: „Wir werden mutig auftreten, wollen agieren.“ Dass der Erzrivale seinem Team nichts schenken wird, ist dem Wiener bewusst. „Derby ist Derby, immer sehr brisant. Mich stimmt aber zuversichtlich, wie die Mannschaft auf dem Platz auftritt, sie hat ein sehr großes Kämpferherz, arbeitet zusammen und will weiterkommen“, so Barišić. Rapids Coach hat gegen die Austria eine positive Bilanz, sechs Siegen stehen drei Remis und vier Niederlagen gegenüber.

Neben Goalie Jan Novota, Thanos Petsos und Thomas Murg fällt auch Stefan Stangl aus. Der Linksverteidiger zog sich am Freitagvormittag einen Syndesmosebandriss im linken Sprunggelenk zu und fällt für den Rest der Saison aus. Zwei aus dem Trio Mario Pavelic, Stephan Auer und Thomas Schrammel werden daher die Außenverteidigerpositionen besetzen. „Wir werden versuchen, die richtige Lösung zu finden.“ Das gilt auch für den Angriff, bei dem entweder der zuletzt eingesetzte Tomi oder Matej Jelić zum Zug kommen wird. Für Impulse in der Offensive soll auch Louis Schaub sorgen. Der ÖFB-U21-Teamspieler fand nach seiner Verletzungspause zunehmend zu seinem Rhythmus. „Ich komme Woche für Woche besser rein“, so der Mittelfeldspieler. Das soll auch die Austria zu spüren bekommen. „Das Derby ist etwas ganz Besonderes, auch wenn man viermal im Jahr gegeneinander spielt. Wir müssen am Wochenende endlich beweisen, dass wir wieder gewinnen können“, sprach der 21-Jährige. Für Tore gut ist sicher auch Kapitän Steffen Hofmann, der in seiner Ligakarriere gegen die Austria und Sturm (jeweils zwölfmal) am häufigsten getroffen hat.

Das vierte Ligasaisonderby wird vor einer tollen Kulisse über die Bühne gehen. Bis Freitagmittag waren 20.000 Tickets verkauft. Prächtig verläuft weiterhin auch der Abo-Verkauf der Hütteldorfer für die Premierensaison im neuen Allianz-Stadion. 12.000 Dauerkarten gingen schon über den Ladentisch, 5800 davon für den Block West. Weiter steigern konnten die Wiener ihre Vollmitgliederzahl, die sich innerhalb von nur etwas mehr als einem Monat von 10.000 auf 10.800 erhöht hat.

Violette Sorgen. Für die Austria steht im Ernst-Happel-Stadion nicht nur der Kampf um die Vorherrschaft in der Hauptstadt auf dem Spiel. Die Admira und Sturm Graz sitzen den strauchelnden Austrianern im Rennen um einen Europacup-Fixplatz im Nacken. Den Vier- bzw. Fünf-Punkte-Abstand auf die Verfolger will die Austria nicht weiter schrumpfen lassen. Wie der Stadtrivale ärgerte sich auch die Austria zuletzt über einen vermeidbaren Punkteverlust. Gegen Schlusslicht Grödig setzte es zu Hause ein 0:2, wobei die Austria Topchancen ungenutzt ließ und bei den Gegentoren unkonzentriert zu Werke ging. Trainer Thorsten Fink war deshalb aber nicht beunruhigt. „Wenn wir weiter unsere Arbeit abliefern, werden die Siege wieder kommen“, betonte der Deutsche, dessen Team in den jüngsten drei Spielen nicht einmal ein Tor gelang. „Irgendwann platzt der Knoten. Nur wer häufig aufs Tor schießt, wird treffen.“

Für Kapitän Robert Almer ist die Marschroute ebenfalls klar. „Wir müssen unsere Leistung im Offensivbereich fortsetzen und den Ball mit aller Gewalt über die Linie drücken“, sagt der Teamtorhüter. Für Austria und Rapid gehe es gleichsam um viel. „Es ist für beide Vereine im Moment nicht die einfachste Situation. In solchen Phasen kommt ein Derby genau richtig“, betonte Almer. Mitspieler Alexander Grünwald forderte: „Wir müssen den Turnaround schaffen, es warten Endspiele auf uns.“

Bei der Austria kehren die gegen Grödig wegen Erkrankungen fehlenden Alexander Gorgon, Jens Stryger Larsen und Kevin Friesenbichler zurück. Hinter dem Einsatz von Olarenwaju Kayode (Knieschmerzen) steht ein kleines Fragezeichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2016)

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