ÖFB-Frauen auf dem Sprung in Europas Spitze

Die ÖFB-Frauen wollen auch am Dienstag in Wales jubeln und die allererste Teilnahme an einer Endrunde fixieren.
Die ÖFB-Frauen wollen auch am Dienstag in Wales jubeln und die allererste Teilnahme an einer Endrunde fixieren.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Die erste EM-Teilnahme ist für das Frauen-Fußballnationalteam zum Greifen nah. Teamchef Dominik Thalhammer betont die Entwicklung des Teams und sieht den Abstand zu den Topnationen schwinden.

Es ist gewissermaßen ein Formalakt, den das Frauen-Nationalteam zum Abschluss der Qualifikation für die Europameisterschaft 2017 am Dienstag (19 Uhr) in Wales zu absolvieren hat. Die allererste Teilnahme an einer Endrunde ist so gut wie sicher, jeder Punktgewinn würde alle komplizierten Rechenspiele im Rennen um die Tickets für die sechs bestplatzierten Gruppenzweiten hinfällig machen. „Noch ist es nicht zu 100 Prozent fix. Insofern hat sich für uns nichts zu den Spielen davor geändert. Es ist unser Traum, den wir verwirklichen wollen“, erklärt Teamchef Dominik Thalhammer. „Wir versuchen, gar nicht so die EM im Fokus zu haben, sondern wollen uns auch in Wales wieder weiterentwickeln und Nachlässigkeiten, Stillstand oder Rückschritt gar nicht erst aufkommen lassen.“

Allerdings würde wohl selbst eine Niederlage zum Aufstieg reichen, sofern in den Parallelspielen die großen Überraschungen ausbleiben (siehe Infokasten). Mit einem Sieg könnte Österreich sogar noch bester Gruppenzweiter werden.

Rekordhöhenflug. In den Niederlanden spielen im Juli 2017 erstmals 16 Mannschaften um den Titel, für Österreich wäre die Teilnahme die Krönung eines langen Weges, der 2011 mit der Amtsübernahme von Dominik Thalhammer auf Platz 40 der Weltrangliste begann. Unter seiner Ägide kamen die ÖFB-Frauen dem ersehnten Großereignis zweimal bereits sehr nah, scheiterten jedoch im Play-off für die EM 2013 ebenso knapp wie als Gruppenzweite in der Qualifikation für die WM 2015. Der 3:1-Erfolg gegen Finnland in Letzterer markierte aber den Anfang einer eindrucksvollen Serie: 17 Spiele – darunter drei Siege und zwei Remis gegen besser platzierte Gegner – blieben die Österreicherinnen ungeschlagen, bis zum Heimspiel gegen EM-Finalist Norwegen im Juni (0:1). In der Folge kletterten sie im Fifa-Ranking bis auf das aktuelle Allzeithoch von Platz 25. „Das zeigt die tolle Entwicklung. Wir verfolgen ein prozess- und handlungsorientiertes Denken, die guten Ergebnisse sind das Resultat“, nennt Thalhammer im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ die Erfolgsfaktoren.

„Die Mannschaft hat eine unglaubliche Mentalität. Sie ist offen für neue Dinge, verfolgt eine klare Spielidee. Und wir reden nicht nur darüber, sondern setzen es auch um.“
Standen früher Defensive und Arbeit gegen den Ball im Mittelpunkt, ist es nun das Spiel in Ballbesitz. „Wir haben unsere Spielidee weiterentwickelt und wollen uns der europäischen Spitze nicht nur annähern, sondern ihr angehören“, betont der Teamchef. Dass sein Team zu den aussichtsreichsten der zweiten Garde zählt, hat das 2:2 in Norwegen bewiesen – die ÖFB-Frauen sind neben Belgien und der Schweiz das einzige Topf-zwei-Team, das dem Gruppenkopf zumindest einen Punkt abnehmen konnte. „Wir haben gezeigt, dass wir ein europäisches Spitzenteam dominieren können. Ich glaube, dass wir von den Ersten nicht mehr so weit weg sind“, meint Thalhammer, der um das Verbesserungspotenzial weiß. „Wir hatten mehr Ballbesitz und mehr Pässe bis ins letzte Angriffsdrittel, aber bei Norwegen sind dort prozentuell mehr Bälle angekommen. Sie sind effektiver.“

Auch Mentaltraining wird großgeschrieben, bei den Lehrgängen arbeitet eine Sportpsychologin täglich mit den Spielerinnen. „Das ist genauso wichtig wie technisch-taktisches Training“, erklärt der ehemalige Admira-Trainer, nicht zuletzt im Hinblick auf die EM. „Man kann nicht einfach hinfahren und sagen, wir spielen eine Europameisterschaft. So eine Situation haben Spielerinnen und Betreuerteam noch nie erlebt, darauf werden wir sehr genau achtgeben.“

Stamm mit Zukunft. Seine Mannschaft hat Thalhammer gefunden, in den sieben Qualifikationsspielen kamen 18 Spielerinnen, davon 13 Legionärinnen, zum Einsatz. Dass das Team eine Zukunft hat, belegt auch der Altersschnitt von nicht ganz 23 Jahren, Nina Burger ist mit 28 die Älteste im aktuellen Kader. „Man vertraut denen, die in den vergangenen Jahren an diesem Projekt mitgearbeitet haben und die richtige Mentalität mitbringen“, erklärt der 45-Jährige. Dass dies allerdings auch ein Beleg der mangelnden Breite an Topspielerinnen in Österreich ist, bestreitet er nicht. „Natürlich würde es guttun, wenn wir noch mehr Konkurrenzkampf auf den Plätzen danach hätten.“

Fünf bis sechs weitere Kandidatinnen, die den Sprung auf den EM-Zug noch schaffen könnten, hat der Teamchef im Blick. Die besten Chancen hat Lisa Makas, die nach zwei Kreuzbandrissen ein Comeback im Frühjahr plant. „Sie war eine der Besten in der Mannschaft, auf sie hoffe ich sehr“, so Thalhammer. Am Dienstag bleibt der Stürmerin aber noch die Rolle als Daumendrückerin, dass der Traum nun tatsächlich Wirklichkeit wird.

EM-Qualifikation

Kurz vorm Ziel

Die ÖFB-Frauen bestreiten am Dienstag (19 Uhr) in Wales das letzte EM-Qualifikationsspiel. Mit jedem Punktgewinn hätte die Mannschaft von Dominik Thalhammer als eine der sechs besten Gruppenzweiten das Ticket für die Endrunde 2017 in den Niederlanden sicher. Sofern Finnland (gegen Spanien), Rumänien (gegen Griechenland) und Russland (gegen Kroatien) keine hohen Kantersiege feiern, wäre sie sogar bei einer Niederlage dabei. Ansonsten wartet das Play-off.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2016)

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