Fußball: Krisenzeit in Hütteldorf

SOCCER - BL, Rapid vs Sturm
SOCCER - BL, Rapid vs Sturm(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Rapid ist nach dem 1:2 gegen Sturm Graz weiter ohne Punktegewinn unter Damir Canadi. Der Neo-Trainer experimentiert viel, muss aber eingestehen: „Momentan reicht es nicht.“

Wien. In der Meisterschaft 13 Punkte Rückstand auf die Spitze, elf auf einen Europacup-Platz, in der Europa League vorzeitig ausgeschieden – so hat man sich bei Rapid den Herbst nicht vorgestellt. Auch Damir Canadi vermochte die Talfahrt bislang nicht zu stoppen, die 1:2-Heimniederlage gegen Sturm Graz war bereits die dritte des neuen Cheftrainers in Folge. „Die Mannschaft hat alles probiert, es reicht aber momentan nicht“, sagte der Ex-Altacher.

Die grün-weißen Fans wissen um Canadis schwierige Ausgangslage, wer nicht resigniert hat, übt sich noch in Geduld, so gab es am Sonntag trotz überschaubarer Leistung keine Pfiffe. Der Hauptversammlung am Montagabend mit der Wiederwahl von Präsident Michael Krammer war dennoch eine frostige Stimmung garantiert. Die aktuelle Krise vermögen auch Allianz-Stadion und Rekordgewinn nicht zu kaschieren.

„Wenn es nicht so läuft, wird man auch noch sehr hart bestraft“, resümierte Canadi mit Blick auf das abgefälschte Siegtor durch Schmerböck (81.), das Sturm den ersten Sieg in Hütteldorf seit April 2011 bescherte. „Das war passend zu unserer Situation. Was wir zuletzt für Tore gekriegt haben, ist ein Wahnsinn“, sagte Torhüter Richard Strebinger, der einen erneut starken Auftritt mit einer Glanzparade kurz nach der Pause hinlegte.

Spiele als Training

Rapid hatte mehr Ballbesitz (58:42) und mehr gewonnene Zweikämpfe (54:48), zeigte sich defensiv stabilisiert, allein das Offensivspiel funktionierte über die Flügel genauso wenig wie übers Zentrum. Canadi hatte auch im dritten Versuch ordentlich rotiert (23 Spieler in drei Partien), Amateurspieler Osarenren Okungbowa für das Mittelfeld aus dem Hut gezaubert. „Unsere Spiele sind auch Training und Entwicklung.“ Der 22-Jährige war der Aufgabe allerdings nicht gewachsen, leitete mit einem Ballverlust auch die Szene, die zum 0:1 (Freistoß Lykogiannis, 10.) führte, ein. Nach 45 Minuten beendete Canadi das „nicht ganz optimale“ Experiment, brachte Ivan Močinić. Rapids Rekordtransfer schlug sich erneut unter seinem Wert, auch Arnor Ingvi Traustason, diesmal am rechten Flügel, setzte sich nur mit Eckbällen in Szene – einer führte zum 1:1 durch Giorgi Kvilitaia (13.).

Im Gegensatz zur Büskens-Ära, als Rapid Chancen en masse leichtfertig vergab, sind herausgespielte Angriffe nun absolute Mangelware. Gegen Sturm gab es in 90 Minuten gerade einmal zwei Schüsse auf das Tor. „Wir haben es nicht zu Ende gespielt“, analysierte Canadi und deponierte, auf die fehlende Kampfkraft angesprochen, seinen Weihnachtswunsch: „Spieler holen, die das können.“

Am Mittwoch gastiert Rapid bei Schlusslicht Mattersburg. Canadi versprach: „Ich werde die Mannschaft unterstützen, alles geben, damit es besser wird.“

Sturm gelang unterdessen nach vier sieglosen Spielen wieder ein voller Erfolg und behauptete damit die Tabellenführung. „Es gibt kleine Hänger, da musst du einfach durch, deine Idee beibehalten, daran glauben, das haben wir getan, und dafür wurden wir jetzt belohnt“, analysierte Trainer Franco Foda, trat aber weiter auf die Euphoriebremse. „Eine Zehnerliga ist extrem gefährlich, weil jeder in der Lage ist, jeden zu bezwingen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2016)

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