Große Ernüchterung in Hütteldorf

SOCCER - BL, Mattersburg vs Rapid
SOCCER - BL, Mattersburg vs Rapid(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Philipp Brem)
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Rapids Talfahrt hält an, Damir Canadi blieb auch im dritten Ligaspiel sieglos – der Klub braucht keinen Sportdirektor, sondern dringend neue, weitaus bessere Spieler.

Wien. Rapid ist doch anders, wer Chancen so leichtfertig vergibt, Druck, Erwartungshaltung, Mythos, Rekordmeister – man hört schon wieder das ewige Genörgel altverdienter Klubgrößen. Doch Zahlen lügen nicht, vier Spiele und kein Sieg: Damir Canadi hat es nicht leicht. Nichts will dem neuen Rapid-Trainer gelingen. Nun stellt ein in Wahrheit desaströses 1:1 in Mattersburg die bislang einzige Ligaausbeute dar.

Zurück bleiben beklemmende Eindrücke von Mocinić-Fehlpässen, skurrilen Kvilitaia-Einlagen und einer kollektiven Planlosigkeit, die schonungslos offenlegt, dass bei Rapid doch mehr Arbeit auf Canadi wartet, als ihm lieb ist. Diese chronische Ineffizienz im gegnerischen Strafraum stellt jedes Können oder Geschick infrage. Wenn sich Spieler vor dem Tor im Weg stehen, besser postierte Mitspieler partout übersehen oder, Joelinton zeigte es vor, unbedrängt anschießen, ist von Zuordnung oder Stellungsspiel keine Rede mehr.

Dass der Tabellenletzte, in zuvor zwölf Runden harm- und sieglos, dann bessere Aktionen setzt, ist nicht weiter verwunderlich. Rapid blieb mit dem Hauch einer Offensive im ganzen November sieglos.

Diese Talfahrt, Rapid ist als Tabellensiebenter so schlecht wie zuletzt in der Saison 2006/2007, ausschließlich Canadi anzuheften, ist falsch. Seine Rotationen sind zwar verwirrend und trugen gewiss dazu bei, dass Rapid 15 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Altach hat. Mike Büskens und Sportdirektor Andreas Müller aber haben das Gros der Spieler, die Legionäre verpflichtet. Die Auswahlkriterien muten fragwürdig an, dass die Neuzugänge vieles schuldig geblieben sind, bestätigt diese These. Und, Canadi ist gleich zum Einstand ein kapitaler Fehler unterlaufen: Er prangerte ihr Unvermögen öffentlich an. Womöglich antworten ihm seine Legionäre nun auf dem Platz.

Gezielte Investition nötig

Konsequenz, Wollen, Können, wer in Hütteldorf noch von der „Mission 33“ träumt, ist bloß ein unverbesserlicher Optimist. Dass Canadi, 46, aber an seinem Credo festhält, junge Eigenbauspieler wie Philipp Malicsek (Tor zum 1:1) zu forcieren, statt erschreckend schwache Legionäre weiter schaulaufen zu lassen, ist sein größter, zugleich auch einziger Bonus. Dass er sich den Job in Hütteldorf, insbesondere die ersten Partien „ganz anders vorgestellt“ hat, muss nicht gesondert betont werden.

Ob ein neuer Sportdirektor die Trendwende auf dem Platz einläutet, ist zweifelhaft. Womöglich wäre Rapid besser beraten, das Geld, sofern es vorhanden ist, anders zu investieren – und Canadis Wunsch nach neuen Spielern zu erfüllen.

Für den Wiener fällt momentan doppelt bitter ins Gewicht, dass Altach, ohne sein Zutun, weiterhin Erfolg hat, sogar Erster ist und vom Herbstmeistertitel, der Winterkrone und dem Europacup träumt. Es ist keineswegs Zynismus, dass diese Errungenschaften mit Rapid, in dieser personellen Konstellation, über einen längeren Zeitraum wohl unerreichbar sind. Rapid ist in der Gegenwart tatsächlich anders.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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