Amerika vertraut auf den Rat des »Terriers«

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Berti Vogts war vor der WM in Klinsmanns Auftrag unterwegs und spionierte alle Gruppengegner der Amerikaner aus. Er ist Teamchef von Aserbaidschan, aber auch in Brasilien steht er dem US-Verband mit seinem Fachwissen zu Verfügung. Für Klinsmann ein „Segen“.

Er war Verteidiger, er wurde als Teamchef Europameister und gilt bei der WM in Brasilien als Jürgen Klinsmanns Geheimwaffe. Doch kaum jemand in Amerika kennt ihn bislang oder hat ihn gesehen. Deshalb reden sie schlichtweg von „US Soccers International Man of Mystery“. Der geheimnisvolle Mann soll ein akribischer Arbeiter sein und ist ständig unterwegs. Seine Berufsbezeichnung „Special Advisor“ versprüht einen Hauch von Glamour. Gestatten, Hans-Hubert (Berti) Vogts.

Der 67-Jährige ist Nationaltrainer von Aserbaidschan, derzeit jedoch Klinsmanns Sonderberater. Während der Schwabe das US-Team bei der WM zum 2:1-Sieg gegen Ghana geführt hat und heute auch gegen Portugal reüssieren will, damit der Traum vom Achtelfinale verwirklicht wird, spionierte „Kumpel“ Berti alle Gruppengegner aus und übermittelte die Informationen. „Wir freuen uns natürlich ungemein, dass Berti Vogts uns beraterisch für die gesamte WM zur Verfügung steht“, sagt Klinsmann. Mit ihm als Kapitän und Vogts als Bundestrainer holte Deutschland bei der EM 1996 in England den letzten Titel. Jetzt hofft Klinsmann, dass Vogts' Fachwissen vielleicht das entscheidende Plus ist. Zu wissen, dass Vogts mit Rat und Tat zur Seite stehe, sei eine tolle Sache, so Klinsmann. Er bezeichnet Vogts gern als seinen Mentor – und machte ihn zum Vielflieger. Andere mögen mit ihren 67 Jahren lieber daheim im Garten sitzen oder auf der Couch. Vogts jettet um die Welt. San Francisco, Rotterdam, Mönchengladbach, Boston, Jacksonville, Miami, São Paulo waren seine Stationen vor der WM. Das sind knapp 23.000 Kilometer – in „Klinsis Auftrag“.

Vogts, einst als „Terrier“ auf dem Platz bekannt, hat zwischen 1974 und 1998 sechs Weltmeisterschaften als Spieler, Trainerassistent oder Chefcoach erlebt. Er kennt Ghana aus seiner Zeit als Nationaltrainer von Nigeria. In der Qualifikation für Brasilien spielten seine Aserbaidschaner in der Europa-Gruppe F gegen Portugal (0:2, 0:3). Und auf dem Weg zur WM 2010 sowie der EM 2012 stand Vogts mit der ehemaligen sowjetischen Teilrepublik jeweils Deutschland gegenüber – vier Niederlagen, 2:15 Tore. Er wurde in der Heimat zwar oft belächelt, doch Klinsmann schwört auf sein Know-how.

Das Löw-Team zählt Vogts allerdings zu den großen WM-Favoriten. „Deutschland kann Weltmeister werden. Sie haben das Potenzial, sie haben so viele gute Spieler wie noch nie vorher“, betont er, schränkt aber zugleich ein: „Sie brauchen auch das Quäntchen Glück, das man haben muss, wenn es in die entscheidenden Spiele geht.“ Und eben das hat Joachim Löw bisher noch nicht gehabt.

Der nächste US-Sieg? Klinsmann muss gegen Portugal heute in Manaus auf Jozy Altidore verzichten. Der amerikanische Fußballverband teilte mit, dass der Stürmer aufgrund einer Zerrung im linken Oberschenkel nicht zur Verfügung steht. Altidore hat sich die Verletzung am Montag beim 2:1-Sieg gegen Ghana zugezogen. Die USA könnten sich mit einem Sieg und einer gleichzeitigen Niederlage Ghanas gegen Deutschland für das Achtelfinale qualifizieren. Berti Vogts käme das sehr gelegen – dann wäre der Hit gegen Deutschland ein Freundschaftsspiel. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2014)

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