Fußball-WM-Trends: Jenseits von Afrika

(c) REUTERS (MARKO DJURICA)
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An den Problemen des afrikanischen Fußballs hat sich wenig geändert. Auch die Heim-WM 2010 in Südafrika hat zu keiner Verbesserung der Situation geführt. Der asiatische Fußball stagniert ebenso.

Die Spreu hat sich bereits weitgehend getrennt. Die Vorrunde dieser Weltmeisterschaft neigt sich dem Ende zu und erste Trends sind unübersehbar. Teams setzen vermehrt auf Offensive, es fallen so viele Tore wie schon lange nicht. Die Lateinamerikaner treten fast geschlossen stark auf, die Zahl der Europäer, die noch um den Titel mitspielen können, wurde bereits drastisch reduziert. Auffallend ist auch, dass der asiatische Fußball schwächelt.

Japan, vor dem Turnier als gefährlicher Außenseiter gehandelt, plagt sich mehr denn erwartet. Die Südkoreaner wiederum haben sich gegen Algerien blamiert. Dabei ist Südkorea bei der Heim-WM 2002 im Semifinale gestanden, hat 2010 das Achtelfinale erreicht. Am Donnerstag bekommt man es mit Belgien, nach zwei Vorrundensiegen bereits für das Achtelfinale qualifiziert, zu tun. Auch nicht gerade rosige Aussichten.

Beachtlich hat sich bisher der Iran geschlagen, von Nigeria hat man sich torlos getrennt, gegen Argentinien schlug erst ein Messi-Genieblitz zu. Offen ist noch das Duell in Salvador mit den bereits fix ausgeschiedenen Bosniern. Im Parallelspiel stehen sich heute Nigeria und Argentinien gegenüber. Und die Australier, die auf der Weltkarte des Fußballs Asien zugeteilt sind, haben das Turnier mit einem vollkommen bedeutungslosen 0:3 gegen den gescheiterten Titelverteidiger Spanien beendet.

Der Weltmeister wird auch diesmal nicht aus Afrika kommen. Das ist keine gewagte Prognose, aber seit gut 20 Jahren wartet die Fußballwelt auf einen Kraftakt des Schwarzen Kontinents. Pelé und auch Franz Beckenbauer haben immer wieder angekündigt, es werde „sehr bald“ einen afrikanischen Champion geben. Eingetroffen ist das nicht. Auch bei der Heim-WM 2010 in Südafrika gab es keinen Durchbruch zu vermelden. Es war letztlich nur ein Aufflackern – was fehlt, das ist die Konstanz.

Weder Geld noch Weitblick

„Seit einem Jahrzehnt stockt die Entwicklung des afrikanischen Fußballs“, sagt Nigerias Nationaltrainer Stephen Keshi. „Es gibt wahrscheinlich einen Mangel an Führung und Organisation.“ Obendrein würden die Spieler in Afrika nicht jene Bedingungen vorfinden, „um sich ordentlich weiterzuentwickeln“. Die nationalen Ligen sind zu schwach. Vereine pflegen ihren Nachwuchs wenig bis gar nicht, da und dort mangelt es auch an Geld oder an Weitblick. Oder an beidem. Die besten Spieler, die schickt man so früh wie möglich nach Europa. Sie kommen erst dann wieder, wenn es um Qualifikationsspiele geht und sie es im Ausland geschafft haben. Das wiederum lässt die Ligen verarmen, Afrika wird somit regelmäßig richtiggehend abgefischt. Erschwerend kommt dazu, dass in vielen Verbänden reinstes Chaos herrscht.

Was Kamerun 1990 bei der WM in Italien mit dem an den Eckfahnen Lambada tanzenden Roger Milla gelungen ist, scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Denn irgendein Streit läuft immer. Ein Kameruner hat sogar seinem Mitspieler in Brasilien einen Kopfstoß versetzt. Und Nigerias Spieler haben sogar noch zwei Wochen vor WM-Beginn um Prämien gefeilscht, die Vertreter Kameruns ebenso – sie kamen deshalb sogar verspätet in Brasilien an.

Manipulation und Lügen

Mit Algerien könnte es noch etwas werden bei der Endrunde in Brasilien, Russland ist nicht unschlagbar. Sonst haben die vorhin genannten Schwierigkeiten längst auch Nordafrika erreicht. Tunesien und Ägypten wurden auch aufgrund von politischen Umstürzen zurückgeworfen.

Die Elfenbeinküste hat in Brasilien alles unternommen, um Flagge zu zeigen, im ghanaischen Lager wiederum wird das Spiel am Donnerstag gegen Portugal in Brasilia von weitreichenden Betrugsvorwürfen überschattet. Britische Medien berichteten über eine monatelange Undercover-Aktion ihrer Reporter im Umfeld der Wettmafia. Ghanas Verbandschef Kwesi Nyantakyi soll dabei seine Bereitschaft zur Manipulation künftiger Testspiele des Nationalteams gezeigt haben. Ghanas Football Association wies die Anschuldigungen zurück. Die Fifa-Sicherheitsabteilung aber prüft nun diese Vorwürfe.

Ghanas Fußballpräsident wittert indes eine handfeste Verschwörung. Die Berichte seien veröffentlicht worden, „um den Fokus unseres Teams zu zerstören“, dargestellt würden „Halbwahrheiten und Halblügen. Es ist nichts Unerhörtes passiert, mit dem ich oder der Verband zu tun hätte. Der Lärm, der gemacht wird, ist ohne Belang.“

Die Anschuldigungen drängen die sportliche Situation einmal mehr aus dem Blickfeld. Schon vergangene Woche haben Medienberichte über einen Spieleraufstand gegen Trainer Kwesi Appiah Verwirrung gestiftet und für Unruhe gesorgt. Die Vorwürfe an Nyantakyi, der ebenfalls im WM-Quartier Ghanas in Brasiliens Küstenstadt Maceió weilt, gehen an den Spielern offenbar nicht spurlos vorüber. Wenngleich Nyantakyi behauptet: „Ich kann Ihnen versichern, dass diese negative Berichterstattung keine negativen Auswirkungen auf die Psyche und den Fokus unserer Spieler hat.“

Teamchef Appiah ist also nicht zu beneiden, bleibt jedoch kämpferisch: „Ghana hat eine starke Mentalität im Fußball. Wir glauben an uns. Meine Spieler werden sich immer wehren!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2014)

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