Suarez verteidigt Beißattacke als "normale Bewegung"

Nach der Beißattacke: Suarez (rechts) mimt das Opfer.
Nach der Beißattacke: Suarez (rechts) mimt das Opfer.(c) EPA (Emilio Lavandeira Jr.)
  • Drucken

Der Stürmerstar von Uruguay spielt den Vorfall im Spiel gegen Italien herunter. Luis Suarez ist Wiederholungstäter, ihm droht eine lange Sperre.

Die FIFA hat ein Disziplinarverfahren gegen Uruguays Nationalspieler Luis Suarez nach dessen Beißattacke bei der Fußball-WM in Brasilien eröffnet. Das teilte der Fußball-Weltverband am Mittwoch früh (Ortszeit) mit. Der Stürmer und der uruguayanische Verband haben demnach bis Mittwoch, 22.00 Uhr MESZ Zeit, "ihre Position und jegliche Beweisdokumente, die sie als relevant erachten, darzulegen".

Suarez hatte beim 1:0 im letzten WM-Vorrundenspiel gegen Italien seinen Gegenspieler Giorgio Chellini offenbar in die Schulter gebissen. Dem Uruguayer droht als Wiederholungstäter eine lange Sperre. Denn wenn der Schiedsrichter in seinem Bericht festhält, dass er die Situation im Spiel nicht gesehen hat (er hatte Suarez keine gelbe Karte gezeigt), kann Suarez nachträglich eine Strafe aufgebrummt bekommen.

Der FIFA-Disziplinarkodex

Die FIFA beruft sich in ihren Ermittlungen gegen Suarez auf mehrere Artikel in ihrem Disziplinarkodex. Entscheidend für die Zulässigkeit der Ermittlungen ist Paragraf 77a, wonach die FIFA-Ermittler Untersuchungen einleiten dürfen, wenn der Schiedsrichter einen Vorfall nicht bemerkt hat. Suarez wird des Verstoßes gegen mehrere Artikel verdächtigt.

Artikel 48: Unkorrektes Verhalten gegenüber Gegenspielern oder gegenüber anderen Personen als Spieloffiziellen

Artikel 57: Ehrverletzung und Fairplay: Wer auf irgendeine Weise, insbesondere durch beleidigende Gesten oder Äußerungen [sic], eine andere Person in ihrer Ehre verletzt oder wer die Prinzipien des Fairplay oder der Sportlichkeit verletzt, kann mit Sanktionen gemäß Art. 10 ff. belegt werden.

Artikel 10 ff.: Sanktionen gegen natürliche und juristische Personen. Die folgenden Sanktionen können sowohl gegen natürliche als auch gegen juristische Personen verhängt werden: a) Ermahnung; b) Verweis; c) Geldstrafe; d) Rückgabe von Preisen.

Artikel 77 a: Besondere Zuständigkeiten. Die Disziplinarkommission ist außerdem zuständig für: a) die Ahndung schwerer Vergehen, die von den Spieloffiziellen nicht bemerkt wurden;

Artikel 96: Beweismittel 1. Es können Beweismittel jeder Art eingereicht werden. 2. Zurückgewiesen werden Beweismittel, die menschenunwürdig oder offensichtlich nicht relevant sind. 3. Zugelassen sind insbesondere: die Berichte des Schiedsrichters, der Schiedsrichterassistenten, des Spielkommissars und des Schiedsrichterinspekteurs, die Aussagen der Parteien und der Zeugen, materielle Beweisstücke, Gutachten sowie Ton- und Bildaufzeichnungen.

"Eine normale Bewegung"

Uruguays Stürmer hat sich nach seiner vermeintlichen Beißattacke gegen die Vorwürfe verteidigt. "Es ist eine normale Bewegung, solche Dinge passieren auf dem Platz", sagte der 27-Jährige dem uruguayanischen Fernsehsender "Canal 10" am Dienstag (Ortszeit) nach dem 1:0-Sieg gegen Italien in Natal. FIFA-Vizepräsident Jim Boyce kritisierte Suarez hingegen und forderte Konsequenzen.

Der Torjäger hatte in der 79. Minute der Partie, in der die Südamerikaner ins WM-Achtelfinale eingezogen waren, seinen Gegenspieler Giorgio Chiellini offenbar in die Schulter gebissen. Der Italiener präsentierte danach die vermeintlichen Bissspuren. "Wir sind Fußballspieler, wir wissen, was auf dem Platz passiert, man sollte dem keine Bedeutung beimessen", forderte Suarez, der bereits zuvor zweimal wegen einer Beißattacke negativ aufgefallen war.

Bissspuren in Chiellinis Schulter.
Bissspuren in Chiellinis Schulter.(c) Reuters (Tony Gentile)

Ein fantastischer Fußballer mit Beißreflex

"Es gibt keinen Zweifel, dass die FIFA diesen Vorfall sehr ernst nehmen muss und jegliche Aktion unternimmt, die als notwendig erachtet wird", sagte der Nordire Boyce am Dienstag (Ortszeit). "Luis Suarez ist ein fantastischer Fußballer, aber wieder einmal haben seine Aktionen schwere Kritik zugelassen."

"Es war lächerlich, Suarez nicht auszuschließen", sagte der gebissene Italien-Verteidiger Giorgio Chiellini nach dem Spiel. Der Schiedsrichter sah das Vergehen eine Minute vor dem Goldtor von Godin nicht, dem Angreifer droht dennoch Ungemach von der FIFA. Suarez hat in seiner Profikarriere bereits zweimal für Beiß-Attacken Sperren ausgefasst.

Suarez, ein Wiederholungstäter

Suarez wurde damit offensichtlich wieder rückfällig. Bereits zweimal war der Liverpool-Stürmer mit Beiß-Attacken negativ aufgefallen. Erst zu Saisonbeginn hatte er noch sechs Spiele (von insgesamt zehn) aussetzen müssen, nachdem er in der vergangenen Saison Chelseas Branislav Ivanovic in den Arm gebissen hatte. In seiner Zeit bei Ajax Amsterdam hatte Suarez 2010 im Spiel gegen den PSV Eindhoven Gegenspieler Otman Bakkal ebenfalls in die Schulter gebissen und eine Sieben-Spiel-Sperre kassiert.

Das waren aber nicht die einzigen Aussetzer des 27-Jährigen. Im Dezember 2011 hatte sich Suarez eine Acht-Spiel-Sperre wegen rassistischen Äußerungen gegen Patrice Evra eingehandelt. Bei der WM 2010 in Südafrika kassierte er aufgrund einer anderen Sache die Rote Karte. Uruguay erreichte damals nur dank Suarez' absichtlichen Handspiel in der Schlussminute der Verlängerung auf der Torlinie im Viertelfinale gegen Ghana das Halbfinale. Asamoah Gyan vergab den verhängten Elfmeter und Uruguay schaffte im Elfmeterschießen den Aufstieg.

In der abgelaufenen Saison ließ Suarez allerdings auch Tore für sich sprechen. Mit 31 Treffern wurde er Schützenkönig in der Premier League und hätte Liverpool beinahe zur Meisterschaft geführt. Zudem wurde er in England als Spieler der Saison ausgezeichnet.

"Drei Bisse und du bist draußen"

Die Attacke des Liverpool-Torjägers löste aber gerade in England, dem Mutterland des Fußballs, heftige Reaktionen aus. "Verbannt dieses Monster", forderte der "Daily Telegraph". "Macht Beißer Suarez zum Geächteten", hieß es bei der "Daily Mail". Selbst auf der Insel, wo Suarez noch vor wenigen Wochen nicht nur als Torschützenkönig der Premier League gekrönt, sondern auch zum besten Spieler gewählt worden war, gibt es für den "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" des Weltfußballs kein Erbarmen mehr. Nach den Beißattacken 2010 im Trikot von Ajax Amsterdam und vor gut einem Jahr im Dress von Liverpool, für die der Torjäger jeweils gesperrt worden war, befand der "Mirror": "3 Bisse und du bist draußen."

Indes hat sich auch der frühere Box-Schwergewichtsweltmeister Evander Holyfield über Soziale Netzwerke zur Beißattacke von Uruguays Torjäger Luis Suarez bei der Fußball-WM in Brasilien geäußert. "Ich glaube, jedes Körperteil ist zum Essen da", twitterte der frühere Box-Schwergewichtsweltmeister. Holyfield war einst "Opfer" von Mike Tyson geworden, als dieser ihm im WM-Kampf einen Teil seines Ohres abgebissen hatte.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.