Moderation, Expertise, Grafik, Talk: Mit jeder Partie beginnt das Quotenspiel erneut. Ein Vergleich zwischen ORF, ARD, ZDF, SRF – und RÚV.
Wien. Die Gestaltung, Moderation und Besetzung einer Fußball-WM ist für TV-Sender eine hohe Kunst. Vor dem Spiel werden Unterhaltung, Prognosen und Erklärungen verlangt. Wer moderiert, ohne übertriebenes „Stadiongeheul“? Zwischen und nach dem Spiel sind Analysen und Fakten für Sieg bzw. Niederlage Pflicht. Man braucht dingend externe Experten.
>> PRO: Gerechtigkeit für den ORF
>> CONTRA: Die ORF-Runde findet sich selbst zu lustig
Der ORF setzt alternierend TV-Profis wie Rainer Pariasek und Experten wie Herbert Prohaska an einen runden Tisch in die Mitte. 220 Stunden Live-TV wollen bespielt werden. So machen es auch ARD, ZDF und SRF im deutschsprachigen Raum. Der Entertainment-Unterschied: Die Schweizer setzen neben der allen Sendern zugänglichen Grafik-Tools auch Publikumsgäste ein. In diesem Format werden sie aktiv miteingebunden, ein Pole durfte sogar Robert Lewandowskis Interview „live“ übersetzen. Es wirkt nahbarer. Können, Qualität oder Vorteil bleiben umstritten wie das Abseits.
Attraktiver, aber weitaus teurer wird das Unterfangen, wenn nebst 56 von 64 Live-Spielen (ORF) ein Studio vor Ort aufgebaut wird. Auf Hoteldächern mit plakativem Ausblick, vor Stadien oder auf dem Roten Platz. Oder einer Zweigstelle am Tegernsee, wie es ARD irritierend rustikal versucht. „Weltmeister im Gespräch“ heißt die Analyse mit Philipp Lahm. Da hat der „WM-Club“ des ORF mit Kabarettisten, Journalisten und ständig wechselnden Gästen mehr Esprit.
Die OE24-Version der Fußball-WM auf A1-TV fiel nach nur einer Konsumation in Ermangelung relevanter Ansätze aus dieser Betrachtung. Bei Sky laufen 25 Partien. Der Bezahlsender zeigt nie mehr als eine Partie pro Tag.
Und die Quote?
32 Mannschaften spielen bei der WM, und damit läuft das Duell um Quoten und Reichweiten. In diesem Punkt ist Islands Staatssender Ríkisútvarpiđ (RÚV) längst Weltmeister. 99,6 Prozent Marktanteil (kein Tippfehler!) gab es beim 1:1 gegen Argentinien, diese Quote hat flächendeckend nationale Tragweite. Zum Vergleich: Österreich gegen Brasilien sahen 638.000 Fans (36 % Marktanteil).
Bei der WM selbst knackte der ORF fünfmal die Millionengrenze. Bei Deutschlands Sieg gegen Schweden litten bzw. jubelten bis zu 1,437 Mio. Österreicher (52 %). ARD feierte 27,48 Mio. Zuschauer, Marktanteil 76,6 Prozent.
Herbert Prohaska und Roman Mählich sind ORF-Dauerredner, ihre Auftritte aus der Champions League geschult. Umstritten sind Auftritte der Quereinsteiger Marcel Koller und Thomas Janeschitz. Auch ARD prüft seine Wahl der Nachbesetzung von Mehmet Scholl. Weder Thomas Hitzlsperger, Stefan Kuntz noch Hannes Wolf überzeugen. Ihnen fehlen Routine oder die Mithilfe echter „Anchor“-Profis. Das ZDF vertraut zu Recht auf Oliver Kahn. Neu ist bei jedem Sender der Einsatz eines Ex-Schiedsrichters. Elfmeter, hat der Kollege richtig entschieden? Was ist mit dem Videobeweis? Sicherer Umgang mit der Fernbedienung ist da von Vorteil: Urs Meier (ZDF) und Thomas Steiner (ORF) liefern sich das beste Match; oft mit verschiedenen Sichtweisen.