Küsschen und Rosen: Die "Beer Babes" sind frei

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Zwei Niederländerinnen wurden vom Vorwurf der verbotenen Werbeaktion freigesprochen. "Die Fifa hat uns mitgeteilt, dass sie die Sache nicht weiter verfolgen will", sagt der Sprecher der Anklage.

Johannesburg. Im Saal Nummer fünf des Magistratsgerichts ist es mucksmäuschenstill. Zwei Blondinen, nicht in orangefarbigen Miniröcken, sondern schmucken Blazern, sitzen auf der Anklagebank. Nervös blicken sie in Richtung der Staatsanwältin Deborah Zinn, als diese mit den Ausführungen beginnt und atmen auf: „Wir haben uns entschieden, alle Klagen fallen zu lassen.“

Innerhalb von Sekundenbruchteilen löst sich die Anspannung in Jubel auf. Barbara Castelein und Mirthe Nieuwpoort fallen sich um den Hals. Sie schluchzen und verteilen Küsschen an ihre Anwälte. Ein paar der rund 50 Menschen in dem kleinen Gerichtssaal applaudieren. Ein Rechtsstreit, der mit einer verbotenen Werbeaktion begonnen hatte und in einer diplomatischen Verstimmung zwischen den Niederlanden und Südafrika gipfelte, hat ein Ende gefunden.

Als dänische Fans „verkleidet“

Die beiden Niederländerinnen gehörten – die „Presse“ berichtete – einer Gruppe von 36 vermeintlichen Fußballfans an, die beim WM-Spiel gegen Dänemark in orangefarbenen Kleidern der Bierfirma Bavaria für Aufmerksamkeit sorgten. Nach dem Spiel ließ die Fifa die Frauen kurzzeitig festnehmen. Es handle sich um eine gezielte Werbeaktion, so der Vorwurf des Verbandes. Da Budweiser und nicht Bavaria offizieller WM-Sponsor ist, sei das verboten.

Die Fifa leitete rechtliche Schritte ein, zwischenzeitlich stand selbst eine Haftstrafe im Raum. Tatsächlich betrat die Gruppe als dänische Fans verkleidet das Stadion. Dort legten sie ihre Überkleider ab und gewannen in orangefarbenen Minis die Aufmerksamkeit mehrerer TV-Stationen.

Angeklagt wurden schließlich Castelein und Nieuwpoort. Sie sollen mit dem Bierhersteller in Verbindung stehen und 34 Südafrikanerinnen angeheuert haben, die mit ihnen auf den Tribünen tanzten. Das niederländische Außenministerium schaltete sich ein und forderte die Freilassung. „Es ist nicht in Ordnung, dass sie verfolgt werden, weil sie ein oranges Trikot getragen haben“, sagte Außenminister Maxime Verhagen.

„Die Fifa hat uns mitgeteilt, dass sie die Sache nicht weiter verfolgen will“, sagt Mthunzi Mhaga. Der Sprecher der Anklage steht in einem schwarzen Anzug auf den Stufen vor dem Gericht. Insgesamt 50 Reporter haben sich vor dem Gericht versammelt, um über die Verhandlung zu berichten. Mhaga erklärt, dass die Fifa mit Bavaria eine außergerichtliche Einigung erzielt habe. Details gibt er keine bekannt, auch die Fifa und die Bierfirma halten sich bedeckt. Einige Journalisten wollen wissen, dass es sich um eine Summe von einer Million Euro gehandelt haben soll – das ist aber ein vergleichbar kleiner Preis für die Aufmerksamkeit, die Bavaria in den vergangenen Tagen erhalten hat.

Mit der Einigung ist die Sache juristisch vom Tisch. Doch es bleibt ein Nachgeschmack. Niederländische und südafrikanische Medien schreiben über die „allmächtige Fifa“, die es sich herausgenommen habe, „unschuldige Mädchen vorübergehend zu verhaften“. Der Verband wiederum wollte ein Exempel statuieren, um weitere verbotene Werbeaktionen zu vermeiden.

Breites Grinsen auf den Stufen

Die Werbeeinnahmen sind neben den TV-Gebühren die wichtigste Geldquelle der Fifa, der die WM in Südafrika 2,6 Milliarden Euro einbringen wird. Wäre es den Firmen erlaubt, gezielte Kampagnen von Tribünen aus zu organisieren, würden sie keinen zweistelligen Millionenbetrag für das Privileg des „offiziellen Sponsors“ ausgeben.

Castelein und Nieuwpoort äußern sich dazu nicht. Breit grinsend stehen die Damen vor dem Gerichtsgebäude. „Wir sind einfach nur glücklich“, sagen sie zu der versammelten Menge. Jede von ihnen hält in einer Hand orange Rosen. Stolz zeigen sie ihre Reisepässe her, die ihnen die Justiz vorübergehend abgenommen hatte. Sie winken, Kameras klicken und dann hat das Abenteuer der „Beer Babes“ ein Ende.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2010)

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