41. Ryder Cup: Die fanatische Kehrseite der Etikette

PGA: Ryder Cup
PGA: Ryder Cup(c) Reuters
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Europas Golfer klagten nach der 11:17-Niederlage gegen USA über das schlechte Benehmen der Fans. Davis Love III kommentierte den „bellenden Mob von Dummköpfen“ nicht.

Chaska. Golf gilt an sich als elitärer Sport. Es zählen Schläge und Putts, nicht verbale Doppel-Bogeys. Und vor wichtigen Aktionen herrscht stets Ruhe. Bei Majors sind alle tunlichst darum bemüht, diesen Auftritt zu wahren. Keine Handys, kein Mauscheln, kein Tuscheln, manch Profi ärgert dann sogar das Klicken der Kameras. Läuft aber der Ryder Cup, der traditionsreiche Vergleich zwischen den Größen Amerikas mit den Vertretern Europas, landet die Noblesse mitunter schnell im Bunker. Es ist immer ein schmaler Grat zwischen Patriotismus und plumper Dummheit, aber das gilt für alle Sportarten.

Europas Golfer beklagten sich nach der deutlichen 11:17-Niederlage in der 41. Auflage des Klassikers über das schlechte Benehmen einiger US-Fans. Masters-Sieger Danny Willett, dessen Bruder Pete in einem Blog heftig über das Auftreten der US-Zuschauer hergezogen war, meinte: „Ich habe mich zunächst davon distanziert. Doch ich muss einsehen, dass er recht hatte.“ Er hatte US-Fans u. a. als „bellenden Mob von Dummköpfen“ bezeichnet. Danny Willett legte nach: „Manche wissen einfach nicht, wann es genug ist.“

Obamas Lob, Loves Tränen

Beschimpfungen und Fanatismus führten zu Unterbrechungen, sogar die Absperrungen zu den Spielern wurden durchbrochen. Der Nordire Rory McIlroy hatte sogar die Entfernung eines Zuschauers verlangt. „Manchmal war es einfach zu viel. Aber was kann man erwarten, wenn schon um 7.45 Uhr früh Leute mit einem Bier in der Hand am ersten Tee stehen.“ In der Welt des Golfsports ein No-Go, aber in Erinnerung bleibt letztlich nur der erste Sieg der US-Golfer nach acht Jahren. US-Präsident Barack Obama war jedenfalls nur daran interessiert. „Was für ein Sieg für die USA. Ich bin stolz, dass unsere Spieler die Trophäe nach Hause gebracht haben.“

Nach drei Niederlagen in Folge wurde in Amerika eine eigene Taskforce gegründet, sogar Tiger Woods als Vizekapitän aufgeboten. Davis Love III war den Tränen nah, der Kapitän rang im Hazeltine National Golf Club auch lange nach den richtigen Worten. „Ich bin einfach sehr, sehr stolz. Die Spieler taten alles, was ich von ihnen verlangt habe, spielten mit Herz, arbeiteten, kämpften.“ Arnold Palmer, der im Alter von 87 Jahren in der vergangenen Woche gestorben war, hätte seine Freude daran gehabt. „Arnie lächelt herab“, twitterte Obama.

Groß war der Respekt vor dem Schlusstag, trotz einer 9,5:6,5-Führung. Beim „Wunder von Medinah“ 2012 führten die US-Golfer mit 10:6, dann kam die Aufholjagd der Europäer. Als aber Ryan Moore den höchsten Sieg seit 1981 perfekt machte, kannte die Freude unter 60.000 Zuschauern in Chaska keine Grenzen mehr. Europa war klar geschlagen, neben dem Schweden Henrik Stenson, Überraschung Thomas Pieters aus Belgien und dem Spanier Rafa Cabrera-Bello sorgte der Deutsche Martin Kaymer für einen der nur vier Siege bei zwölf Einzel-Duellen am Sonntag.

Als eines der besten Ryder-Cup-Spiele wird das Remis des Spaniers Sergio García gegen Phil Mickelson in die Geschichte eingehen. Beide spielten neun unter Par, unterboten sich dabei wahrlich mit Weltklasse-Leistungen. 2018 haben die Europäer im Le Golf National bei Paris die Chance zur Revanche.

Mit Lob stellte sich auch Bernd Wiesberger ein. „Gratulation an das Team USA für diese eindrucksvolle Vorstellung. Jetzt Paris 2018“, twitterte der Burgenländer, der sich am Jahresbeginn noch Hoffnungen gemacht hatte, als erster Österreicher für Europas Auswahl nominiert zu werden. Dass der nächste Ryder Cup im Le Golf National von Saint-Quentin-en-Yvelines stattfindet, könnte für ihn womöglich auch ein gutes Omen sein. Dort hat Wiesberger 2015 seinen bislang größten Sieg auf der European Tour gefeiert.

Der 2017 ins Profilager wechselnde Matthias Schwab hofft, in Zukunft ein Mal Mitglied des Europa-Teams zu sein. Trotz der Niederlage hatte der 22-jährige Steirer auch Grund zur Freude. Brandt Snedeker, der wie Schwab auf der Vanderbilt-Universität studiert hat und mit dem der Steirer öfter trainiert, war mit drei Zählern zweitbester US-Punktesammler hinter Patrick Reed (3,5). (fin)

AUF EINEN BLICK

Team USA gewann erstmals seit 2008 wieder den Ryder Cup, besiegte bei der 41. Auflage des Kontinentalwettkampfs Europa in Chaska, Minnesota, mit 17:11.

Mannschaft: Kapitän Davis Love III, Vize-Kapitäne: Jim Furyk, Tom Lehman, Steve Stricker, Tiger Woods. Spieler: Dustin Johnson, Jordan Spieth, Patrick Reed, Rickie Fowler, Phil Mickelson, Jimmy Walker, Matt Kuchar, J.B. Holmes, Brooks Koepka, Brandt Snedecker, Zach Johnson, Ryan Moore.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2016)

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