Der so lang erwartete Abschlag des Tiger Woods

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Tiger Woods gibt nach 15 Monaten Zwangspause bei der Hero World Challenge auf den Bahamas sein Comeback. Der US-Superstar nimmt den Trubel um seine Person gelassen, hört auf den geschundenen Körper und betont: „Ich bin bereit.“

Nassau/Wien. Es gab diese Zeiten, da rotierte die Golfwelt nur um Tiger Woods. Insgesamt 623 Wochen regierte der US-Amerikaner als Nummer eins, feierte 125 Turniersiege sowie 14 Major-Erfolge und knackte laut US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ als erster Sportler mit Prämien, Sponsorenverträgen und Werbedeals die Milliarden-Dollar-Marke – allesamt Bestmarken, die noch lang nach seinen Hochzeiten nachwirken. Aus dieser Retrospektive lässt sich auch der aktuelle Trubel um Woods auf den Bahamas erklären. Nach 15 Monaten Zwangspause gibt der 40-Jährige am Donnerstag bei der von ihm organisierten Hero World Challenge sein Turniercomeback.

Als Weltranglisten-898. ist Woods mindestens 860 Ränge schlechter platziert als jeder andere Teilnehmer des elitären 18-Mann-Feldes, sein letzter Sieg liegt bereits über drei Jahre zurück. Genau deshalb werden Fans, Medienvertreter, Experten und Kollegen jeden einzelnen Schlag und Schritt mit Argusaugen verfolgen, denn sie alle beschäftigt die Frage: Schafft es einer der Größten des Sports, noch einmal zurückzukommen? „Ich bin bereit“, sagte Woods und nahm die große Aufmerksamkeit um seine Person mit Humor: „Ich bin nicht tot.“

Nervöse Vorfreude

Die allgemeine Skepsis ist während Woods' langer Abwesenheit gewachsen, besonders viele Fragezeichen ranken sich um seinen körperlichen Zustand. Ob Knie, Ellbogen, Achillesferse, Nacken oder zuletzt der Rücken – die Jahre des Hochleistungssports fordern ihren Tribut. Nach den beiden letzten Rückenoperationen im vergangenen Herbst hat sich der US-Amerikaner kaum noch in der Öffentlichkeit gezeigt und sich die Rückkehr bewusst offen gelassen. Dadurch entwickelte sich ein regelrechtes Verwirrspiel: Zunächst tauchte sein Name auf der Teilnehmerliste der US Open auf, „reine Routine“, beschwichtige sein Manager und schloss wenig später eine Rückkehr für 2016 aus. Schließlich wurde das Comeback mit Oktober datiert, einige Tage davor erfolgte dann die neuerliche Verschiebung.

„Es war die richtige Entscheidung. Der Wettkämpfer in mir wollte es unbedingt, es juckte mich richtig und ich wusste, dass ich schon mit schlechterem Gefühl gewonnen habe. Aber dann dachte ich mir: ,Ich habe schon so lang gewartet, warum jetzt hetzen, statt es richtig zu machen?‘“, erklärte Woods. Umso größer sei nun die Vorfreude auf den ersten Abschlag. „Ich bin vor jedem Turnier nervös, egal, ob nach einer langen Pause oder bei einem Major. Und das ist gut so“, sagte der 40-Jährige. Es gelte, diese Anspannung in positive Energie und Konzentration umzuwandeln.

Die vergangenen Wochen nutzte Woods nicht nur zum spezifischen Schlag- und Schwungtraining, sondern er simulierte gemeinsam mit Caddie Joey LaCava in Florida 18-Loch-Runden mit Fußwegen eines regulären Turniers. Im Albany Golf Club auf den Bahamas folgte am Montag die erste Bewährungsprobe. Unter großem Interesse spielte der US-Amerikaner gemeinsam mit dem Engländer Justin Rose, 36, der in den vorigen Wochen ebenfalls wegen Rückenproblemen pausiert hatte, neun Löcher. „Wir teilen dasselbe Schicksal und vermissen die Zeiten, als wir einfach rausgegangen sind und einen 300-Yard-Drive hingelegt haben. Das geht jetzt nicht mehr“, sagte Woods mit Blick auf das intensive Aufwärmprogramm sowie die Physiobehandlungen und Massagen nach den Einheiten. Angesichts der Vorgeschichte wird seine körperliche Verfassung während der Turniertage noch stärker als seine Schläge im Fokus stehen.

Viele Wege zum Erfolg

Einen Monat vor seinem 41. Geburtstag ist sich Woods bewusst, dass er sich seinem Körper anpassen muss. „Man kann auf verschiedenste Arten spielen und ein Turnier gewinnen. Das geht im Football oder Baseball nicht“, betonte er. Zumal im Golf reife Sieger keine Seltenheit sind, erst voriges Jahr reüssierte Davis Love III im Alter von 51 Jahren auf der PGA Tour.

Mitstreiter Rose zeigte sich ob des Gesehenen jedenfalls optimistisch. „Er hat die Bälle sehr, sehr gut geschlagen. Angesichts der harten Bedingungen hier war es ein sehr guter Test“, sagte der Olympia-Sieger. Für Ernie Els, langjährigen Freund und Rivalen Woods,' einen der größten Comeback-Skeptiker, wird die Entscheidung allerdings im Kopf fallen. „Das Talent ist da. Das hat er bewiesen und das verschwindet auch nicht“, erklärte der sechs Jahre ältere Südafrikaner. „Es geht nur darum, wie du von dir denkst.“ Für Tiger Woods eine besondere Herausforderung, werden doch ab Donnerstag wieder alle anderen kräftig mitreden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2016)

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