Millar: "Hört nie auf, mich Ex-Doper zu nennen"

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Millar bdquoHoert mich ExDoper(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Herman Seidl)
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Mit dem Schotten David Millar versucht ausgerechnet ein ehemaliger Dopingsünder dem Radsport seine Glaubwürdigkeit zurückzugeben. Er sagt: "Es ist heute der sauberste Ausdauersport." Zweifel bleiben dennoch.

„Ich war Zeitfahr-Weltmeister, doch ich fühlte fast nichts. Ich dachte nur: Job erledigt.“ Mit diesen Worten schildert der 35-jährige schottische Radprofi David Millar, einer der „alten Hunde“ des aktuellen Fahrerfeldes bei der Tour de France, den Höhepunkt seiner Karriere im Jahr 2003. Der Grund: Doping. Was sonst. „Je mehr ich dopte, desto mehr hasste ich das Radfahren – und desto mehr wurde es ein Job, nicht meine Leidenschaft“, schreibt er in seiner Ende Juni auf Deutsch erschienenen Biografie „Vollblutrennfahrer. Meine zwei Karrieren als Radprofi“. Seine erfolgreichste Zeit als Profi war zugleich auch seine einsamste.

Einem kometenhaften Aufstieg des britischen Talents folgte der Absturz. 2004 gestand er, gedopt zu haben und wurde zwei Jahre gesperrt. Der WM-Titel wurde ihm aberkannt, die Entlassung folgte ebenso prompt. Dem sportlichen Ruin folgte der finanzielle. Erst 2009 habe er all seine Schulden abbezahlen können.

Ohne Doping habe er den Spaß am Sport wieder zurückgewonnen, präsentiert sich Millar nun geläutert. In der Gegenwart ist der Garmin-Fahrer wohl der hartnäckigste, der lauteste Prediger eines sauberen Radsports. Siegen sei eine Zugabe, aber nicht das Ziel, lautet auch das fromm anmutende Motto seines Teamchefs Jonathan Vaughters.

Sieg auf der längsten Etappe

Der 13. Juli 2012 war vielleicht der schönste Tag in der Karriere des schottischen Radfahrers. Im Sprint einer fünfköpfigen Spitzengruppe gewann er nach 226 Kilometern die längste Etappe dieser Tour. „Ich bin ein Ex-Doper und heute bin ich sauber. Ich will allen zeigen, dass es möglich ist, bei der Tour sauber zu gewinnen“, strahlte er im Ziel. Dennoch solle man die Vergangenheit nicht vergessen, rückte er sich sofort wieder mediengerecht in den Mittelpunkt. „Hört nie auf, mich Ex-Doper zu nennen.“

Der Sieg gelang ihm auf den Tag genau 45 Jahre nachdem der Brite Tom Simpson beim Anstieg zum Mont Ventoux tot vom Rad fiel. Er war vollgepumpt mit Drogen und Alkohol. Millar widmete ihm seinen Triumph.

Dennoch, mit jedem Sieg äußern auch Kritiker wieder ihre Zweifel. Dazu zählt etwa Gerolsteiners ehemaliger Sportchef Hans-Michael Holczer, unter dessen Führung Bernhard Kohl 2008 die Tour als Vierter und Gewinner des Bergtrikots beendete, ehe er des Dopings überführt wurde. „Die sagen alles nur, um öfter in der Zeitung zu stehen“, poltert Holczer.

In Interviews lässt Millar tatsächlich aufhorchen. Sein Sport sei „heute der sauberste aller Ausdauersportarten“, wiederholt er immer wieder. Wie kam es soweit? „Sponsoren, die ein Team unterstützen, müssen wissen, dass es sauber ist – ansonsten ist das Risiko zu groß.“ Und auf die Frage aller Fragen antwortet er: Ja, es ist möglich, die Tour de France sauber zu gewinnen...

15. Etappe, Samatan – Pau, 158 km: 1. Fedrigo (FRA) FDJ 3:40:15 Std. 2. Vande Velde (USA) Garmin, gl. Zeit 3. Voeckler (FRA) Europcar 12 Sek.
Gesamt: 1. Wiggins (GBR) Sky 68:33:21 Std. 2. Froome (GBR) Sky 2:05 Min. 143. Eisel 2:24:38 Std.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2012)

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