Rad: Armstrong gesteht langjähriges Doping

Lance Armstrong
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Er gibt zu, bei seinen sieben Tour-de-France-Erfolgen manipuliert zu haben. Doping gehörte zum Job. Anschuldigungen gegen Dritte machte Amstrong nicht.

Lance Armstrong hat reinen Tisch gemacht. Der frühere Radprofi gab nach über 13-jährigem Leugnen zu, in seiner Karriere in großem Stil gedopt zu haben. Das hatte ihm die US-Anti-Doping-Agentur (USADA) in einem Verfahren im Vorjahr nachgewiesen - fast drei Monate nach der Aberkennung seiner sieben Siege in der Tour de France durch den Radsport-Weltverband (UCI) legte nun auch der 41-jährige US-Amerikaner selbst alle Fakten auf den Tisch und in dem am Donnerstag ausgestrahlten ersten Teil des TV-Interviews mit Oprah Winfrey ein reumütiges Geständnis ab.

Armstrong, der in seiner Karriere nichts ohne Kalkül gemacht hatte, hatte sich geweigert, sich dem Verfahren vor der USADA zu stellen und versuchte (erfolglos), dieses auf gerichtlichem Weg zu verhindern. Der Star-Talkerin antwortete er bereitwillig - ohne große Emotionen schilderte Armstrong die Dopingpraktiken und nahm alle Schuld auf sich.

Amstrong: "Doping gehörte zum Job"

Anschuldigungen gegen frühere Teamchefs, Ex-Kollegen oder den Weltverband gab es nicht. Im Gegenteil. Der "Boss", wie er früher genannt wurde, entschuldigte sich bei jenen Personen, die er wegen ihrer früheren Aussagen über sein Doping beschimpft und geklagt hatte, etwa seine frühere Physiotherapeutin Emma O'Reilly, und bat seine Fans um Entschuldigung.

Was er zuvor in dem Interview ausgesagt hatte, zeichnete wohl auch das Sittenbild des Radsports zu dieser Zeit, obwohl sich Armstrong dezidiert nur auf sich selbst bezog. Doping gehörte zum Job, sagte er. "Das war wie Reifen aufpumpen oder die Flasche auffüllen." Er wolle andere nicht beschuldigen, er habe das eben so gesehen. Es wäre ohne Doping nicht möglich gewesen, die Tour de France sieben Mal zu gewinnen, betonte der frühere Krebspatient.

Geständnis komme "zu spät"

Er habe schon Mitte der 90er-Jahre mit EPO-Doping begonnen, gab Armstrong zu. Also noch vor seiner Hodenkrebs-Diagnose. Später habe er mit Eigenblut-Transfusion, Kortison, Testosteron und Wachstumshormon gedopt. Auf die direkte Frage von Oprah Winfrey gestand der Vater von fünf Kindern, bei allen seinen sieben Tour-Siegen von 1995 bis 2005 unerlaubte Substanzen oder Methoden verwendet zu haben.

In seinen Comeback-Jahren 2009 und 2010 habe er aber nicht mehr zu verbotenen Mitteln gegriffen, beteuerte der Texaner. Denn da hätten sich zwei Dinge geändert - die Trainingskontrollen und der biologische Pass ("Der funktioniert wirklich").

Sein Geständnis komme "zu spät", sagte Armstrong. "Ich sehe die Lage als eine große Lüge, die ich immer wiederholt habe. Die Wahrheit lautet anders, als alles, was ich gesagt habe", erklärte der ruhig wirkende Ex-Champion, der in einem Hotel in seinem Heimatort Austin (Texas) befragt wurde. Er habe die (Doping-)Kultur nicht erfunden, aber auch nicht versucht, sie zu einem Ende zu bringen. "Das bereue ich, das tut mir leid", versicherte Armstrong.

Amstrong bestreitet Ausübung von Druck

Wenn jemand in sein Terrain eingedrungen sei, habe er angegriffen. Wie jene Zeugen, die ihm schon früher Doping vorgeworfen hatten. Armstrong bestritt jedoch, jemanden unter Druck gesetzt zu haben zu dopen, wie es ihm von ehemaligen Teamkollegen vorgehalten wird.

Er habe freilich jede Menge Fehler gemacht. "Und heute zahle ich den Preis dafür, und das ist auch in Ordnung so, ich habe es verdient", beteuerte Armstrong, der auch zugab, dass sechs seiner EPO-Tests bei der Tour de France 1999 positiv gewesen seien. "Aber das waren Nachtests, in hunderten Tests war ich nie positiv."

Doping-Arzt Ferrari in Schutz genommen

Den Weltverband (UCI) nahm Armstrong gegen Korruptionsvorwürfe in Schutz. Keineswegs sei ein positiver EPO-Test während der Tour de Suisse 2001 vom Weltverband verschleiert worden. Teamkollegen hatten zuvor ausgesagt, Armstrong habe im Gegenzug der UCI 125.000 Dollar gespendet. "Die Geschichte ist nicht wahr", betonte Armstrong. "Es gab keine positive Probe, keine Bestechung des Labors, kein geheimes Meeting mit dem UCI-Chef. Manche Dinge waren vielleicht dubios, aber das hier nicht."

Auch den umstrittenen und inzwischen lebenslang gesperrten Mediziner Michele Ferrari nahm er aus dem Kreis der "Bösen". "Es gibt welche, die keine Schurken sind. Michele Ferrari war für mich ein guter Mann, auch heute noch."

Armstrong sagte, er habe geglaubt, seine "Geschichte" würde noch lange so weiterlaufen. Als die gerichtliche Untersuchung wegen Betrugs, Drogenhandels und Beeinflussung von Zeugen im Februar 2012 eingestellt wurde, habe er geglaubt, er sei aus dem Schneider, sagte der Ex-Superstar. "Aber dann ist die USADA mit vergleichbarem Druck gekommen und hat den Zeugen Deals angeboten."

Monate nach der Verurteilung gab sich Armstrong einsichtig. Wenn er heute in dieser Situation wäre, würde er sagen, gebt mir drei Tage, ich möchte Leute anrufen, meine Familie, Freunde, Kollegen, Sponsoren, meine Stiftung. "Es hat mir an Respekt gefehlt vor den Spielregeln", bekannte Armstrong und zeigte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der USADA. "Ich könnte vielleicht helfen, wenn ich eingeladen werde."

(APA/dpa)

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