Marit Björgen – die »Königin der Loipen« Vor dem Stadion thront ein Wikingerschiff

Langläuferin Marit Björgen ist bei der nordischen WM nicht zu stoppen, ihre Fans auch nicht.

Langlaufrennen und die Rallye-WM haben eines gemein: Entlang ihrer Strecken drängen sich die Massen. Die Zuschauer suchen sich exponierte Stellen, von denen sie sich die spektakulärsten Impressionen erhoffen, sobald Läufer oder Auto vorbeikommen. Die Fans kommen zumeist gut ausgerüstet, sie bringen Sessel, Instrumente, Fahnen, reichlich Bier und auch Verpflegung mit. Kinder und Hunde dürfen auch nicht fehlen, rund um etliche Grill- und Glühweinstände herrscht reges Treiben und schon kann das Sportfest beginnen.

In Lago di Tesero wurde am Samstag ein solches Fest zelebriert, rund um das Langlaufstadion drängten sich Zuschauermassen aus aller Herren Länder. Doch schon beim Eingang war klar, wer letztlich den Ton angibt auf diesen Loipen: die Norweger. Ein imposantes Wikingerschiff thront auf dem Parkplatz...


Zweites Gold. Im Skiathlon der Damen, es ist die Kombination über jeweils 7,5 Kilometer in klassischer Technik und Skating, bewies einmal mehr Norwegen, warum Langlauf dort Volkssport Nummer eins ist. Vom Start weg lagen Titelverteidigerin Marit Björgen, Therese Johaug und Heidi Weng in Führung, in dieser Reihenfolge liefen sie letztlich auch ins Ziel. So sehr sich die Polin Justyna Kowalczyk auch bemühte und in der Loipe mit ihren extrem steilen Anstiegen, etwa am „Zorzi-Hill“, aufrieb, sie kam schlicht und einfach nicht an dem Pulk der Skandinavierinnen vorbei. Kam sie Superstar Björgen einmal zu nahe, machten alle anderen schnell die „Mauer“. Damit auch einem unbehelligten Zieleinlauf nichts im Wege steht, leistete die vierte Norwegerin im Bunde, Kristin Störmer Steira, ganze Arbeit. Sie verwies die Polin sogar auf Rang 5. Eine Schmach.

Björgen siegte nach 39:04,4 Minuten, verteidigte damit ihren Titel und gewann die zweite Goldmedaille bei dieser WM. Österreichs Teilnehmerinnen hatten mit der Entscheidung nichts zu tun. Die zuletzt verkühlte Katerina Smutna bewies aber Durchhaltevermögen und wurde 18. (1:54,5). Die 20-jährige WM-Debütantin Teresa Stadlober landete auf Rang 29 (2:41,0). Sie sagt: „Ich bin für diese Erfahrung enorm dankbar. Ein tolles Erlebnis.“

Es ist der makellose Laufstil, der Björgen auszeichnet. Ihre Technik ist perfekt, und so irritierend Fotos von ihr sind, auf denen sie ihre muskulösen Oberarme oder ihren „Six-Pack“ zeigt, die 32-Jährige aus Trondheim ist die beste Langläuferin der Gegenwart. Sie ist seit 1999 im Weltcup unterwegs, 79 Siege zeichnen ein klares Bild. Auch deshalb wird sie in Skandinavien als „Königin der Loipen“ gefeiert.


Wälbes Rekordwackelt. Vor wenigen Wochen noch bangte die Nation um den Star. Björgen musste sich wegen Herzrhythmusstörungen untersuchen lassen. Die Zwangspause ließ die WM-Hoffnungen schwinden, denn umfassende Tests blieben ohne Befund. Mitte Januar gaben die Ärzte wieder grünes Licht – und Björgen meldete sich sofort mit einem Sieg in La Clusaz zurück. Dafür lieben sie ihre Landsleute. „Sie hat einen unglaublichen Willen“, sagt Anders, der mit seiner Familie für dieses Rennen aus Oslo angereist ist. „25 Euro pro Karte sind für uns ein Geschenk. Wir wollen Marit siegen sehen!“ Als Björgen in Lago di Tesero an dem mit Norwegern gespickten Anstieg vorbeilief und das Heulen der Signalhupen hörte, erhöhte sie nahezu spielend leicht das Tempo. Als Dank, möchte man meinen. Dieses Können ruft freilich auch immer wieder Skeptiker auf den Plan, die unlautere Mittel wittern. Doch Björgen wurde nie positiv getestet und beteuert, mit Doping auch nichts am Hut zu haben.

Björgen läuft und läuft, drei Olympia-Siege und zehn WM-Triumphe untermauern ihre Ausnahmestellung im nordischen Sport. Nun fehlen dem Kraftpaket aus Trondheim nur noch vier WM-Siege auf die Allzeitbeste Jelena Wälbe (RUS). Zeit genug dafür hat sie ja noch, ans Aufhören denkt die 32-Jährige noch lange nicht. Sie sagt: „Warum denn, ich habe doch noch genug Kraft in meinen Armen.“

Bei den Herren hingegen musste Norwegen Gold in der Verfolgung verloren geben. Der Schweizer Dario Cologna war allen zu schnell, er siegte in 1:13,09 Stunden. „Norje“ gewann aber Silber durch Martin Sundby und Bronze durch Sjur Roethe. Johannes Dürr gelang die WM-Überraschung. Der 25-Jährige wurde Fünfzehnter, er hatte nur 16,7 Sekunden Rückstand. Ein Österreicher ist wieder in Schlagdistanz zur Weltspitze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2013)

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