Auf Stimmenjagd für das Milliardengeschäft Olympia

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Sechs Kandidaten bestreiten den Wahlkampf um die IOC-Präsidentschaft, am 10. September wird der Nachfolger des Belgiers Jacques Rogge gekürt. Er übernimmt das mächtigste Sportamt der Welt.

Geld ist immer die treibende Kraft, wenn es darum geht, neue Bündnisse zu besiegeln, Seilschaften fortzusetzen, Geschäfte zu machen oder eine Wahl zu gewinnen. Auch bei der Wahl des neuen IOC-Präsidenten – am 10. September wählen die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees einen Nachfolger für den Belgier Jacques Rogge – spielt der finanzielle Aspekt eine tragende Rolle. Sechs Mann (siehe Interview links und Steckbriefe rechts) treten zu dieser „Krönung“ an, der IOC-Präsident gilt immerhin als der mächtigste Mann im Sport. Doch Geld allein wird diese Wahl nicht entscheiden.

In dieser illustren Runde geht es um Lobbying, Networking, Macht, Posten, Aufträge und Politik. Das IOC ist Veranstalter der Olympischen Spiele, alle zwei Jahre wechseln sich Winter- und Sommer-Events ab und längst sind diese Spektakel nebst sportlichen Sensationen und menschlichen Hintergrundstorys durch Kommerz, TV- und Sponsorverträge zur größten Geldmaschinerie im modernen Sport geworden. In den vergangenen zehn Jahren hat der in Lausanne angesiedelte Verein seine Rücklagen von 100 auf 900 Millionen Dollar aufgestockt, in der Geschäftsperiode von 2010 bis 2012 wurden 5,6 Milliarden Euro allein durch das TV-Geschäft eingenommen. Wie viele Milliarden durch Sponsoren und weitere Einnahmequellen lukriert wurden, bleibt ein Geheimnis.


Kernsportart Geldverdienen. Das IOC versteht sich als „nicht staatliche Organisation“, die „Herren der Ringe“ zählen 115 Mitglieder. Es sind durchwegs Personen, deren Tätigkeit quer durch Finanz-, Sport- und Politikwelt führt. Leo Wallner, der Ex-Casino-Chef, ist Österreichs Vertreter in dieser Elite.

Aber nicht nur Erfolge schrieben die Geschichte der Olympier, auch zahlreiche Skandale und Korruption begleiteten viele Vergaben und deren sogenannte „Evaluierungen“. Installiert wurden daraufhin Alterslimits (maximal 70) sowie Compliance-Regeln bei Wahlen und Besuchen. Weiterhin zu finden sind hingegen „Konsulenten“-Verträge diverser „Member“ bei unterschiedlichen Firmen. Etwa in der Elektronikbranche. Dass just diese Firmen dann bei Olympia Großaufträge erhalten, stimmt nachdenklich.

Das IOC wurde in seiner 119-jährigen Geschichte bisher nur einmal von einem Nichteuropäer angeführt, von 1952 bis 1972 leitete der Amerikaner Avery Brundage die Geschäfte. Sehr zum Leidwesen von Karl Schranz, der Skistar wurde bei den Spielen 1972 in Sapporo wegen eines T-Shirts mit Werbeaufschrift ausgeschlossen. In der Gegenwart ist das undenkbar – sofern die IOC-eigenen Sponsoren zu sehen sind.

Am 10. September entscheidet die Vollversammlung, wer als neunter Präsident nach Rogge, der seit 2001 im Amt ist, die Geschäfte lenken soll. Die „Kernsportart Geldverdienen“ müsse dabei gepflegt werden, wird gemunkelt. Dem im Rennen befindlichen Bankier kommt das äußerst gelegen.

Steckbriefe

Neben Sergej Bubka kandidieren fünf weitere IOC-Mitgliederfür das Präsidentenamt. Bei der 125. Vollversammlung am 10.September wird in Buenos Aires der Nachfolger des Belgiers Jacques Rogge, 71, gewählt.

Wu Ching-kuo
Präsident AmateurboxwWeltverband
aus Taiwan. Der Architekt, 66, ist am längsten im IOC – seit 1988 – vertreten.

Denis Oswald
Präsident Ruder-Weltverband, 1968 Bronze in Mexiko. Schweizer Jurist, 66, seit 1991 im IOC.

Thomas Bach
Präsident Deutscher Sportbund, Jurist, 59, und Olympiasieger 1976 (Fechtteam), ist IOC-Vizepräsident und seit 1991 im IOC.

Ng Ser Miang
Diplomat, Segler und Multimillionär aus Singapur, 64, seit 1998 im IOC, seit 2009 auch Vizepräsident.

Richard Carrion
Chef Banco Popular in Puerto Rico, 60, seit 1990 im IOC, seit 2002 Finanzchef. Er sicherte den NBC-Deal über 4,38 Mrd. Dollar. EPA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2013)

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