Boxen: Putins Partys mit Fäusten und Fackeln

RUSSIA BOXING POVETKIN KLITSCHKO
RUSSIA BOXING POVETKIN KLITSCHKOEPA
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In Moskau ist am Samstag die WM im Schwergewicht zwischen Titelverteidiger Wladimir Klitschko und Alexander Povetkin. Das Duell spiegelt Wladimir Putins politischen Machtkampf mit der Ukraine wider.

Das Motto „Machtkampf in Moskau“ stammt aus Köln (RTL) und nicht aus dem Kreml (Putin). Die Boxweltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen Wladimir Klitschko, 37, und Alexander Povetkin, 34, in der Olimpiyskiy-Arena verbreitet in der Tat derartige Symbolik vor dem Hintergrund des aktuellen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. „Aber nur in den Köpfen von Politikern“, sagt WBC-Champion Vitali Klitschko. Für beide Länder und die Leute zähle nur der „sportliche Wettkampf. Wir sind gute Nachbarn.“

Nicht aus der Sicht Wladimir Putins. Der Kreml-Chef versucht, mit Druck und Drohungen das anstehende Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der Europäischen Union im November beim Gipfeltreffen in Vilnius zu verhindern. Putin will die ehemalige Sowjetrepublik in die Zollunion und spätere Eurasische Union mit Russland, Kasachstan und Weißrussland zwingen.

„Ein Russe gegen einen Ukrainer, das hat einen schlechten politischen Beigeschmack“, weiß Wladimir Klitschko, verweist aber auf die Verbundenheit beider Völker, ihre „sehr ähnliche Mentalität“, auch wenn sie politisch getrennte Wege gingen. Vitali Klitschko, 42, Oppositionspolitiker im Kiewer Parlament, sieht die Zukunft des größten Flächenstaats Europas im Westen.

Seinem Günstling Povetkin einen Heimkampf gegen einen Klitschko zu sichern dürfte Putin bewogen haben, dieses Duell der beiden Olympiasieger am 23. April im WBA-Hauptquartier in Panama ersteigern zu lassen. Für die exorbitante Summe von 23,33 Millionen Dollar, den dritthöchsten Zuschlag der Boxgeschichte. Zehn Millionen Dollar mehr als die Gebote der Klitschko Management Group (7,13) und von Sauerland Event (6,01) zusammen.

Die Protagonisten kassieren im Verhältnis 75:25 die höchsten Bruttobörsen ihrer Karriere: WBA-Superchampion Klitschko, der auch IBF- und WBO-Titel verteidigt, 17,5 Millionen Dollar (13,1 Millionen Euro), der unbesiegte WBA-„Unterchampion“ Povetkin, der zum Sauerland-Stall gehört, 5,8 Millionen Dollar (4,3 Millionen Euro).

Da nur er die erforderliche Lizenz besitzt, musste der russische Promoter Wladimir Hrunov das Moskauer Angebot abgeben. Der Oligarch Andrej Ryabinski outete sich als finanzieller Garant, ist aber wohl nur Strohmann. Inzwischen, weiß der im russischen Boxgeschäft bestens vernetzte Kalle Sauerland, bezahle offenbar Sponsor Rosneft die ganze Party. Der Staatskonzern ist der weltweit größte börsennotierte Erdölmulti.

Povetkin bleibt nur der Lucky Punch

Povetkin vor heimischer Kulisse zur Weltmeisterschaft zu verhelfen entspreche Putins alter Sowjetideologie, „wir sind die Stärksten der Welt“, meint Vitali Klitschko. Aber Putins Fighter habe keine Chance. „Povetkin war schon immer unser Wunschgegner. Er passt so wunderbar zu unserem Stil.“ Zweimal sollte der schüchterne Russe bereits gegen Wladimir Klitschko antreten, hat aber zweimal kurzfristig abgesagt. „Mit welchen Mitteln, mit welcher Waffe will er Wladimir besiegen? Wladimir hat die doppelte Erfahrung, die dreifache Schlagkraft und alle physischen Vorteile. Ich bin mir sicher, dass Wladimir den Kampf vorzeitig beenden wird. Povetkin hat nur die Chance eines Lucky Punch“, ist sich der große Bruder sicher. Beim Wiegen in einem Einkaufszentrum am Freitag brachte Klitschko 109,6, Povetkin 102,4 Kilo auf die Waage.

Vitali Klitschko selbst will trotz aller politischen Geschäfte seinen Titel gegen den offiziellen Herausforderer Bermane Stiverne (Kanada) verteidigen, sobald seine blessierte rechte Hand ganz verheilt ist.

Kampfsportfan Putin wird natürlich am Ring in der Olympia-Halle erwartet. Die große Party aber folgt erst am Montag auf dem Roten Platz, der mit einer gigantischen Showbühne und Stahlrohrtribünen zugestellt ist. Am Montag wird aus Athen das Olympische Feuer für Sotschi eingeflogen. An der Basilius-Kathedrale beginnt dann der Fackellauf. So feiert Wladimir Putin am 7. Oktober seinen 61. Geburtstag. Diese Party kann ihm kein Klitschko vermasseln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2013)

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