Basketball: Der Herr der elf Ringe kehrt nach New York zurück

(c) Reuters (SHANNON STAPLETON)
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Phil Jackson hat als Trainer in der National Basketball Association mehr Titel gewonnen als jeder andere. Nun soll er die New York Knicks aufbauen: das seit Jahren wohl teuerste, aber zugleich dysfunktionalste Team der Liga.

New York. Der erste Anblick der New York Knicks war für Phil Jackson ziemlich erschütternd. „Mir schien keine Logik im Spiel der Knicks“, schrieb er später in seinen Memoiren. „Das sah von außen bloß wie ein Haufen begabter Spieler aus, die über das Parkett hetzen.“ Das war 1967. Phil Jackson war ein 21-jähriger 2,03-Meter-Schlacks aus Montana, der gerade seinen ersten Vertrag in der National Basketball Association unterschrieben hatte. Doch genauso hätte Jackson, der am Dienstag zum Generalmanager der Knicks bestellt wurde, die heutige sportliche Verfassung dieses Klubs beschreiben können.

Ein Haufen talentierter Spieler, die planlos übers Parkett hetzen: So präsentieren sich die Knicks seit knapp einem Jahrzehnt. Das liegt vor allem am erratischen Führungsstil von Klubbesitzer James Dolan, einem Kabelfernsehmagnaten, dem auch das Eishockeyteam der NY Rangers gehört. Seit 2004 hat Dolan sechs Trainer verschlissen und wahnwitzige Beträge für schillernde, aber letztlich enttäuschende Spieler verschossen.

„Vater“ von Jordan und Kobe

Jackson soll Ruhe und Plan in die Arbeit der Knicks bringen, er hat dafür die besten Voraussetzungen. Als Spieler gehörte er zu jener Mannschaft, die 1970 und 1973 New York zum Titel führte. Als Trainer gewann er mit den Chicago Bulls und den LA Lakers zwischen 1991 und 2010 elf Meisterschaften.

Kein Coach ist erfolgreicher. Das liegt nicht nur daran, dass Jackson bei den Bulls Größen wie Michael Jordan, Scottie Pippen und Dennis Rodman im Talon hatte sowie bei den Lakers Kobe Bryant oder Shaquille O'Neal. Das Rezept für Jacksons hartnäckigen Erfolg liegt vielmehr in seiner Taktik: der Dreiecksoffensive, die von Spielern Laufarbeit und flüssiges Passspiel erfordert, um der gegnerischen Verteidigung keine Möglichkeit zu geben, eine Menschenmauer vor dem Korb zu formieren.

Laufen, Ball zirkulieren lassen, ans Team denken – in der heutigen Welt der NBA mit ihrem bisweilen obszönen Starkult wirken solche Tugenden veraltet. Jackson lehnt egoistisches Verhalten kategorisch ab. Die Unart, persönliche Einzelstatistiken zu forcieren und allein zum Korb zu drippeln, missfällt ihm. Und der Erfolg gibt ihm recht: Kein Coach hat in der NBA mehr Play-off-Spiele gewonnen als er (229). Keiner hat einen höheren Prozentsatz aller Matches für sich entschieden (70,4 Prozent).

Nun muss er aber als Klubpräsident einen Trainer finden, der seine Ideen im Madison Square Garden umsetzt. Und er braucht einen langen Atem, um die Fehler seiner Vorgänger zu korrigieren. Acht Spieler haben Verträge bis 2015, darunter die Spitzenverdiener Carmelo Anthony, Amar'e Stoudemire und Andrea Bargnani, die gemeinsam 50 Millionen Dollar pro Saison kassieren. Die von der Liga vorgegebene Obergrenze („salary cap“) liegt bei 58,7 Mio. Dollar: Neue Stars kann Jackson also frühestens 2016 holen. Auch die besten College-Talente bleiben New York verwehrt, weil die Knicks im Gegenzug für teure Stars ihre Auswahlrechte im jährlichen Draft abgetreten haben.

Immerhin hatte Jackson einen erfreulichen Einstand im seinen Worten nach „besten Ort der Welt, um Basketball zu spielen“. Die Knicks schlugen am Mittwoch die Indiana Pacers – Tabellenführer der Eastern Conference – mit 92:86 und hielten die winzige Chance auf die Play-off-Teilnahme am Leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

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