NBA-Basketball: Ein Star, aber allein unter dem Korb

NBA: Oklahoma City Thunder at New Orleans Pelicans
NBA: Oklahoma City Thunder at New Orleans PelicansUSA Today Sports
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Kevin Durant ist der Star von Oklahoma City Thunder und der beste Spieler der Stunde. Doch reicht seine Superform, um endlich die World Championship zu gewinnen?

Washington. Seit Michael Jordan am 16. April 2003 den letzten Korb seiner Karriere geworfen hat, schwebt eine Frage über den Basketballplätzen Amerikas: Wer wird sein Nachfolger? Der Spieler, dem man es derzeit zutrauen könnte, aus dem Schatten von His Airness zu treten, ist Kevin Durant. In seiner siebenten Saison bei Oklahoma City Thunder ist der 25-jährige Aufbauspieler in der Form seines Lebens. 32 Punkte erzielte er im Durchschnitt seiner 81 Spiele des Grunddurchganges der NBA: Das haben vor ihm nur 24-mal andere Spieler geschafft, allen voran siebenmal Wilt Chamberlain und fünfmal Jordan.

Keiner von ihnen brauchte allerdings so wenige Versuche, um so viele Punkte wie Durant zu sammeln – nicht einmal Jordan war in seiner fabelhaften Saison 1988/89 so effizient wie „K. D.“. Und noch dazu hat Durant heuer eine andere Bestmarke Jordans ausradiert: In 41 Spielen hintereinander hat er mindestens 25 Punkte geschafft. Jordan schafft vor 28 Jahren nur eine 40er-Serie.

Geschaffen, um Körbe zu werfen

Gewiss: Der Vergleich mit Jordan hinkt, dazu sind beide zu unterschiedlich. Durant ist fast einen halben Kopf größer als der Altmeister, er spielt zudem als Small Forward eine andere taktische Rolle auf dem Parkett als der Shooting Guard Jordan vor 20 Jahren. Doch wenn man Durant dabei zusieht, wie er nach einem fast schlafwandlerisch ruhigen Marsch und präzisen kleinen Körpertäuschungen in Richtung Korb abhebt und scheinbar eine kleine Ewigkeit in der Luft hängt, kann man sich des Vergleichs mit Jordans Flügen nur schwer erwehren. „Ich dachte, er sei eine genetische Mutation: jemand, den Gott erschaffen hat, um Körbe zu werfen“, schwärmt der sonst stets ironisch-coole Analytiker Bill Simmons in seinem „Book of Basketball“ über das erste Mal, als er Durant spielen sah.

Und so zweifelt kaum jemand daran, dass Durant in dieser Saison die Auszeichnung als wertvollster Spieler der NBA erhalten wird – auch nicht LeBron James, der Star der Miami Heat. „K. D. spielt eine verdammt gute Saison“, sagte er. „Würde er mit der Auszeichnung belohnt, wäre das großartig.“

Doch so fabelhaft der 1988 in Washington geborene Durant auch in Schuss ist, Basketball bleibt doch ein Teamsport. Je länger die Saison dauert, desto deutlicher wird, dass man die NBA nur dann gewinnt, wenn auch der zwölfte Mann auf der Ersatzbank jederzeit einsatzbereit ist. Das ist Durants Problem: Oklahoma, das 2008 aus Seattle verpflanzte Team der legendären Supersonics, hat womöglich einen zu kleinen Kader, um den Titel in den Mittleren Westen zu holen. Dabei hatte man bis vor zwei Jahren ein Trio beisammen, das sich mit Miamis Giganten – James, Chris Bosh und Dwyane Wade – durchaus hatte messen können. Hinter Durant kurbelten der bärtige Shooting Guard James Harden und der smarte Point Guard Russell Westbrook. Doch nach der Niederlage im NBA-Finale 2012 gegen Miami konnte sich die Klubführung mit Harden auf keinen neuen Vertrag einigen. Er ging nach Houston, Westbrook schleppt seither eine Verletzung nach der anderen mit sich, und Durant ist umringt von braven, aber nicht außergewöhnlichen Mitspielern.

Warten auf den Wurf der Spurs

Reicht aber Durants Überform für die Playoffs? Das ist schwer vorherzusagen. Miami ist natürlich stets ein heißer Tipp, zumal LeBron James darauf brennt, dreimal hintereinander Meister zu werden. Doch eher muss man mit den San Antonio Spurs rechnen, das mit Abstand beste Team des Grunddurchganges.

Spurs-Coach Gregg Popovich hat sein Dreigestirn Tim Duncan, Tony Parker und Manu Ginobili geschont, wann und wo es nur ging, und dafür Männer aus der zweiten Reihe aufgebaut. Ist Parker müde, gibt der Australier Patty Mills einen passablen Spielmacher, der brasilianische Center Tiago Splitter ist unter dem Korb respekteinflößend, und der Italiener Marco Belinelli hat nicht nur als Gewinner des Drei-Punkte-Wurf-Wettbewerbs im Rahmen des All-Star-Weekends gezeigt, dass er ein sicheres Händchen für weite Würfe hat. Zudem wollen sich die Spurs für die bittere Finalniederlage gegen Miami revanchieren. „Popovich hat sich das ziemlich zu Herzen genommen“, sagte Simmons in seinem wöchentlichen Podcast. „Er will heuer unbedingt gewinnen.“

AUF EINEN BLICK

Kevin Durant, Star von Oklahoma City Thunder, wird in der NBA als möglicher Nachfolger von Michael Jordan gesehen. Zumindest knackte er einen Rekord – in 41 Spielen in Folge erzielte er mindestens 25 Punkte, Jordan schaffte 40 Partien.

Die Play-offs starten in der Nacht auf Ostersonntag, die Paarungen: Eastern Conference: Indiana – Atlanta, Miami – Charlotte, Toronto – Brooklyn, Chicago – Washington. Western Conference: San Antonio – Dallas, Oklahoma City – Memphis, LA Clippers – Golden State, Houston – Portland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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