Stefanie Schwaigers Neustart für Rio

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Nach dem Rücktritt von Schwester Doris spielt Stefanie Schwaiger an der Seite von Lisa Chukwuma. Das Ziel heißt immer noch Olympia 2016.

Im Leben kann es manchmal sehr schnell gehen. Diese Erfahrung hat Lisa Chukwuma in den letzten Wochen gemacht. Stellte sich die 22-jährige Vorarlbergerin beim Grand Slam in Klagenfurt im vergangenen Jahr noch über zwei Stunden lang an, um auf dem Center-Court Doris und Stefanie Schwaiger auf dem Weg zum Europameistertitel anzufeuern, steht sie ab Mittwoch an der Seite von Stefanie selbst als Protagonistin auf dem geweihten Sand.

Nach dem überraschenden Rücktritt von Doris Schwaiger Ende Mai entschied sich Schwester Stefanie nach kurzer Nachdenkpause zur Fortsetzung ihrer Karriere. Die Partnersuche hob an, insgesamt fünf Spielerinnen pilgerten zum Probetraining nach Zwettl. Darunter auch Chukwuma, die als Hallenspielerin bei SVS Post und im Nationalteam überzeugte und seit letztem Jahr mit Katharina Almer im Rahmen der Österreich-Tour erste Erfahrungen auf Sand gesammelt hat. „Als der Anruf vom Verband kam, habe ich nur kurz überlegt, dann war mir klar, dass ich diese einmalige Chance nutzen muss“, sagte Chukwuma, deren Vater vor 30 Jahren aus Nigeria nach Österreich gekommen ist.

Eine Woche lang trainierte sie gemeinsam mit Schwaiger und Barbara Hansel, die kurzfristig für den Grand Slam in Gstaad eingesprungen war. Dann war die Entscheidung gefallen. „Lisa ist jung, talentiert und bringt irrsinnig viel Potenzial mit. Schon in der kurzen Zeit waren große Fortschritte zu bemerken“, lobte Schwaiger, die auf der Suche nach einer langfristigen Lösung für das Ziel Olympia 2016 in Rio nach Rücksprache mit Trainer Martin Laciga und Manager-Vater Manfred Schwaiger auch ihrem Bauchgefühl vertraut hat.


Neuland für beide. Für Chukwuma, deren Jusstudium nun erst einmal ruhen wird, ging ein Traum in Erfüllung; umso schneller holte sie die Realität ein. Einer Woche gemeinsamer Vorbereitung folgte vor zehn Tagen ein Kaltstart beim Grand Slam in Den Haag. „Die Umstellung war enorm. Das Niveau ist ein ganz anderes als auf der heimischen Tour, das bekommt man bei jedem Ball zu spüren“, berichtete Chukwuma von ihren ersten Erfahrungen auf World-Tour-Ebene. Schwaiger/Chukwuma kassierten drei glatte Niederlagen und reisen dennoch positiv gestimmt zum Heimturnier nach Klagenfurt an, wo das Duo aller Voraussicht nach zum letzten Mal im Hauptbewerb gesetzt sein wird. „Natürlich gibt es noch viele Baustellen. Gleichzeitig hat es aber sehr viel Spaß gemacht, und es war von Satz zu Satz eine Steigerung bemerkbar“, sagte Schwaiger, die nun die Leaderrolle auf dem Platz übernommen hat. „Das ist eine ungewohnte Rolle, in die ich auch erst hineinwachsen muss.“

Das tägliche Trainingspensum ist für die Waldviertlerin hingegen längst Routine, Chukwuma muss sich indes erst an ihren neuen Tagesablauf gewöhnen. „Schlafen, essen, trainieren – die schönsten drei Dinge im Leben“, meinte die 22-Jährige schmunzelnd. Aktuell liegt das Hauptaugenmerk auf dem Zusammenspiel, die konditionelle Aufbauarbeit wird im Winter nachgeholt. Schließlich muss „Chuky“ sich nicht nur an das hohe Niveau, sondern auch an eine neue Position gewöhnen. Die 1,81 Meter große Vorarlbergerin spielte bislang wie Schwaiger im Block, sie wechselt nun aber in die Defensive. „Stefanie ist schon Weltklasse auf ihrer Position. Außerdem ist Lisa schneller und wendiger“, begründete Laciga die Entscheidung.


Privater Kontrast.
Für Schwaiger beginnt fast zehn Jahre nach ihrem Tour-Debüt 2005 ebenfalls ein neuer Abschnitt in ihrer Karriere. Statt wie zu Jahresbeginn geplant an Feinheiten zu feilen, wagt die 27-Jährige einen Neuanfang. „Der Blickwinkel hat sich komplett geändert.“ Nach 13 Jahren an der Seite ihrer Schwester erwartet die zweimalige Olympiafünfte (2008, 2012) auch abseits des Platzes eine neue Welt. „Es sind so viele Kleinigkeiten. Früher gingen wir ins Zimmer, und es war sofort klar, wer welches Bett nimmt oder wer wann duscht.“ Zumindest der Frühstücksplausch dürfte dank „Morgenmensch“ Chukwuma ab sofort gesichert sein. „Lisa ist vom Charakter her in sehr vielen Dingen das genaue Gegenteil von Doris.“

Das Verhältnis zwischen den Schwestern hat unter der sportlichen Trennung jedenfalls nicht gelitten. „Ich habe mit Doris geredet, und sie hat mir ihre Unterstützung angeboten, sollte ich sie benötigen“, sagte Schwaiger. Um zu ergänzen: „Ein bisschen komisch ist es schon. Plötzlich sehe ich sie kaum noch. Aber sie genießt jetzt ihr normales Leben, und das ist gut so.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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