Ein kleiner Goldschatz in der Karibik

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Andreas Graf und Andreas Müller gewann bei der Bahnrad-EM in Guadeloupe Gold im Madison. Die internationale Prämie für den Erfolg: 885 Euro.

Baie-Mahault/Wien. Die Bahnrad-Europameisterschaft 2014 hatte schon für internationales Aufsehen gesorgt, bevor die erste Runde gedreht wurde. Das Großereignis fand in Frankreich statt, genauer gesagt im französischen Übersee-Departement Guadeloupe, 6755 Kilometer von der Hauptstadt Paris entfernt. Eine Kuriosität, auch weil in der Karibik unter freiem Himmel bei über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit gefahren wurde. „Aber so hat der Sport zumindest Aufmerksamkeit geweckt. Hätte die EM in Weißrussland stattgefunden, wäre das wohl keine Geschichte wert gewesen“, sagt Rudolf Massak, Generalsekretär des Österreichischen Radsportverbands (ÖRV).

Massak ist Montagmittag bestens gelaunt, es gibt auch allen Grund dazu. Zum Abschluss der Europameisterschaft gewann das heimische Topduo Andreas Graf/Andreas Müller im Madison-Bewerb, dem Zweier-Mannschaftsfahren, Gold. Den Österreichern gelang nach über 160 Runden als einzigem Team ein Rundengewinn, sie siegten vor den Belgiern Kenny de Ketele/Otto Vergaerde und den Franzosen Vivien Brisse/Morgan Kneisky. „Wir hatten perfekte Beine, eine perfekte Taktik und schließlich ein perfektes Rennen. Dieser Erfolg ist für uns ein Traum“, jubelte der gebürtige Berliner Müller. Das ÖRV-Gespann hatte sich für einen großen Erfolg „schon eine Zeit lang angestellt“, wie es Massak beschreibt. „Dass es nun für ganz oben gereicht hat, ist doppelt schön.“

442,50 Euro – pro Person

Wer glaubt, Europameister dürfen einen warmen Geldregen erwarten, irrt gewaltig. Der internationale Verband belohnt das Duo mit insgesamt 885 Euro. Zum Vergleich: Der polnische Weltmeister im Straßenrennen, Michal Kwiatkowski, wurde vor knapp drei Wochen mit 7667 Euro prämiert. „Reich wird davon keiner“, bemerkt Massak. Immerhin schüttet auch der ÖRV eine Siegprämie aus. Wie hoch diese ist, wird im Frühjahr beschlossen. „Aber sie wird höher als die internationale sein.“ Generell wird im Bahnradsport gespart, wo es nur möglich ist. Graf und Müller etwa wurden nur von einem Masseur in die Karibik begleitet, selbst diesen teilte man sich mit der deutschen Nationalmannschaft. Auch wird kein eigener Mechaniker abgestellt. Einen Trainer gibt es bis zur U23, später sei keiner mehr vonnöten. Selbst ist der Mann, wenn er für Rennen um die Welt reist. „Diese Vorgehensweise ist durchaus üblich, die Athleten sind in gewisser Weise Alleinunterhalter“, erklärt Massak.

Keine Hoffnung für Rio

Dass Graf und Müller auch bei den 2016 stattfindenden Olympischen Spielen in Rio de Janeiro jubeln, ist höchst unwahrscheinlich. Madison wurde nach 2008 aus dem olympischen Programm genommen. 2012 fand hingegen die Disziplin Omnium Aufnahme: ein Vielseitigkeitsbewerb, bestehend aus zwei Kurzzeit- und vier Ausdauerdisziplinen. „Aber da sind wir weit weg von der Weltspitze“, gesteht Massak. Momentan sind 29 Einzelsportler Teil des Programms „Rio 2016“, eines Spitzenförderungsprojekts des Österreichischen Olympischen Komitees. Radsportler werden derzeit keine unterstützt. Massak: „Was nicht olympisch ist, wird nicht gefördert. Momentan schauen wir in Österreich durch die Finger.“

AUF EINEN BLICK

Bei der Bahnrad-Europameisterschaft gewann das österreichische Duo Andreas Graf/Andreas Müller Gold im Madison. Bei diesem Bewerb bilden zwei Fahrer eine Mannschaft. Grundsätzlich kann die Ablösung nach beliebiger Distanz erfolgen. Da aber üblicherweise beide Fahrer auf der Bahn bleiben, überrundet ständig der eine Fahrer den anderen, und die Ablösung erfolgt aufgrund des Verhältnisses der Geschwindigkeiten etwa alle zwei bis zweieinhalb Runden.


Graf und Müller holten die dritte Bahnrad-EM-Medaille für den ÖRV, die erste in Gold. Zuvor hatte Franz Stocher 1995 (Silber) und 2001 (Bronze) Erfolge vorzuweisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)

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