Bruno Pezzey: Der Meister des harten Tacklings

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Vor 20 Jahren endete das Leben des Weltklasseverteidigers während eines Jux-Eishockey-Spiels. Erinnerungen, Szenen, mehr als nur ein Blick zurück - "an den Vorarlberger Hund".

Seine Wiege stand am Bodensee, sein Stern am Fußballhimmel ging bei der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien auf: Als Frankfurts Fußballidol Jürgen Grabowski dort als Zuschauer den österreichischen Nationalspieler Bruno Pezzey spielen sah, geriet er ins Schwärmen: „Ein Weltklassespieler, als Abwehrspieler ein Ästhet am Ball.“ Sofort nach seiner Rückkehr nach Deutschland drängte Grabowski beim Vorstand der Frankfurter Eintracht darauf, Pezzey unter Vertrag zu nehmen. Kurze Zeit später trug der Österreicher tatsächlich das Trikot des hessischen Bundesligisten.

Pezzey erblickte am 3. Februar 1955 im vorarlbergischen Lauterach das Licht der Welt. Bereits im Alter von zwei Jahren bekam er von seinem Vater, einem Torhüter, den ersten Ball geschenkt. Fortan ballerte er Tag für Tag stundenlang gegen die Hauswand und feilte so an seiner Schusstechnik. Vom sechsten Lebensjahr an spielte Pezzey in der Jugend des FC Lauterach. Sein Talent sprach sich schließlich bis ins benachbarte Bregenz herum, wohin der schlaksige Bursche 1973 in die Nationalliga wechselte.

„Beckenbauer vom Bodensee“

1974 unterschrieb der gelernte technische Zeichner bei Wacker Innsbruck, mit dem Klub gewann er zweimal die Meisterschaft. Im Juni 1975 feierte Pezzey beim 0:0 gegen die CSSR in Wien sein ÖFB-Debüt. Der ungemein kopfballstarke und im Tackling meisterhafte Vorarlberger avancierte zum Organisator, zum Ruhepol der Abwehr. Aufgrund seiner technisch versierten, mitunter aufreizend lässigen Spielweise nannte man ihn den „Beckenbauer vom Bodensee“.

Nach der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien, bei der Pezzey mit überragenden Leistungen aufhorchen ließ, sicherte sich Eintracht Frankfurt die Dienste des 1,88 Meter großen Innenverteidigers. Nach kurzen Anlaufproblemen entwickelte er sich bei der Elf vom Riederwald zum Leistungsträger und Publikumsliebling. Mit seiner Zweikampfstärke, seinen spielerischen Fähigkeiten und herrlichen Kopfballtoren begeisterte der Lockenkopf nicht nur das Frankfurter Publikum. Das „Kicker“-Sportmagazin stufte Pezzey in den Jahren 1980 und 1981 auf der Position des Verteidigers in die Kategorie „Weltklasse“ ein. Zudem wurde er 1979 in die Fifa-Weltauswahl berufen, 1981 zum besten Legionär der Bundesliga gewählt. Seine Zeit in Frankfurt krönte der trotz aller Erfolge stets bescheidene Pezzey mit dem Gewinn des Uefa-Cups 1980 und des DFB-Pokals 1981.

Allerdings erhielt sein Ruf als sympathischer Zeitgenosse und Sportsmann im September 1979 einen Kratzer: Das DFB-Sportgericht sah es auf der Basis von Fernsehbildern als erwiesen an, dass er beim Bundesligaspiel gegen Leverkusen eine vom Schiedsrichter unbemerkte Tätlichkeit gegen Jürgen Gelsdorf begangen hatte – er erhielt eine elfwöchige Sperre.

1983 übersiedelte Pezzey vom Main an die Weser. „Der Bruno“, lobte damals Bremens Manager Willi Lemke, „ist ein absolut heißer Junge, einer, der keinerlei Ansprache nötig hat.“ Doch das große Ziel des 84-fachen Teamspielers, endlich deutscher Meister zu werden, verpasste er auch mit Werder Bremen denkbar knapp. Die Hanseaten belegten 1985 und 1986 jeweils den zweiten Platz, 1986 nur ob des schlechteren Torverhältnisses gegenüber den Bayern. Die hatten neun Tore mehr geschossen.

Im Jahr darauf kehrte der von Otto Rehhagel „als harter Vorarlberger Hund“ geadelte Pezzey in die Heimat zurück. Unter Ernst Happel gewann er mit dem FC Tirol zwei weitere Meisterschaften, ehe er 1990 seine Karriere beendete. Aber auch danach blieb er dem Fußballsport erhalten und trainierte unter anderem die österreichische U21-Nationalmannschaft.

Angeborene Herzanomalie

Am Silvestertag des Jahres 1994 fand das Leben des Bruno Pezzey ein abruptes und völlig unerwartetes Ende. Während einer Jux-Eishockey-Partie in der Innsbrucker Olympiahalle fuhr er mit den Worten „Ich fühle mich müde“ zur Bande und brach dort zusammen. Sämtliche Wiederbelebungsversuche des Notarztes blieben erfolglos. Pezzey, der bis dahin als völlig gesund galt, war gerade einmal 39 Jahre alt. Als Todesursache wurde eine angeborene Herzanomalie oder eine nicht ausgeheilte Herzmuskelentzündung vermutet. Er hinterließ eine Ehefrau und zwei Töchter.

Die Nation stand unter Schock, als sich die Nachricht vom Tod des überaus beliebten Ex-Profis wie ein Lauffeuer verbreitete. „Das ist ein schwerer Verlust nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa. Bruno Pezzey war immer ein Vorbild für die Jugend“, erklärte der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky bewegt. Für Josef Hickersberger war er „mit Happel der beste Abwehrspieler, den Österreich hervorgebracht hat“.

Zehn Jahre nach seinem Tod gab die Post im Jahr 2004 eine Briefmarke zu seinen Ehren heraus. Auch die Frankfurter Fans haben Pezzey nie vergessen: 2012 wählten sie ihn zu einer der sogenannten „12 Säulen der Eintracht“ – ein überdimensionales Bild von ihm wurde auf einem Pfeiler der U-Bahn-Station am Frankfurter Willy-Brandt-Platz angebracht. Darüber hinaus erinnern das Bruno-Pezzey-Gedächtnis-Hallenturnier mit Fußballgrößen vergangener Zeiten und die Verleihung des Bruno-Preises an die aktuell besten Fußballer in Österreich alljährlich an die vor zwanzig Jahren und viel zu früh verstorbene Legende.

ZUR PERSON

Bruno Pezzey wurde am 3. Februar 1955 in Lauterach, Vorarlberg, geboren. Der Verteidiger spielte für den FC Vorarlberg, SSW Innsbruck, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen und FC Tirol, für das österreichische Nationalteam bestritt er 84 Spiele. Pezzey starb bei einem Jux-Eishockey-Spiel in Innsbruck am Silvestertag 1994 an Herzversagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2014)

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